15. Kapitel

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"Nur Rose.", korrigierte ich ihn freundlich und unterdrückte ein Seufzen.

Der Lehrer nickte nur und fuhr fort: "Ich bin Mr. Hoskins und unterrichte Literatur und Englisch an dieser Schule. Hier ist dein Buch.", er gab mir ein glücklicherweise recht dünnes Buch und stellte sich hinter sein Pult, "Du hast die freie Platzwahl, also setz dich einfach irgendwohin. Ein paar Minuten hast du ja noch.", meinte er mit einem Blick auf die Uhr. Ich nickte und drehte mich zu den Tischen um.

Ich versuchte unter den Schülern ein bekanntes Gesicht auszumachen. Alice oder sogar Connor. Alles war mir recht, solange ich nicht neben jemand fremden sitzen musste. Mir war klar, dass ich diese Woche wahrscheinlich nicht umhin kam, mich neben jemanden zu setzen, den ich nicht kannte. Es gab sicher noch weitere Fächer, in denen keiner meiner Freunde anwesend war, aber ich versuchte trotzdem das Unvermeidliche herauszuschieben, wie eine nicht gemachte Hausaufgabe.

Ich ließ meinen Blick über die Tische schweifen und versuchte unter all den möglichen Sitznachbarn das kleinste Übel auszumachen, was mir jedoch nicht sonderlich leicht viel, da keiner der Schüler auf seinem eigentlichen Platz zu sitzen schien.

"Hey, Rose!", hörte ich eine Stimme und mein Blick schnellte in den hinteren Teil des Raums. Dort, in der letzten Reihe, saß ein schwarzhaariges Mädchen und winkte mir mit breitem Grinsen zu.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen bahnte ich mir langsam einen Weg zwischen den Tischen durch auf sie zu.

Muss ich die kennen?

Während ich auf sie zulief, musterte ich das Mädchen genauer. Sie hatte wirklich beneidenswerte Haare. Sie waren in etwa so lang wie meine und vielen in weichen Locken über ihre Schultern. Trotz der gefühlten 50 Grad draußen, trug sie einen großen, beigen Pulli, den sie mit kurzen Shorts und schwarzen, knöchelhohen Stiefeln kombiniert hatte.

Was hat sie denn für ein Temperaturgefühl? Ich würde sterben vor Hitze und gleichzeitig frieren.

Schneller als ich verarbeiten konnte, hatten mich meine Füße zu ihrem Tisch getragen und ich stand vor ihr. Sie lächelte zu mir hoch. Sie kam mir seltsam bekannt vor, allerdings konnte ich sie unter den ganzen neuen Gesichtern nicht einordnen.

"Ähm... hi?", gab ich leise von mir und sah nach unten.

Meine Schuhe könnten mal wieder geputzt werden.

"Willst du dich nicht setzen?", wollte das Mädchen von mir wissen und bat mir freundlich den Platz neben sich an.

Ich schaute auf und lächelte kurz, ehe ich mich zusammenriss und fragte: "Woher genau kennen wir uns nochmal?"

Das Mädchen sah mich kurz perplex an, lachte dann aber. "Ich bin Natalie. Wir haben Englisch bei Mr. Coley zusammen. Weißt du noch?"

Mir ging ein Licht auf. Sie hatte gestern Morgen versucht meine Lieblingsfarbe zu erraten. Ich nickte rasch und ließ mich dann neben sie fallen.

Noch mal Glück gehabt.

"Blau ist also nicht deine Lieblingsfarbe?", griff Natalie nach einer kurzen Pause das Thema von gestern wieder auf. Ich schüttelte den Kopf.

"Das ist mir zu normal.", stellte ich fest und lehnte mich zurück. Nachdenklich sah sie mich an und nickte langsam. Sie musterte mich.

"Ein Versuch noch.", bat sie mich und ich ließ sie grinsend gewähren. Natalie hatte so eine leichte Art an sich. Sie schien so ausgelassen zu sein.

Es dauerte einen Moment, ehe sie sprach: "Grün.", sagte sie mit fester Stimme. Ich sah sie gespielt enttäuscht an.

"Wow.", gab ich ironisch von mir. Sie verdrehte die Augen und zuckte mit den Schultern. Dann sah sie mich erwartungsvoll an.

Be QuietWo Geschichten leben. Entdecke jetzt