"Don't you know I'm still standing, better than I ever did. Looking like a true survivor, feeling like a little kid."
Ich öffnete meine Augen und musste sofort grinsen. Das Lied war doch mal viel besser. Ich warf einen Blick rüber zu Jassie. Sie lag auf dem Rücken in ihrem Bett und starrte an die Decke. Für eine Weile geschah nichts.
"Willst du den Wecker nicht mal langsam ausschalten?", fragte ich schließlich und runzelte die Stirn. Ächzend drehte ich mich auf die Seite, um besser mit ihr reden zu können. Sie hatte sich keinen Zentimeter bewegt und machte auch keine Anstalten ihr Handy in die Hand zu nehmen. Stattdessen lag sie immer noch da und schaute nach oben.
"Schh. Ich lasse das Lied auf mich wirken.", kam es von drüben und ich lächelte leicht. Dann kuschelte ich mich tiefer in mein Kissen und lauschte dem Lied ebenfalls.
Es war bereits hell im Zimmer. Noch war es Sommer, also blieben die Tage für die nächste Zeit noch lang. Es gab nichts was mir lieber war. Wir hatten die Vorhänge vor den Fenstern gestern offen gelassen. Mich störte Helligkeit beim Schlafen nicht und Jassie schien einfach zu faul zu sein, sie zu schließen.
Ich sah mich im Raum um. Er war so unpersönlich. Nirgendwo hing ein Bild oder lag andere Dekoration. Ob das verboten war? Dazu gab es doch eigentlich keinen Grund.
Das Lied neigte sich langsam dem Ende zu und mein Blick glitt zurück zu dem braunhaarigen Mädchen auf der anderen Seite des Raums in der Hoffnung, dass sie nicht wieder eingeschlafen war. Meine Sorge erwies sich jedoch als unbegründet, da Jassie gerade dabei war, sich aufzusetzen.
Mit dem Ende des Lieds schaltete sie den Wecker aus und lehnte sich an die Wand, die Füße immer noch unter der Decke.
"Ich muss sagen, ich bin überrascht.", sagte sie und sah zu mir. Ich grinste und schälte mich aus meiner grauen Bettdecke. Auf der Matratze sitzend zog ich die Beine an, sodass ich im Schneidersitz zu ihr sehen konnte.
Von der Seite gesehen, stellten wir mit Sicherheit ein eigentümliches Bild dar. Ein blondes und ein braunhaariges Mädchen, die einander anblickten. Zwischen ihnen mehrere Meter Platz. Das gefundene Fressen für jeden Deutschlehrer.
"Wieso?", entgegnete ich weiterhin grinsend.
Jassie zuckte mit den Schultern. "Ich hatte deinen Musikgeschmack anders eingeschätzt und mich dementsprechend auf Schlimmeres vorbereitet."
Interessiert sah ich sie an. "Was dachtest du denn, was ich höre?", fragte ich zurück. Mich interessierte es schon immer brennend, wie andere Leute mich sahen. Nicht weil mir ihre Meinung sonderlich wichtig war, sondern weil ich wissen wollte, wie ich auf Leute wirkte.
"Ich weiß auch nicht... Ich dachte du hörst eher das, was im Moment so rauskommt.", antwortete Jassie. Ich zog die Nase kraus.
"Wenn mich entscheiden müsste, würde ich alte Lieder den neuen vorziehen.", sagte ich dann und Jassie nickte verstehend.
"Ich hör alles.", erklärte sie und zog ihre Beine unter der Bettdecke hervor. So langsam sollten wir wirklich aufstehen.
Ich nickte und grinste. "Das hab ich auch schon bemerkt."
Jassie, die gerade dabei war aufzustehen, hielt verwundert in der Bewegung inne. Verständnislos drehte sie ihren Kopf zu mir.
"Du hast deine Playlists nach Genre sortiert.", sagte ich schlicht. Sie brauchte einen Moment und lachte dann.
"Das stimmt.", nickte sie, "Ich hab irgendwann damit angefangen und dabei ist es geblieben. Ist eigentlich echt praktisch. Machst du das auch?", wollte sie neugierig wissen.
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Be Quiet
Teen FictionNachdem sie beinahe im Krankenhaus gelandet wäre, wird Rose auf ein Internat in England geschickt. Sie hofft, dass alles ausgestanden ist, wird aber eines besseren belehrt...