2 - Teddybärenalarm

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Normalerweise liebe ich es, meine freie Zeit mit Weya zu verbringen, doch heute empfinde ich unsere gemeinsamen Stunden als anstrengend.

„Bist du etwa immer noch sauer auf mich?" Unsicher schaue ich in die eisblauen Augen meiner Schwester, allerdings weicht sie meinem Blick sofort aus und reckt stattdessen beleidigt das Kinn in die Höhe. „Das werte ich dann mal als ein ja."

Nachdem ich in der vergangenen Nacht das Mädchen mit den bernsteinfarbenen Augen in ihrem Zimmer zurückgelassen habe, konnte ich es nicht über das Herz bringen, Wertgegenstände aus ihrem Haus zu entwenden. Das war auch der Grund, weshalb ich mir eine neue Villa suchen musste, aus der ich letztendlich zwei Perlenketten und eine goldene Uhr stehlen konnte.

Anstatt sich zu freuen, dass ich Geld für eine weitere Chemotherapie aufgetrieben habe, durfte ich mir um drei Uhr nachts eine Standpauke von Weya anhören.

„Du hast versprochen, dass du nicht lange wegbleiben würdest", hat sie mit weinerlicher Stimme gesagt. „Aber du hast gelogen, Kylan."

Egal wie oft ich mich mittlerweile schon bei meiner Schwester entschuldigt habe, sie spielt immer noch die eingeschnappte und nachtragende Diva. Selbst mein Friedensangebot, ihr einen riesigen Schokoladeneisbecher zu spendieren, hat sie abgelehnt.

„Gibt es irgendeine Möglichkeit, dass du mir verzeihst, Prinzessin?", wende ich mich seufzend an die Blondine. Den ganzen Tag von ihr ignoriert zu werden, setzt mir mehr zu, als ich dachte. Außerdem ist es sehr kräftezerrend, sich ständig neue Entschuldigungen ausdenken zu müssen.

„Hm, lass mich mal kurz überlegen." Weya tippt sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe und setzt dabei einen grübelnden Blick auf. Nach kurzer Überlegung murmelt sie schließlich: „Nein!"

„Nein?", hake ich fassungslos nach.

„Nein!"

Herausfordernd funkelt mich meine kleine Schwester an. Das freche Grinsen, das sich währenddessen auf ihren Lippen ausbreitet, verrät mir, dass sie insgeheim einen Plan ausheckt – vermutlich einen Plan, wie sie mich noch länger mit Ignoranz strafen kann.

Entgegen meiner Erwartungen murmelt die Blauäugige jedoch nach einer Weile: „Weißt du, Kylan, es gibt da diesen riesigen Teddybären mit der roten Schleife im Spielzeuggeschäft."

Weya muss gar nicht weiterreden. Ich weiß auch so schon ganz genau, worauf sie hinausmöchte.

Dennoch hake ich sicherheitshalber nach: „Und wenn ich dir den Teddybären kaufe, verzeihst du mir?" Sofort nickt meine Schwester.

„Na schön", gebe ich also nach. „Dann gehen wir jetzt in das Spielzeuggeschäft und kaufen dir diesen Teddybären."

Mit dem breitesten Grinsen, das ich jemals auf Weyas Lippen gesehen habe, schnappt sie sich meine Hand und zieht mich daraufhin munter durch die Innenstadt. Erst als wir das Spielwarengeschäft erreicht haben, lässt meine Schwester meine Hand wieder los.

Überglücklich betritt sie den kleinen Laden und stößt dabei ein beeindrucktes „Wow" aus.

Ich wünschte, ich könnte dem Engel öfter einen Wow-Effekt bieten, aber leider ist mir das nicht möglich. Ich bin schließlich bloß ein krimineller Typ, der nachts in Häuser einbricht, um irgendwie das Leben seiner Schwester zu retten.

„Beeil dich, Kylan!", vertreibt Weya meine Gedanken, indem sie ungeduldig nach mir ruft. Während ich noch im Eingangsbereich stehe und auf die vielen lachenden Kindergesichter schaue, die auf den Spielzeugverpackungen abgebildet sind, hat sich die Blauäugige bereits auf den Weg zu den Plüschtieren gemacht. „Wenn der Teddy weg ist, verzeihe ich dir nie wieder!"

Der Dieb der HerzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt