Melina

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Melina

Schon wieder verschlafen und schon wieder würde ich zu spät zur Arbeit kommen. Hektisch stand ich vor dem Badspiegel und versuchte meine langen Locken unter Kontrolle zu bekommen. Gestresst ließ ich sie dann in Ruhe, sollen sie doch einfach wild herunterfallen. Ich hatte keine Zeit mehr und griff mir meinen Mascara, um einige auswendig gelernte Schwingungen zu machen und zwinkerte zufrieden meinem hübschen Spiegelbild zu.

Durch die Küche laufend, schnappte ich nach meiner schwarzen Handtasche, die super zu dem weißen Kleid passte und öffnete die Haustür, doch sofort ging ich einen Schritt zurück. Ein großer Typ stand vor mir und schaute mich genauso erschrocken an, wie ich ihn. Er hatte ein markantes Gesicht, einen Dreitagebart, braune Augen wenn ich richtig sah und trug einen grauen Kapuzenpullover. Eigentlich war er schon mein Typ, aber da ich genau wusste, dass er sicher nicht aus der Gegend kam, wollte ich die Tür schnell wieder schließen, doch der Idiot steckte seinen Schuh dazwischen.

"Was soll das?!", fauchte ich ihn erschrocken an und suchte seinen Blick.
"Ich bin Damiano. Ein Freund von Alicia. Sie braucht deine Hilfe", erklärte er und lächelte einladend, doch mir konnte man nichts vormachen.
"Und meine Großmutter ist der Alpha hier. Ich kenne die Tricks von euch Betrügern."
Ich versuchte vergeblich die Tür zuzudrücken, doch sein Schuh klemmte immer noch fest dazwischen.
"Hör mir kurz zu. Der Oberalpha hat herausgefunden, dass sie ein Mischling ist, mehr kann ich nicht erzählen, aber sie braucht dich wirklich."

Erschrocken riss ich die Augen auf. Davon konnte nur jemand wissen, dem sie vollkommen vertraute. Ich zog die Tür langsam wieder auf und musterte ihn nochmal von oben bis unten.
"Und ich soll jetzt mit einem Fremden in sein Auto steigen, um zu ihr zu fahren? Na dann mal los." Ich lief grinsend an ihm vorbei, während er mich nur irritiert beobachtete und den Kopf schüttelte. Wenn meine Freundin meine Hilfe brauchte, war mir meine Arbeit und alles andere egal. Wenigstens hatte ich so eine gute Ausrede und der Typ sah ja nicht schlecht aus, könnte lustig werden, dachte ich und kicherte vor mich hin.

Sobald das Klicken der Autotüren ertönte, schwang ich mich freudig auf den Beifahrersitz und machte es mir gemütlich. Klar machte ich mir Sorgen um Alicia, aber sie war stark, so schlimm konnte es nicht sein. Außerdem war es doch egal, ob der Herr Oberalpha wusste, dass sie ein Mischling war. Durch die Verbindung mit dem Alpha hatte sie doch einen Rang.

Als wir losfuhren riss ich meine Augen auf und suchte mit beiden Händen nach etwas zum festhalten.
Erschrocken schnauzte ich den Großen an.
"Wenn du so weiterfährst, werde ich nicht mehr da sein, um Alicia zu helfen!"
Doch von ihm kam kein Wort, auch die ganzen nächsten Stunden nicht. Gelangweilt blickte ich aus dem Fenster und bekam Mitleid mit Alicia. Wenn der Alpha genau so schweigsam war, wie der Typ hier, dann Prost. Da ist ja ein Baumstumpf unterhaltsamer.

Irgenwann musste ich eingeschlafen sein, denn es war schon dunkel, als ich meine Augen öffnete und auf ein kleines Haus starrte, das von Rosen umgeben war. Streckend drehte ich mich zu dem Großen um und schaute ihn fragend an. Er stieg wortlos, wie immer, aus und öffnete mir zuvorkommend die Tür. Ein viel zu intensiver Geruch kam mir entgegen, der mich dazu brachte, mehrmals niesen zu müssen und dann, ganz plötzlich, wurde mir angenehm warm. Das Gefühl war wunderschön.

Als ich meine Augen nach dem Niesen wieder zur Haustür richtete, stand da ein kleiner Kerl, ja, wirklich klein im Gegensatz zu Damiano, der jetzt hinter mir stand und ebenfalls zu dem Kerl schaute. Der Kleine mit dem Lockenkopf kam strahlend auf mich zu, doch ich drehte mich ruckartig zu dem Großen um.

"Du musst mich sofort wieder hier wegfahren. Ich bitte dich." Ich zog hektisch an seinem Pullover, doch der Idiot blickte nur verwirrt zwischen mir und dem anderen hin und her, bis seine Augen groß wurden und er laut zu lachen anfing.

Da hörte ich auch schon die Stimme des anderen nah hinter mir und ohne, dass ich es wollte, jagte mir seine Stimme eine Gänsehaut über die Arme, während mein Herz anfing zu rasen. Ich wollte mich aber nicht umdrehen, denn er war überhaupt nicht mein Typ und ich wollte seine Anziehungskraft auf mich einfach nur ausblenden.

"Hey, Melina. Ich bin Resul! Was geht ab?", hörte ich ihn fragen und drehte mich genervt zu ihm um. Ich dachte kurz darüber nach, ob er wirklich zu mir -was geht ab- gesagt hatte, doch dann trafen sich unsere Augen und er zog mich magisch an. Seine schwarzen Locken passten perfekt zu seinem kindlich aussehenden Gesicht und die Grübchen sahen wirklich umwerfend süß aus.

"Wow!"
Mehr kam nicht aus seinem Mund heraus. Er stand nur da und starrte mich mit offenem Mund an, bis eine ältere Frau mich von der Haustür aus zu sich winkte. Aufgeregt ließ ich die beiden stehen und ging auf die Frau zu, die an der dunklen Haustür lehnte und freundlich lächelte.
"Willkommen, Melina. Ich bin Linda und das ist Noah." Sie zeigte auf einen älteren Mann, der mit einem besorgten Blick hinter ihr stand.
"Alicia ist in ihrem Zimmer. Ich bring dich hin. Wenn du etwas brauchst, komm einfach zu mir."
Ihre zierliche Hand legte sich um meinen Rücken und sie schob mich den engen Flur entlang, um dann eine schmale Treppe hochzulaufen.

Kurz fiel mir noch Noahs Blick auf, der kopfschüttelnd nach draußen schaute. Wahrscheinlich drehte der kleine Lockenkopf gerade vor Freude durch, doch dann stand ich schon vor einer verschlossenen Tür und Linda ließ mich alleine. Nervös atmete ich nochmal tief durch und klopfte dann leise, doch es kam keine Reaktion. Ich klopfte nochmal lauter und trotzdem kam wieder nichts, das machte mir aber nichts. Entschlossen schubste ich einfach die Tür auf und bekam sofort einen Schock, als ich meine beste Freundin in dem kleinen Bett liegen sah.

Nur ihr Kopf war mit einem Kissen bedeckt. Ihre Beine und Arme waren viel dünner, als ich sie in Erinnerung hatte. Das Zimmer roch unangenehm, als ob sie schon Jahre hier liegen würde. Kurz überlegte ich, was ich tun sollte und dann fing ich einfach an, drauf loszuquatschen, denn das konnte ich am Besten.

The Alphas Mate - Unter dem Schutz der Rosen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt