18 - Wenn der Tod anklopft

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„Kann ich dich ab hier wirklich allein lassen, Kylan?" Shay schaut mich abwartend und auch irgendwie ein bisschen skeptisch aus ihren wunderschönen Augen an, als wir mein zu Hause erreicht haben.

Am liebsten würde ich ihr mit einem „Nein, bitte bleib bei mir" antworten, doch stattdessen nicke ich zögerlich. Ein paar Stunden Schlaf und Ruhe werden mir sicherlich guttun, um meine Gedanken zu sortieren. Außerdem muss ich mich noch bei Weya entschuldigen. Sie wird bestimmt wütend sein, dass ich so lange weg war.

„Ich komme heute Nachmittag zu dir, okay?", schlage ich der Brünetten nach kurzer Bedenkzeit vor. „Um unsere Freiheit zu feiern."

„Das klingt toll", erwidert Shay mit einem breiten Grinsen. „Dann sehen wir uns also später."

Als wäre es das Normalste auf der Welt, stellt sie sich auf ihre Zehenspitzen und haucht mir einen Kuss auf den Mund. Für einige Sekunden bewegen sich unsere Lippen aufeinander, ehe sich die Brünette wieder von mir löst. „Mehr bekommst du dann heute Nachmittag", lässt sie mich mit einem verschwörerischen Zwinkern wissen.

Während mir Shay nun noch einmal zuwinkt und danach auf dem Absatz kehrt macht, überlege ich fieberhaft, was das jetzt zwischen uns ist.

Sind wir ein Paar?

Oder sind wir vielleicht doch nur Freunde mit gewissen Vorzügen?

Sind wir überhaupt irgendetwas?

Am besten spreche ich die Brünette heute Nachmittag darauf an, um Gewissheit zu erlangen. Ich bin mir meinen Gefühlen für Shay sehr sicher, doch ist sie das auch?

Ist sie verliebt?

Verliebt, wie ich es bin?

Es hat etwas gedauert, aber endlich kann ich meine Emotionen richtig einordnen – ich habe mich in Shay Watson und ihr umwerfendes Lächeln verliebt.

Hoffentlich ergeht es der Braunäugigen ähnlich.

Begleitet von einem Schwarm Schmetterlinge, der in meinem Bauch herumtobt, schließe ich die Haustür auf und betrete unseren kleinen Flur. Sofort merke ich, dass etwas nicht stimmt.

Die Jacken, die normalerweise fein säuberlich an der Garderobe hängen, liegen unordentlich auf dem Boden und vermischen sich mit einzelnen Glasscherben, die dem heruntergefallenen Spiegel entsprungen sind.

Blutkleckser führen von dem zersplitterten Spiegel bis zur Tür, doch dort endet die Spur.

Was ist hier passiert?

Mit einem unguten Gefühl im Magen steige ich über die Scherben hinweg und lasse ein lautes „Mum?" durch die Luft hallen. Zwar ist es gerade mal sechs Uhr am Morgen, doch gewöhnlich ist meine Mutter zu dieser Uhrzeit schon längst auf den Beinen.

Als keine Antwort ertönt, betrete ich zuerst die Küche und danach das Wohnzimmer. In beiden Räumen fehlt jede Spur von meiner Mum. Also mache ich mich auf den Weg zu ihrem Schlafzimmer und luge vorsichtig durch den Türspalt.

Aber auch hier ist meine Mutter nicht aufzufinden.

So langsam steigt ein bisschen Panik in mir auf. Es ist untypisch, dass Mum zu dieser Uhrzeit nicht zu Hause ist.

Ob sie wohl einen weiteren Job mit Nachtschicht angenommen hat, von dem sie mir nichts erzählt hat? Möglich wäre es auf jeden Fall.

Ich versuche krampfhaft meine negativen Gedanken bei Seite zu schieben und schleiche währenddessen zu Weyas Zimmer. Hoffentlich wird der kleine Engel nicht wach, wenn ich mich zu ihr lege, denn aktuell habe ich noch keine Entschuldigung für mein langes Verschwinden parat.

Der Dieb der HerzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt