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Den Rest der Rückfahrt nach Tampa stritten sie sich über das Radioprogramm, bis Riley Dean schließlich damit drohte ihm die Hand zu brechen, wenn er noch einmal diesen Heavy Metal Kram anmachen sollte.

„Darf ich dich was fragen?“

Sie sah ihn von der Seite an. „Klar.“

„Wie bist du…? Also wer hat dich…? Du weißt schon.“

„Zum Vampir gemacht?“

Er nickte.

Riley sah aus dem Seitenfenster. „Mein Bruder.“

Dean konnte die Traurigkeit in ihrer Stimme hören. „Ich wollte nicht… Du musst es nicht erzählen, entschuldige.“

„Nein, ist okay.“ Sie schwieg einen Moment. „Sein Name war Ashton. Er trieb sich mit den falschen Leuten herum.“

Dean warf ihr einen Blick zu.

„Ich wurde 1813 in San Francisco geboren“, beantwortete sie ihm seine unausgesprochene Frage. „Mitten in einem Krieg.“ Sie lachte bitter. „Aber wann gab es damals mal keinen Krieg? Ashton war drei Jahre älter als ich. Wie gesagt trieb er sich als junger Mann mit den falschen Leuten herum. Kleinkriminelle würde man sie heute nennen. Alkohol und Frauen standen an der Tagesordnung. Na ja, das Übliche eben.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Irgendwann war Ashton verschwunden. Einfach weg. Er war öfter tagelang verschwunden gewesen, aber als wir auch nach sechs Monaten nichts mehr von ihm hörten, haben wir uns mit dem Gedanken abgefunden, dass er wahrscheinlich tot sei.“ Sie atmete tief durch. „Jedenfalls muss ihm irgendwann zu Ohren gekommen sein, dass unsere Mutter verstorben war. Unser Vater war Jahre zuvor in einem der Kriege gefallen. Ich war also auf mich gestellt. Ich war allerdings zu diesem Zeitpunkt auch schon 25 Jahre alt.“ Sie lächelte Dean an. „Ich bin also eine sehr alte 25-jährige.“

Er erwiderte ihr Lächeln, hielt seinen Blick aber weiterhin auf die Straße gerichtet.

„Ashton kam also zurück nach San Francisco – als Vampir – und hat mich kurzerhand verwandelt. Einfach so“, fügte sie leise hinzu, „ohne mit mir darüber zu sprechen.“

„Bereust du, dass er es getan hat?“, fragte Dean, als Riley schwieg.

„Erst ja. Ich war furchtbar wütend auf ihn. Ich kam damals überhaupt nicht damit klar. Und ich habe meine Wut an vielen unschuldigen Menschen ausgelassen. Ashton war mir keine große Hilfe. Er hat mich nicht davon abgehalten, mir das zu nehmen, was ich wollte.“

Dean grinste schief. „Tust du das heute nicht mehr?“

„Oh, doch!“, lachte sie. „Aber ich bringe dabei keine Menschen mehr um. Das ist der kleine aber feine Unterschied. Trotz allem hatten Ashton und ich eine fantastische Zeit miteinander. Wir hatten eine sehr enge Beziehung zueinander bekommen und gemeinsam Kalifornien unsicher gemacht. Aber ich hätte eine ruhigere Hand als Führer gebraucht.“

„Jemanden wie Roman“, stellte Dean fest.

„Ja.“ Sie machte eine Pause, sah wieder aus dem Seitenfenster. „Ashton und ich haben irgendwann Kalifornien verlassen und sind an die Ostküste gegangen. Dort wehte allerdings ein etwas anderer Wind. Wir waren ja schon wütend und ungestüm, doch was in New York und Boston abging, war schon echt nicht mehr schön. Lange Rede, kurzer Sinn. Wir haben uns mit den falschen Leuten angelegt und sie haben mit Ashton kurzen Prozess gemacht. Ich konnte noch rechtzeitig fliehen, aber ihm haben sie das Dasein als Untoter genommen.“ Wieder schwieg Riley für einen Moment. „Ich konnte nicht an der Ostküste bleiben, ich wollte nicht zurück nach Kalifornien, also bin ich in den Süden gegangen. Nach Florida.“ Ein Lächeln breitete sich auf Rileys Lippen aus. „Dort habe ich nach einigen Jahren Roman getroffen.“ Sie sah Dean von der Seite an. „Wir wurden gute Freunde. Noch fünf Jahre, ehe ich ihn verwandelt habe. Ohne Manipulation. Gut, er hat wohl auf mich reagiert, aber ich wusste, dass er mich auch ohne diesen Vampir-Scheiß gemocht hätte. Er wurde der große Bruder, den ich gebraucht hätte, als ich verwandelt worden war. Obwohl er nicht wusste, was ich war, gab er auf mich Acht, war immer für mich da, ließ mich ruhiger werden. Ich hörte auf Menschen zu töten, trank allerdings noch immer ihr Blut.“

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