Sobald ich den Raum betrat, hörte ich Sams Stimme von irgendwoher nach mir rufen. Ich sah mich um und entdeckte ihn an einem der Tische, wo er saß und in seiner Schultasche herumkramte. Ich winkte kurz und machte mich dann auf dem Weg zum Pult.
Ich hoffte, dass ich bald alle Fächer durchhatte, denn dieses Zum-Pult-laufen-und-sich-vorstellen nervte mich tierisch.
Am Pult stand ein glatzköpfiger Mann mit Brille, der mich vom Aussehen und vom Körperbau her ein bisschen an eine Kartoffel erinnerte. Seine knollige Nase und seine groben Hände trugen ebenfalls dazu bei.
"Rosemarie?", sprach er mich mit heiser Stimme an und schaute mich durch seine Brille forschend an.
Entweder ist er Kettenraucher oder hat die ganze Nacht durchgefeiert.
Zum gefühlten fünfzehnten Mal in drei Tagen korrigierte ich meinen Namen und lächelte, als würde mich die ganze Sache nicht komplett aufregen.
Ich nahm mein Buch an, das mir durch seinen wabbeligen Einband fast aus den Fingern rutschte und wollte gerade gehen als Mr. Haddock, als der er sich vorgestellt hatte, sagte: "Du köhnntest dich meiner Meinung nach dort hinten hinsetzen. Neben Nicole."
Überrascht sah ich mich um und entdeckte jenes dunkelblonde Mädchen, dass auch in meinem Spanischkurs war. Ich beobachtete sie einen Augenblick und erinnerte mich wieder daran, wie sie in Spanisch auf mich gewirkt hatte.
Nein danke.
"Ähm... Mr. Haddock?", wandte ich mich an meinen Lehrer, der bereits dazu übergegangen war, Blätter in seinem Ordner von rechts nach links zu verschieben.
Er sah zu mir hoch und wartete stumm. "Darf ich mich vielleicht auch neben Sam setzen?", fragte ich freundlich und lächelte unschuldig. "Ich kenne ihn bereits und er hat mir angeboten neben ihm zu sitzen."
Mr. Haddock ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und sah mich dann ausdruckslos an. "Sam?", wollte er wissen und ich verdrehte innerlich die Augen. Wenn er sich die Namen seiner Schüler nicht merken konnte, dann sollte er sich halt einen Sitzplan schreiben. Dennoch lächelte ich weiter und nickte.
"Er sitzt dort.", wies ich ihn drauf hin und zeigte auf Sam, der wohl merkte, dass sich das Gespräch um ihn drehte und schnell schaute, als könnte er kein Wässerchen trüben.
Mr. Haddock musterte den Rotschopf ein paar Sekunden lang und sah dann nicht sonderlich überzeugt zu mir. "Tja. Ich weiß nicht." Dabei sah er mich an, als hätte er Angst, dass ICH diejenige sein könnte, die SAM vom Unterricht ablenkte und nicht andersherum.
Ich beschloss noch einen draufzusetzen. "Wissen Sie", begann ich und sah auf meine Schuhe, "ich bin nicht sonderlich gut in Chemie und Sam meinte, er könnte mir ein wenig helfen.", log ich und setzte einen betrübten Blick auf.
Mr. Haddock seufzte und nickte dann. "Also schön, dann setz dich neben Sam. Wenn du große Schwierigkeiten haben solltest, dem Unterricht zu folgen, dann komm nach der Stunde nochmal zu mir." Ich nickte und bedankte mich leise – ich wollte ja nicht aus meiner Rolle fallen – ehe ich mich umdrehte und auf Sam zusteuerte. Er empfing mich mit einem breiten Grinsen.
Note eins für mein Schauspieltalent.
"Was wollte er?", begrüßte mich Sam und hob seine Tasche vom Stuhl neben ihm, sodass ich mich hinsetzen konnte.
"Mich neben Nicole verfrachten.", entgegnete ich und sah zu dem Mädchen herüber, das dabei war, ihren Freundinnen etwas auf ihrem Handy zu zeigen.
"Hui, da hast du nochmal Glück gehabt.", nickte Sam und schüttelte sich kurz. "Der nähere ich mich nur auf zehn Meter.", erklärte er und grinste. "Die produziert viel zu viel Stress in ihrem Umfeld. Das ist meinem Kopf zu viel." Ich nickte. Was anderes hatte ich auch von ihr nicht erwartet.
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Be Quiet
Teen FictionNachdem sie beinahe im Krankenhaus gelandet wäre, wird Rose auf ein Internat in England geschickt. Sie hofft, dass alles ausgestanden ist, wird aber eines besseren belehrt...