Songtexte

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Pov Taehyung

"Guten Morgen!", nuschelte ich in Richtung der anderen Anwesenden und schlürfte zum Kühlschrank. Eigentlich hatte ich keinen Hunger. Eigentlich wollte ich wieder zu Jungkook ins Bett und ganz eigentlich die Nähe von letzter Nacht wiederholen.

Es war unglaublich, wie intensiv diese Stunden mit ihm waren. Nicht nur, dass er mir gesagt hatte, was in seinem hübschen Köpfchen vor sich ging, nein, es war auch diese Intimität, die ich mit ihm verspürte. Alles passte. Alles war fast wie eingeübt, dabei hatten wir uns noch nie so gefühlt. Es war nicht nur Sex, es war... wie eine Symbiose. 

Ich spürte wie meine Wangen heiß wurden bei dem Gedanken. Tae, du bist so eigenartig! Deine Metaphern brauchen definitiv noch Überarbeitungszeit bevor man sie aussprechen könnte. Falls ich das überhaupt irgendwann in Erwägung ziehen würde. 

Träge setzte ich mich an die Kücheninsel und wurde von drei Augenpaaren angestarrt. Komisch, dass ich es jetzt erst merkte, denn es war schon fast unangenehm. "Was liegt euch auf dem Herzen?" 

"Unser Schlaf!", sagten alle, wie aus der Pistole geschossen. Unbeeindruckt schob ich weiter mein Müsli in den Mund. "Oh..." Ich hatte nichts weiter dazu zu sagen und konzentrierte mich auf mein Essen. Vielleicht sollte ich ausnahmsweise doch mal einen Kaffee trinken. War doch ziemlich platt... "Ist das, das einzige, was du dazu zu sagen hast?", fauchte mich Jimin an und knallte seinen Kaffee auf den Tresen. "Ihr raubt mir meinen Schlaf! Ich hab seit zwei Nächten nur mit Unterbrechungen schlafen können, das ist mein dritter Kaffee heute Morgen und ich trink Kaffee eigentlich gar nicht gerne, aber erst jetzt fühle ich mich halbwegs im Stande den Tag zu überstehen und das einzige was du dazu zu sagen hast ist "OH"!" Er krempelte seine Ärmel hoch und kam auf mich zu. Jin hielt ihn an der Kapuze fest. "Ruhig Blut, du Wilder!" Jimin schlug Jins Hand weg und kam mit fuchtelndem Zeigefinger auf mich zu. "Du hast ne eigene Wohnung. Geht doch da hin!"

Ich hatte aufgehört mein Essen in mich reinzuschaufeln und starrte Jimin mit gerunzelter Stirn an. "Daran hab ich noch gar nicht gedacht... Gute Idee, Jimin!" Ich aß ohne bedenken weiter. Jimin neben mir hatte es die Sprache verschlagen. Stocksteif stand er neben mir und starrte immer wieder von Jin und Hobi wieder zu mir. 

"Ist das sein Ernst?!", zischte er in Richtung der anderen, drehte sich prompt um und lief zur Treppe. Polternd rannte er die Stufen hoch und mit einem lauten Knall einer Tür hatte er sich verabschiedet. 

"Das musste jetzt sein, oder?" Hobi schaute mich mit abschätzigen Blick an und schüttelte dann den Kopf. "Du hast doch gemerkt, dass er auf hundertachtzig war, musstest du ihn jetzt auch noch provozieren?" Ich zog die Schultern hoch und schaute Hobi ausdruckslos an. "Er soll sich nicht so haben! Hätte er über Nacht Besuch, würde ich auch die Klappe halten!"

...

Auf den Weg zum Studio war es ruhig. Zu ruhig. Man konnte schon fast nach der dicken Luft greifen. Es tat uns definitiv nicht gut, die ganze Zeit in diesem kleinen Raum zusammen gepfercht zu sitzen und das den ganzen Tag. Morgens los und abends ins Bett fallen. Unregelmäßig Essen. Laut Jimin auch unregelmäßiger Schlaf... Unsere Laune war buchstäblich im Keller. 

"Ok, was haben wir? Ihr habt doch an die Songtexte gedacht oder?" Einige nickten, andere schienen unsicher. "Wenigstens ein paar haben dran gedacht. Das reicht mir schon", sagte unser Produzent und schob seinen Stuhl zu uns in die Runde. "Zeigt mal her." Er griff nach einigen Büchern und blätterte sie durch. "Schon Ideen? Irgendwas, was passen könnte? Der Text sollte euch als Gruppe wieder spiegeln."

Nachdenklich starrte ich auf mein Textbuch in der Hand. Immer wieder schweiften meine Gedanken zu diesen Lyrics, die ich kurz vor unserer Pause geschrieben hatte. Ich war damals fertig mit den Nerven, war ausgelaugt und innerlich abgestumpft. Die Pause war bitter nötig gewesen. 

"Ich hätte vielleicht was, aber ich glaube, das muss man dann wieder anpassen... Hab ich vor Jahren mal geschrieben, ist bestimmt nicht perfekt, aber..." 

"Taehyung, mach es nicht schon schlecht, bevor wir es gesehen haben. Zeig her." Ich reichte ihm mein Büchle und beobachtete ihn abwartend. 

Nachdenklich hob der den Finger an sein Kinn, nickte begleitend und runzelte ab und zu die Stirn. Nach einer gefühlten Ewigkeit sagte er endlich was dazu. "Das ist gut... sehr gut... daraus kann man was machen", flüsterte er vor sich hin. Lauter fügte er dann hinzu. "Lest es euch mal durch. Ist gut meiner Meinung."


Heute Nacht wieder aufgewacht,

war nicht dort wo mein Platz.

In den Armen der Fremde

will nur nach Haus in die Wärme

Ja, ich lieb was ich mach,

aber der Preis für den Erfolg:

Einsamkeit und Angst!

Fässt mich an,

fragt nicht nach,

macht es einfach

ohne Abstand.

Ja, ich lieb, was ich mach,

Aber der Preis für den Erfolg:

Einsamkeit und Angst!

Komm nach Hause,

keiner erkennt dich,

bist ein Fremder

unter deinen Engsten.

Ja, ich lieb, was ich mach,

Aber der Preis für den Erfolg:

Einsamkeit und Angst!

Glaubt ihr, das macht nichts mit mir?

Es geht vorbei ohne Narben?

Nichts wird übersehen

Und nichts akzeptiert.

Bist eine Marionette

Im Kampf, um den Applaus.


Stille herrschte in diesem kleinen Aufnahmestudio. Jeder der es las, schien danach in seiner eigenen Welt zu sein. Wie als Zuschauer beobachtete ich, was hier passierte. Der Effekt, den ich mit diesem Text erzielen wollte, hatte ich mit viel Bravour geschafft. Er sollte zum Nachdenken anregen. Er sollte unseren Zuhörern klar machen, dass auch wir Menschen waren, die Leiden konnten, die Einsamkeit als stetigen Begleiter hatten. 

Mein Blick schweifte zu Jungkook, der es sich auf der Couch gemütlich gemacht hatte. Damals, vor der Pause, hatte ich mit unterdrückte Gefühlen zu kämpfen. Ich schluckte alles runter, sprach mit niemanden, weil ich das Gefühl hatte, dass mir niemand helfen konnte. Niemand verstand, wie ich mich fühlte, dabei wäre nur ein Wort zur richtigen Person meine Rettung gewesen. Ich hätte mich nicht an solch unglücklichen Orten rumgetrieben, hätte nicht zwei Jahre meines Lebens vergeudet und einige schlechte Erfahrungen nie erleben müssen. 

"Perfekt." Ich schaute auf und in Jungkooks glänzende Augen. Sein hübscher Mund bildete sich zu einem zaghaften Lächeln. Dieser Ausdruck in seinem Blick bedeutete mir unglaublich viel. Es bedeutete mir viel, weil ER es war, der es sagte. 

Neustart - TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt