21. Kapitel

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"Bin wieder da!"

Die Zimmertür ging auf und ich wurde abrupt aus meinen Erinnerungen gerissen, als Jassie herein kam.

Wieder in der Realität spürte ich, wie unnatürlich schnell mein Herz schlug. Ich lag auf dem Bett, im Hintergrund lief noch immer Musik und ich war so sehr in meinen Gedanken gewesen, dass ich Jassies Ankunft nicht mitbekommen hatte.

Rasch setzte ich mich auf. Meine Augen schwammen in Tränen, weshalb ich schnell nach unten blickte, um sie vor Jassie zu verbergen.

Sie war jedoch glücklicherweise damit beschäftigt ihre Jacke in den Schrank zu hängen und ihre Schuhe auszuziehen. Währenddessen erzählte sie mir, dass sie Natalie in der Fußgängerzone getroffen habe und der Rest unserer Freunde auch bald in unser Zimmer kommen würde.

Ich hörte ihr nicht wirklich zu und stand stattdessen vom Bett auf. Mit einem "Ich geh mal kurz auf die Toilette" hastete ich auf wackeligen Beinen ins Badezimmer und verschloss schnell beide Türen. Jassies Antwort bekam ich gar nicht mehr mit.

Ich ließ mich auf die geschlossene Toilette sinken. Ich war völlig durch den Wind. Mit leicht zitternden Händen strich ich mir die Haare aus dem Gesicht und versuchte meine wild gewordenen Gedanken zu beruhigen.

Es war nicht das erste Mal, dass sowas passiert war. Die Ärzte verbanden es mit meiner Posttraumatischen Belastungsstörung. Ich erlebte Erinnerungen in Form von Flashbacks ein weiteres Mal hautnah mit und konnte nichts dagegen tun. Ich fühlte, was ich damals gefühlt hatte und sah und hörte alles. Es war wie in einem Film. Ein Traum, den ich tagsüber hatte.

Die Ärzte betrachteten meine Trennung von Jake als Schlüsselszene des Ganzen. Hier hatte alles angefangen und von dort an, war alles den Bach runter gegangen.

Verstört stützte ich den Kopf in die Hände. Ich war eigentlich selber schuld. Ich hatte beim Aufräumen wieder an Jake gedacht. Wenig überraschend, dass ich dann ein Flashback hatte.

Ich blinzelte, weshalb die Tränen überliefen und meine Wange hinunterrollten. Als ich sie wegwischte, bemerkte ich, wie eiskalt meine Finger waren.

Äußerlich sah ich abgesehen von leichtem Zittern nach einem Flashback recht normal aus, dass hatten meine Freunde aus Hawkshead mir versichert, innerlich aber tobte es. Gefühle und Gedanken wirbelten in meinem Kopf herum und ich wusste, dass sie die nächsten Stunden nicht zur Ruhe kommen würden.

Meine Gedanken kehrten noch einmal zu der Szene zurück. Es war eigentlich eine schöne und zugleich traurige Erinnerung. Ich bewunderte Jake und mich noch immer für unser recht erwachsenes Handeln. Es war schade, dass diese sehr friedliche Erinnerung von meinen Flashbacks missbraucht wurde.

Mir einen Ruck gebend stand ich vom Toilettendeckel auf und ging auf inzwischen wieder sicheren Beinen zum Waschbecken. Ein Blick in den Spiegel zeigte mir, dass ich genauso aussah, wie ich mich fühlte.

Ich war sehr blass und meine Augen glänzten ein wenig im Licht der Lampe, sodass das blau stark hervortrat. Meine Haare waren ein wenig unordentlich durch mein Kissen und mein Gesichtsausdruck war unergründlich.

Als erstes griff ich zu meiner Bürste und kämmte meine Haare gründlich durch, bis sie wieder lang und weich über meinen Rücken fielen. Durch die routinierte Bewegung entspannte ich mich ein wenig, sodass meine Hände wieder aufhörten zu zittern.

Dann lies ich den Wasserhahn laufen und wusch mir einmal über mein Gesicht. Das Wasser war verdammt kalt, was meine Hände jedoch nicht zu spüren schienen. Ich trocknete mein Gesicht ab und warf nochmal einen Blick in den Spiegel.

Ich war noch immer blass, jedoch sah ich nicht mehr ganz so durcheinander aus. Ich atmete nochmal kurz durch, lockerte meine Schultern und öffnete dann beide Türen des Badezimmers wieder.

Be QuietWo Geschichten leben. Entdecke jetzt