8

148 9 0
                                    

8

Drei Tage hatte es Roman gekostet, bis er endlich den entscheidenden Hinweis bekommen hatte, wo er die Personen finden sollte, die ihm hoffentlich ein paar Antworten geben könnten.

Noah war der Name des Vampirs, der sich Zeit für Roman und sein Anliegen genommen hatte. Ein Mann, der bei einer Verwandlung etwa Mitte fünfzig gewesen sein musste, mit leicht grauen Schnurrbart und schwarzem Haupthaar. Er war fast zwei Köpfe kleiner als Roman und hatte eine schmächtige Figur. Er bot Roman einen Platz in einem großen Zimmer mit Kamin des fast schlossartigen Gebäudes an.

„Was kann es denn so Wichtiges geben, dass du uns hier aufsuchst, mein Junge?“ Noah lehnte sich in seinem Sessel zurück und hob das Kinn.

Roman sortierte einen Moment lang seine Gedanken. „Vor etwa drei Wochen ist meine Erschafferin bei mir aufgetaucht, nachdem wir uns sechs Jahre nicht gesehen hatten. Sie meinte eine innere Stimme hätte ihr gesagt, sie müsse nach Tampa kommen, ein Gefühl.“ Er machte eine kurze Pause. „Sie traf noch am selben Tag auf einen meiner besten…“ Roman verkniff sich das Wort Freunde, war er sich doch nicht ganz sicher, wie die Ur-Vampire auf Freundschaften zwischen Vampiren und Sterblichen reagierten. Er räusperte sich. „Sie traf noch am selben Tag auf einen meiner Mechaniker. Meine Partnerin und ich besitzen eine Autowerkstatt“, fügte er erklärend hinzu.

Noah zeigte keinerlei Regung. Er saß einfach nur da. Kein Nicken, kein Blinzeln. Nichts, was Roman zeigte, ob er ihm überhaupt zuhörte.

Er räusperte sich wieder. „Jedenfalls bemerkte Riley – das ist der Name meiner Erschafferin – schnell, dass sich Dean, der Mechaniker, nicht von ihr manipulieren ließ. Er, ähm, er reagierte eigentlich überhaupt nicht auf sie.“ Roman war sich nicht ganz sicher, aber er hatte das Gefühl, dass Noahs Kopf sich ein ganz klein wenig zur Seite geneigt hatte. Doch er sagte noch immer nichts. „Dean ist regelrecht immun gegen Riley. Während ihr, wie es vorhergesehen ist, alle anderen Sterblichen geradezu zu Füßen liegen, findet er sie nur merkwürdig. Ihre Nähe bereitet ihm Unbehagen.“ Roman machte eine Pause, doch Noah sah ihn noch immer ausdruckslos an. „Aber auch Rileys Verhalten auf Dean war anders als bei anderen. Während sie anfangs noch mit Ablehnung und Wut auf ihn reagiert hatte, wandelten sich ihre Gefühle für ihn nach der ersten Berührung. Sie hatten sich die Hand gegeben und von dem Moment an war es für Riley, als gäbe es keinen anziehenderen Mann mehr für sie. Sie konnte seine Nähe kaum ertragen, ohne dass sie heftig und umgehend auf ihn reagierte. Und diesmal nicht mit Wut und Ablehnung, sondern mit unbändigem Verlangen nach seinem Blut. Sein Verhalten ihr gegenüber hatte sich allerdings nicht geändert.“ Roman fuhr sich mit der rechten Hand über den Bart. „Ich… Wir verstehen es einfach nicht. Erst dieses Gefühl, dass sie unbedingt nach Florida reisen sollte, dann diese Sache mit Dean.“ Er sah Noah direkt in die Augen. „Können Sie mir erklären, was es damit auf sich hat? Wir haben noch nie davon gehört, dass ein Sterblicher immun gegen Manipulation ist.“

Noah schürzte die Lippen ein wenig und legte die Fingerspitzen aneinander. „Dieser Dean ist also nur immun gegen Riley?“

Roman nickte.

„Weißt du, wie viele Menschen Riley bisher verwandelt hat?“

„Nur mich. Ich habe sie gefragt. Auch in den letzten sechs Jahren, die sie sich wer weiß wo herumgetrieben hat. Es gibt nur mich“, erklärte Roman.

Noah nickte. „Mhm. Fein.“ Er stand auf. „Warte hier.“

Roman ließ sich im Sessel zurücksinken und wartete.

Zwei Tage wartete er auf Noahs Rückkehr. Zwei Tage lief er in dem Kaminzimmer auf und ab, wartete darauf, dass Noah wiederkommen würde. Niemand ließ sich in der Zeit blicken. Niemand brachte ihm etwas zu essen oder erklärte ihm, wie lange er noch würde warten müssen.

Kiss & KillWo Geschichten leben. Entdecke jetzt