- Epilog -

529 31 17
                                    

4 Jahre später

Der Wind weht durch ihre haselnussbraunen Haare und trägt die salzigen Tränen mit sich hinfort.

Sie hat schon lange nicht mehr so viel geweint, wie am heutigen Tage. Verübeln kann man es ihr allerdings nicht, schließlich sind es schon vier Jahre.

„Ich vermisse dich", murmelt sie leise, während sie sich die letzte Glasperle von der Wange streicht. Die einzige Person, die ihr je etwas bedeutet hat, liegt nun seit vier Jahren unter der Erde, und diese Tatsache schmerzt.

Wenn sie könnte, würde sie sofort zu ihm gehen, doch es gibt genau einen Grund, der sie davon abhält.

Dieser Grund hat braune Knopfaugen, rabenschwarzes Haar und hört auf den Namen Kylan.

Die junge Frau hat ihn nach seinem Vater benannt - einem Mann, der das Herz am rechten Fleck trug. Noch immer wünscht sie sich, die beiden hätten sich kennenlernen können.

„Kommst du, Mummy?" Der kleine Junge, der seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten ist, zupft ungeduldig an ihrem Jackenärmel. „Du hast versprochen, dass wir zusammen zu den Affen gehen."

Schweren Herzens löst sie sich von dem Grabstein, der die Aufschrift Kylan Jones trägt, und wendet sich stattdessen ihrem Sohn zu.

Gewöhnlich bereitet ihr sein Anblick ein Lächeln, doch heute löst er nichts weiter als Kummer in ihrem Inneren aus, denn der Tag ist gekommen, an dem sie Kylan der Freiheit übergeben wird.

Sie selbst wird für immer in den teuflischen Klauen von ihrem Ehemann Snake gefangen sein, doch ihrem Sohn möchte sie dieses Leid ersparen. Wenigstens ein Kylan soll ein schönes und erfülltes Leben genießen können.

„Komm jetzt, Mummy."

Der Junge schnappt sich die Hand seiner Mutter und zieht sie euphorisch in Richtung Auto. Wüsste er, dass er bald nie wieder in ihrer Nähe sein kann, würde er sicherlich nicht so ungeduldig sein.

Doch es ist besser, dass er es nicht weiß.

Die Autofahrt zum Zoo vergeht viel zu schnell.

Sie weiß, dass sie nicht mehr viel Zeit hat. Snake wird in einer halben Stunde von seinem Geschäftsmeeting zu Hause sein und spätestens dann muss auch sie sich in dem Gefängnis, das sich ihr zu Hause nennt, befinden.

„Steig schon mal aus, Kylan. Ich suche eben einen Parkplatz und komme dann gleich nach", murmelt die junge Frau mit Tränen in den Augen. „Mummy hat dich ganz doll lieb. Vergiss das nie!"

Ein letzter Kuss auf die Stirn, dann hüpft der Junge nichtsahnend aus dem Auto.

Ein letzter Blick, dann startet sie den Motor.

Eine letzte Träne, dann entlässt sie ihren Kylan in die Freiheit.

Der Dieb der HerzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt