Zerbrochen

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Der November kam und ging. Die Bäume wurden kahl und der Boden wurde frostig. Der Winter kam kalt und stark nach Hogwarts. Der Dezember verging in einer Flut von Schnee und Hausaufgaben. Die Weihnachtsferien sind nur noch eine Woche entfernt. Alle Siebtklässler sind dabei in Schularbeiten zu ertrinken. James und ich haben uns vor lauter Hausaufgaben und Quidditch kaum gesehen. Es war so schlimm, dass sogar Sirius Black die Bibliothek mit seiner Anwesenheit beehrt hat.
"Sirius Black in einer Bibliothek? Ich glaube ich könnte vor Schreck sterben", sagte ich und machte mich über einen Ohnmachtsanfall lustig.
"Sei leise Evans", flüsterte er. "Ich habe einen Ruf zu wahren."
Er duckte sich zwischen den Bücherregalen hindurch. Ich klopfte auf den Sitz neben mir er setzte sich widerwillig zu mir und zog die Kapuze seines Pullovers hoch. "Was ist das eigentlich was du da machst dieses Lernen?", flüsterte er.
"Nun", antwortete ich mit spöttischer Stimme. "Du schlägst ein Buch auf, liest es, schaust auf deine Notizen und wiederholst es."
"Das ist langweilig", sagte er und liess sich auf den Tisch fallen.
Sirius betrat zwar zum ersten Mal in seinen sieben Jahren in Hogwarts die Bibliothek aber diese Beziehung dauerte nicht lange. Er war wieder weg, bevor ich meine Notizen mit ihm teilen konnte.

"Merlin sei Dank es ist Wochenende", erklärt James der auf der Couch zusammensackt und seinen Kopf auf meinen Schoss legt. Ich fahre mit den Fingern durch sein widerspenstiges unordentliches Haar.
"Bin ich tot? Ich glaube ich bin diese Woche schon dreimal gestorben", ruft Sirius und lehnt sich dramatisch gegen die Steinwand.
"Ich gehe ins Bett, ich brauche Schlaf", sagt Remus und geht die Treppe hinauf dicht gefolgt von Sirius.
"Gehst du auch ins Bett?", frage ich James. Ich schaue zu ihm hinunter und bin überrascht, dass er mir ins Gesicht starrt.
"Du bist wirklich wunderschön Lily. Wusstest du das?", fragt er mit einem dümmlichen Grinsen im Gesicht.
Ich lache und beuge mich herunter, um ihn zu küssen. "Hast du etwa Feuerwhiskey getrunken und es mir nicht gesagt?"
"Ich mag dich wirklich Evans. Es fängt an mir Angst zu machen wie sehr", sagt er und streichelt mein Gesicht. Diesmal grinst er nicht albern, sondern meint es ernst.
"Ich auch Potter", sage ich. Er rollt sich von der Couch und steht auf. Er beginnt vor dem Feuer herumzulaufen und fährt sich nervös mit den Fingern durch die Haare. Ich stehe auch auf. "James geht es dir gut?" Er macht mich unruhig. Ist etwas nicht in Ordnung?
Seine Lippen bewegen sich mit unausgesprochenen Worten. Seine Schritte sind kurz und abgehackt. Ist er wegen irgendetwas nervös? Schliesslich hält er inne und dreht sich zu mir um. "Lily ich muss dir etwas sagen." Er schaut auf seine Füsse und stammelt unzusammenhängende Worte.
"James ich habe keine Ahnung was du gerade gesagt hast", sage ich und versuche die Ungeduld aus meiner Stimme herauszuhalten. Meine Neugierde wird von Sekunde zu Sekunde grösser. Sind es gute oder schlechte Nachrichten? Habe ich etwas getan? Ist etwas nicht in Ordnung? Er sieht auf und seine haselnussbraunen Augen durchdringen mich. Ich wende mich nicht ab denn die Ernsthaftigkeit in seinem Blick lässt mich nicht los. "Lily ich liebe dich."
Ich spüre, wie ich erstarre. Meine Muskeln verharren an einem Ort und meine Augen wenden sich von ihm ab. Er liebt mich? Ich sollte ekstatisch sein und vor Freude springen, aber ich spüre kein Glück. Ich spüre wie mir die Galle im Hals hochsteigt. Ich fühle, wie die Angst wie ein Nebel über all meine Freude kriecht. Ich blicke auf und sehe James. Ich beobachte wie mein Schweigen in sein Gehirn eindringt. Die Ablehnung steht ihm ins Gesicht und lässt ihn die Augen aufreissen. Es ist als könnte ich sehen, wie etwas in ihm zerbricht. Als hätte ich ihn gebrochen. So, als hätte ich James Potter gebrochen.
"Lils hast du gehört was ich gesagt habe?", flüstert er. Eine letzte Hoffnung schimmert in seinen Augen auf. Ich nicke unfähig meinen Mund zu bewegen. Unfähig irgendetwas von mir zu bewegen. Er sieht von mir weg und presst seinen Kiefer zusammen. Sein Adamsapfel wippt, bevor er hart schluckt. In seinen Augen glänzen die verdrängten Tränen. Ich spüre einen Schmerz in meiner Brust und frage mich geistesabwesend, ob ein Mensch buchstäblich spüren kann, wie sein Herz bricht. Ich spüre wie sich die Tränen in meinen Augen bilden. Und meine Knie werden schwach. Sag etwas Lily!
"Okay dann", sagt James und geht weg.
"Warte!", rufe ich und ergreife seinen Arm. Ich halte ihn an beiden Armen fest und versuche ihn zu zwingen mich anzusehen. Seine Augen sehen mich nicht an. Er wird mir nie verzeihen. Ich habe alles kaputt gemacht.
"James bitte", flehe ich. Meine Kehle fühlt sich an, wie Sandpapier und die Tränen laufen mir unkontrolliert über die Wangen.
"Nein", sagt er und reisst seine Arme aus meinem Griff. Er hasst mich. "Ich meine warum solltest du mich lieben? Ich bin ein arroganter Trottel, richtig? Du bist klug schön und nett. Was für eine Chance habe ich denn, oder? Welche Chance hatte James Potter wirklich jemals bei Lily Evans?" Seine Worte strotzen nur so vor Bitterkeit. Er stellt einen Abstand zwischen uns her der sich viel weiter anfühlt als ein paar Meter. Ich konzentriere mich auf meine Atmung, denn es fühlt sich an als hätte jemand die ganze Luft aus dem Raum gesaugt. Ich kämpfe gegen den Drang an den Abstand zwischen uns zu verringern und meine Arme, um ihn zu schlingen. Das wäre ein Fehler. Ich weiss es wegen dem trüben Blick in seinen Augen. Getrübt von Distanz und Ablehnung hält mich wie angewurzelt auf der Stelle.
"Ich habe Angst", flüstere ich. Mein Mund funktioniert endlich, aber ich glaube meine Worte klingen wie Brei.
"Wovor hast du Angst Lily?", fragt er leise.
"Das." Endlich fliessen die Tränen. "Menschen sterben James. Du-weisst-schon-wer tötet Menschen. Ich mache mir schon Sorgen um meine Familie, weil sie Muggel sind. Ich mache mir Sorgen um meine Freunde, weil ich weiss, dass sie ihn bekämpfen können. Ich mache mir Sorgen um dich, weil ich weiss, dass du es nicht erwarten kannst zu kämpfen. James je mehr du liebst desto mehr hast du zu verlieren. Ich liebe dich James. Das tue ich wirklich und es tut mir leid, wie ich reagiert habe. Es ist einfach nicht logisch jemanden in einer so dunklen Zeit zu lieben. Aber ich liebe dich wirklich so sehr. So sehr, dass es beängstigend ist. Es ist nur so wenn ich dich liebe und du mich liebst, könnte ich alles verlieren. Du bist alles für mich. Der Gedanke, dass ich dich verlieren könnte, macht mir Angst. Ich hatte so lange Angst dich zu verlieren, weil ich dachte ich wäre nicht mehr als ein Spiel für dich aber der Gedanke, dass du stirbst. James ich kann nicht..." Meine Stimme bricht und die Tränen laufen mir über das Gesicht. Ich halte mir die Hand vor den Mund und schnappe nach Luft. Meine Lungen sind geschrumpft und mein Gehirn zeigt mir alle möglichen Arten vor wie James sterben könnte. Der Gedanke, dass James Potter sterben könnte, versetzt mich in Panik.
Er hat die ganze Zeit zugehört. Ich werfe einen flüchtigen Blick auf sein Gesicht. Er ist genauso erstarrt wie damals als ich ihm sagte, dass ich ihn mag. Ich glaube er versucht die vielen Worte zu verarbeiten die ich in so kurzer Zeit gesagt habe. Seine haselnussbraunen Augen die noch vor wenigen Augenblicken vor Ablehnung starr waren schmelzen vor Mitgefühl. Schliesslich schliesst er den Raum zwischen uns und schlingt seine Arme um mich. Ich fühle mich wieder sicher und warm als er meinen Kopf küsst. "Oh Evans. Du bist zu schlau für dein eigenes Wohl weisst du das?" Ich spüre, dass ich kurz davor bin zu weinen. Ich habe James' Pullover mit Tränen und Rotz vollgekleckert. Ihn scheint es nicht zu stören. "Lily sieh mich an." Ich schüttle meinen Kopf und vergrabe ihn noch tiefer in seiner Brust. Er schiebt seine Hand unter mein Kinn und zwingt mich zu ihm aufzuschauen.
Seine Augen strahlen mit seinem Lächeln um die Wette. "Lily du bist auch mein Ein und Alles. Du bist meine ganze Welt. Ich kann mir nicht vorstellen wie mein Leben ohne Lily Evans aussehen würde. Verliebtsein macht uns verletzlicher und wir haben alles zu verlieren. Aber siehst du nicht, dass wir auch alles zu gewinnen haben?" Ich lächle über die Worte. "Okay", sage ich leise. Er grinst mich an und sagt: "Sag es bitte." Ich lächle und stelle mich auf meine Zehenspitzen, um ihm so nahe wie möglich zu kommen. Er schliesst erwartungsvoll die Augen. "Ich Lily Evans liebe dich James Potter." Sein Grinsen sieht aus als könnte es sein Gesicht zerteilen. Er schlingt seine Arme wieder um mich und zieht mich zu einem Kuss heran. "Ich liebe dich auch Lily", haucht er gegen meinen Mund. "Und ich schwöre du wirst mein Tod sein."

Ephemeral | A Lily & James Story (deutsche Übersetzung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt