Angsthasen

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Pov Jungkook

Tief Seufzte ich auf und ging die Treppe runter. Ich hatte ein heißes Bad genommen, mich rasiert, meine Haare gewaschen und frische Kleidung angezogen. Ich fühlte mich ein kleines bisschen besser. Wie neu noch nicht, aber das würde ein ordentlich Essen schon wieder hinbekommen. 

Pfeifend lief ich in die Küche und nahm mir eine Banane. Mein Bauch knurrte schon und das Kochen würde der wahrscheinlich nicht aushalten ohne wenigstens etwas Kleines drin zu haben. 

Schmatzend schaute ich auf das Display und suchte nach etwas Leckerem. Für den Anfang sollte es gebratener Kimchi Reis machen. Da ich heute einen freien Tag hatte und die anderen erst Abends wieder da sein würden, hatte ich niemanden, der mich störte. Mein schlechtes Gewissen sollte sich deswegen eigentlich Melden, aber irgendwie war mir das gerade völlig egal. Ich war froh nicht den ganzen Tag mit ihnen in einem Raum eingesperrt zu sein und mir darüber Gedanken machen zu müssen, ob das was ich tat eventuell nicht ok war. Ich fühlte mich so nicht wohl. 

Natürlich musste ich mir eingestehen, dass Namjoon bis zu einem gewissen Punkt recht hatte: Wir können in der Öffentlichkeit nicht genau so sein, wie im Privaten, aber im Privaten ging das ja auch gerade nicht. Wann fängt Privat eigentlich an und wann ist es Öffentlich? Ist im Studio arbeiten Öffentlich oder noch Privat? Wahrscheinlich eines dieser vielen Graustufen. Wenn du Glück hast, arbeitest du mit Menschen, die dir nur gutes wollen und wenn du Pech hast mit Menschen, wie Taes Ex-Freundin, die nur ihr eigenes Wohlergehen im Kopf haben. Von der hatte ich in den letzten Tagen gar nichts gehört... Ob Yoongi sie vertrieben hat? Ne, wahrscheinlich nicht. Unkraut vergeht nicht. 

Ich lief zum Bluetoothspeaker und verknüpfte ihn mit meinem Handy. Alleine im Haus konnte ich die Musik laufen lassen, die ich mochte und niemand fühlte sich gestört. Meine eigene Wohnung hatte definitiv seine Vorteile gehabt, aber es war einsam dort gewesen. Ich war ein Mensch, der die Zeit allein zwar sehr genoss, aber nur mit dem Gefühl im Rücken, dass jemand auf mich wartete. 

Tänzelnd lief ich zurück in die Küche. Durch die offene Küche entstand ein riesiger Wohnraum, der nun durch die Musik mit Energie gefüllt wurde. Ich liebte es, die Musik in meinem gesamten Körper zu spüren. Wie meine Nerven erzitterten bei jedem Beat und sich eine Gänsehaut ausbreitete, wenn ich jedes Instrument auf seine eigene Art spürte. 

Gerade wollte ich den Kühlschrank aufmachen, als sich die Eingangstür öffnete. Verwundert beobachtete ich den unerwarteten Besucher. Ich brauchte kurz bis ich feststellte, dass es Tae war. Stirnrunzelnd schaute ich zu ihm. "Was machst du denn..." Er kam auf mich zu gerannt, hatte sich keine Zeit genommen Schuhe auszuziehen oder irgendwas anderes und drückte mich gegen den Kühlschrank. Seine Hände legten sich um mein Gesicht und seine Lippen pressten sich auf meine. Ich stand stocksteif da, weil ich nicht wusste was los war. Ich fühlte mich gerade überrannt und konnte einfach nur abwarten, was im nächsten Moment geschah. 

Zögerlich löste er sich von mir, ließ seine Hände jedoch auf meinen Wangen liegen. Dicht vor mir blieb er stehen. Ich konnte seinen warmen Atem in meinem Gesicht spüren und seinen Blick, der scheinbar jedes Detail von mir in sich aufsaugen wollte. "Ich bin kein Angsthase." Fragend schaute ich ihn an. "Was soll das, Tae?" Er schüttelte den Kopf und in seinen Augen konnte ich Tränen glänzen sehen. Oh Gott, was war passiert? Warum war er so komisch? "Ich bin kein Angsthase", wiederholte er erneut, "Bin ich nicht." Tränen rollten über sein Gesicht passend zur Musik von IU, die durch den Raum zu uns getragen wurden. "Wie kommst du da..." "Das hast du gesagt!", seine Stimme war lauter als Normal. "Du warst der Erste, der das zu mir gesagt hatte. Der Zweite war Jimin und Jin war der Dritte." Wieder machte er eine kurze Pause, biss sich auf die Lippe und hatte mühe mir in die Augen zu schauen. "Warum sagt ihr das? Warum seid ihr der Überzeugung, dass ich bei Angst wegrenne, wie ein kleines Häschen?... Es ist ganz anders. Ich renn nicht weg. Ich bin derjenige, der starr stehen bleibt und sich tot stellt, so wie... wie... ein Opossum." Ohje, Herr hilf mir! Warum muss er denn solche witzigen Sachen sagen, wenn sein Gesichtsausdruck dabei so ernst ist? Ich hatte gerade mühe mein Lachen zu verkneifen und presste fest meine Lippen aufeinander. Mir war nicht mal klar, dass er wusste was ein Opossum ist...

"Ok und du stellst dich tot? Wann? In welchem Zusammenhang?" Tae verdrehte genervt die Augen. Gerade fühlte ich mich ziemlich dämlich, weil ich seine Analogie anscheinend nicht verstand. Aber ganz ehrlich: Im Rätselraten war an mir nun mal kein Meister verloren gegangen. "Verdammt Jungkook, mach es mir nicht so schwer! Meine Gefühle. Ich hab Gefühle. Für. Dich." Mit seinem Finger tippte er dabei demonstrativ auf meiner Brust herum. "Für mich?", flüsterte ich und schien langsam zu verstehen. "Ja, für dich. Ich glaube, dass ich dich Liebe und nicht nur auf eine platonische Art und Weise, sondern so richtig. Mit Herzchen und rosa roter Brille." Sprachlos starrte ich ihn an. Er hatte mich mit seinem Bekenntnis völlig überrumpelt. Ich war nicht darauf vorbereitet. Mein Hirn hatte einen Kurzschluss. "Aber heute ist doch erst der erste Tag..." Nun war Tae derjenige, der mich fragend anschaute. "Häää?" 

Schwer musste ich schlucken. Mein Mund war staubtrocken. "Na heute ist doch erst "Verknallt" und morgen ist "Verliebt"..." Sein Blick erhellte sich und ein Grinsen bildete sich auf seinem Gesicht. "Stimmt, aber ich hab dir doch auch gesagt, dass es bei uns scheinbar in rasantem Tempo voran geht. Ich hab nicht geahnt, dass es so schnell geht." 

Seine Hände strichen wieder sanft über meine Wangen. "Erde an Jungkook. Ist da noch Jemand?" Ich schüttelte mechanisch den Kopf und hatte ansonsten jede andere Fähigkeit verloren. 

Ein Kuss von ihm auf meine Stirn schien mich wieder aus meiner Transe zurück zu holen. Schnell schloss ich meinen Mund und blinzelte. Im nächsten Moment sprang ich in seine Arme und schlang meine Gliedmaßen um seinen Körper. Vor Überraschung wurde er nach hinten gedrückt und knallte gegen die Kücheninsel. Ich ließ jedoch nicht los und nach kurzem Straucheln seinerseits hatte er sich gefangen und legte seine Hände unter meinem Hintern ab. 

Fest presste ich mich an ihn und drückte meine Nase an seinen Hals. "Hey, sagst du auch noch was zu meiner Beichte?" Ich schüttelte wieder den Kopf. Er lachte auf und setzte mich auf der Küchenablage ab. "Ok, dann geb ich mich vorerst mit deiner stummen Reaktion zufrieden." 


Neustart - TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt