"Rose! So sieht man sich wieder!"
Perplex und ein wenig verdattert blieb ich auf der Türschwelle zum Klassenzimmer stehen. In dem Raum des Geschichtskurses stand niemand anderes als Mr. Coley.
Deswegen meinte Jackson also, dass Geschichte cool ist.
"Ähm... Hallo?", antwortete ich unsicher auf Mr. Coley Ausruf, unschlüssig, wie genau ich reagieren sollte.
Genau wie Montag im Englischunterricht trug der Mittfünfziger einen Anzug. Hätte ich nicht gesehen, dass der Lehrer heute statt einer schwarzen eine dunkelblaue Krawatte trug, hätte ich gedacht, dass er die exakt gleichen Klamotten anhatte.
"Na, dann komm mal nach vorne zum Pult. Dieses Mal habe ich auch an dein Buch gedacht.", meinte Mr. Coley gerade und winkte mich zu sich.
Ich folgte der Geste, war jedoch immer noch positiv überrascht, weil er sich meinen Namen nach nur einer Unterrichtsstunde merken konnte.
Am Pult angekommen gab er mir sein Geschichtsbuch, wobei er fast einige seiner Blätter vom Tisch fegte. Dann fing er an, etwas in seinen Unterlagen zu suchen und kramte auf seinem mit Ordnern und Heften überladenen Schreibtisch herum. Ein wenig verloren stand ich daneben und trat von einem Fuß auf den anderen. Mr. Coley hatte den Blick von mir abgewandt und schien mich vergessen zu haben, weshalb ich nicht genau wusste, ob ich mir einfach einen Platz suchen sollte.
Ich ließ meinen Blick unbehaglich durch den Raum schweifen und fing damit an, am Einband meines Buches herumzufriemeln. Mit meinem Zeigefinger knibbelte ich an einer kaputten Stelle auf der Buchrückseite herum und ließ meine Füße ein wenig auf dem Teppichboden herumrutschen.
"AH! Da ist es ja!", rief Mr. Coley plötzlich aus und ich fuhr zusammen. Triumphierend hob Mr. Coley ein Blatt Papier in die Höhe, welches er die letzten Minuten so vergeblich gesucht hatte.
Von dem ganzen Herumgewühle war es ziemlich zerknittert, was meinen Lehrer aber nicht zu stören schien.
"Dann lass uns mal schauen, wo du sitzen kannst.", schlug Mr. Coley vor und beugte sich über den Zettel. Darauf war ein Plan des Raumes abgezeichnet und die Namen der Schüler auf den jeweiligen Plätzen vermerkt.
"Hast du denn schon Schüler kennengelernt, Rose?", wollte Mr. Coley von mir wissen, während er den Plan überflog. Ich beobachtete ihn dabei und schreckte erst hoch, als er den Blick vom Papier abwandte und mich fragend ansah.
Ich erinnerte mich an die Frage und nickte vielleicht ein wenig zu heftig. "Ja klar.", antwortete ich ihm. "Ich verbringe die meiste Zeit mit Jassie, Jackson, Lee, Sam und Kim.", fügte ich hinzu, obwohl ich mir nicht sicher war, ob er mit den Namen überhaupt etwas anfangen konnte.
Zu meiner Überraschung nickte Mr. Coley jedoch. "Ja, die fünf waren schon immer sehr freundlich. Halte dich an sie, Rose. Mit ihnen kannst du nichts falsch machen.", empfahl er mir und senkte seinen Blick wieder auf das Blatt.
Okay? Jetzt bekam ich also Freundschaftstipps von meinem Englischlehrer.
Ich nickte einfach und fügte ein "Werde ich." hinzu.
"Sind die beiden immer noch zusammen?", durchbrach Mr. Coley die Stille zwischen uns und legte den Sitzplan endgültig weg, um mich anzusehen. Er stützte sich mit den Händen auf das Pult vor sich und beugte sich ein wenig über die Tischplatte, während er mich neugierig musterte.
Ich runzelte die Stirn und blickte zurück.
"Wer?", hakte ich nach. Der Themenwechsel hatte mich aus der Bahn geworfen.
"Jassie und Jackson.", antwortete mein Lehrer knapp und richtete sich wieder auf.
Meine Augen weiteten sich überrascht. Dieses Gespräch war mehr als merkwürdig. Mir war zwar klar, dass unsere Lehrer mehr von unserem Privatleben mitbekamen, wenn sie in hundert Metern Luftlinie von uns entfernt wohnten, aber dass sie so genau über ihre Schüler Bescheid wussten, war seltsam und ein wenig beunruhigend.
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Be Quiet
Teen FictionNachdem sie beinahe im Krankenhaus gelandet wäre, wird Rose auf ein Internat in England geschickt. Sie hofft, dass alles ausgestanden ist, wird aber eines besseren belehrt...