Fehl am Platz

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Ich wälze mich die ganze Nacht hin und her. Es dauert ewig bis ich einschlafe vor allem weil das Adrenalin immer noch durch meine Adern fliesst und weil ich wach sein will, wenn die Jungs wieder ins Haus kommen. Ich höre sie nicht kommen denn der Schlaf holt mich schliesslich ein, bevor die Sonne aufgeht.
Ich wache auf, weil jemand an meiner Hand herumstochert. Zuerst schlage ich sie weg. "Miss Evans Miss es ist Zeit aufzuwachen", sagt eine leise keuchende Stimme. Ich öffne die Augen und sehe Disly die mich mit ihren ungewöhnlich grossen grünen Augen anstarrt. Sie hält ein Glas Wasser in der Hand und steht in einem respektablen Abstand vor mir.
"Danke Disly", sage ich müde, richte mich auf und dehne meine steifen Muskeln.
"Für Sie", sagt sie und reicht mir das Wasser. "Master James ist normalerweise durstig, wenn er aufwacht. Ich dachte Sie wären es vielleicht auch."
"Danke", lächle ich die nette Hauselfe an. "Das ist sehr nett von dir."
Sie verbeugt sich. "Wenn das alles ist Miss. Ich muss Masters Potter helfen sich für den Ball fertig zu machen."
"Kannst du mir noch etwas sagen Disly. Sind die Jungs schon wach? " Die Ereignisse der letzten Nacht waren mir noch nicht aus dem Kopf gegangen und ich glaube nicht, dass sie das in nächster Zeit tun werden. Ich hatte einige Fragen und sie wollten mir antworten.
"Alle schlafen noch Miss", antwortet sie.
"Danke Disly. Das ist alles", sage ich.
Sie verbeugt sich, es gibt einen Knall und sie ist weg. Ich nehme einen Schluck Wasser und stelle fest, dass ich durstig bin und trinke schliesslich das ganze Glas aus. Ich stehe aus dem Bett auf und ziehe meinen Bademantel an. Als ich auf den Flur gehe fällt mir auf, dass James mir sein Zimmer nicht gezeigt hat.

Er sagte er sei direkt neben mir. Ich verlasse das Gästezimmer nach links. Es gibt nur noch zwei weitere Zimmer - James' Zimmer und Sirius' Zimmer. Ich stürme in das erste Zimmer und finde es leer vor. Es ist unordentlich bis auf das Bett, das gemacht ist. Es ist James' Zimmer.
Der Schreibtisch quillt über vor Papieren und Federkielen. Er hat mit ein paar seiner Hausaufgaben begonnen. Ich bin stolz, ich dachte ich müsste ihn zwingen seine Schularbeiten zu machen. Überall auf dem Boden liegen Klamotten verstreut und die Wände sind mit Bildern und Postern vollgeklebt. Bilder von ihm und den anderen Rumtreibern. Bilder von ihm und seinen Eltern. Sogar ein paar Bilder von uns die mich zum Lächeln bringen. Die Poster sind von seiner Lieblingsqudditchmannschaft - den Falmouth Falcons. Es hängen auch ein paar Gryffindorbanner an der Wand.
Ich ignoriere meinen Instinkt neugierig zu sein und zwinge mich in das andere Zimmer zu gehen. Ich öffne eine Tür und finde einen blass aussehenden Remus der auf dem Bett ausgestreckt liegt. Die Kratzer an seinen Armen sind frisch. Mir wird ein wenig flau im Magen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie schmerzhaft das sein muss. James liegt in einem Sessel. Seine Brille sitzt noch immer schief auf dem Kopf und sein Mund steht offen. Peter hat sich zu einem Ball zusammengerollt, um auf den kleinen Sessel zu passen. Sirius liegt auf dem Boden zwischen dem Bett und dem Sessel, eine Hand in Richtung Remus ausgestreckt. Der Hartholzboden scheint ihn nicht im Geringsten zu stören.
Wenn ich nicht zu wütend auf sie wäre, wäre die Szene vielleicht süss oder ein leichter Fall für Erpressung. Ich schlage die Tür mit einem lauten Knall hinter mir zu. Das hat keinen von ihnen sonderlich gestört. Nun gut. Ich zücke meinen Zauberstab und schiesse rote Funken aus, die einen ohrenbetäubenden Knall verursachen.
Remus schiesst im Bett in die Höhe. Peter schreckt heftig aus dem Schlummer auf und gibt seltsame Geräusche von sich. Sirius springt auf und holt seinen Zauberstab hervor. James fällt aus seinem Stuhl und stösst sich die Brille vom Kopf. Ich verschränke meine Arme und versuche nicht zu lachen. Ich muss jetzt wütend aussehen, nicht amüsiert.
"Morgen Liebes." James kommt mit einem sanften Lächeln auf mich zu. Er will mich küssen, aber er hält inne als er meinen Blick sieht. Er weicht zurück.
"Komm schon Rotschopf. Sei nicht sauer auf Krone", wirft Sirius ein.
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. "Ich bin wütend auf euch alle!", rufe ich.
Ich wende mich an Remus. Er sieht mich traurig an. "Bist du wirklich so angewidert Lily?", flüstert er.
Ich zucke zurück. Worauf spielt er an? "Wovon redest du Remus?", frage ich.
"Ich verstehe", murmelt er düster. "Nicht jeder will mit einem Werwolf befreundet sein."
Das Lachen entweicht meinen Lippen, bevor ich sie zudrücken kann. Alle Jungs starren mich schockiert an und Remus sieht mich leicht verletzt an.
"Du hängst schon viel zu lange mit Sirius rum Remus", sage ich kopfschüttelnd. "Du entwickelst dich zu einer verdammten Dramaqueen. Es ist mir egal, dass du ein Werwolf bist. Glaubst du etwa jeder will mit einem Schlammblut befreundet sein? Wenigstens kannst du lügen. Jeder weiss was ich bin. Ich bin sauer, weil ihr Idioten es mir nicht gesagt habt!"
Sirius lachte auf. "Wir wussten, dass du das locker sehen würdest. Moony hier denkt er sei eine Art Monster oder so."
James gibt mir einen kurzen Kuss auf die Wange. "Ja es ist nur ein kleines Problem. Stimmt's Moony?"
Remus rollt mit den Augen grinst aber. "Können wir jetzt wieder schlafen gehen?" Peter spricht zum ersten Mal und lehnt sich an die Wand, er ist schon halb eingeschlafen.

Später an diesem Abend wirbelt mich James unter funkelnden Lichtern auf der Tanzfläche herum. "Habe ich schon erwähnt, dass du absolut umwerfend aussiehst Lils?", fragt er.
"Nur ungefähr hundert Mal", lache ich. Er wirft noch einmal einen Blick auf mein Kleid. Ich muss sagen ich sehe gut aus. Es ist schwarz und schmiegt sich an all den richtigen Stellen an meine Kurven, aber es ist immer noch lang genug, um stilvoll zu sein.
"Nur zur Kontrolle", zwinkert er.
"Dieser Ort sieht unglaublich aus", sage ich und hebe mein Gesicht zur Decke. Alles ist weiss wie Schnee. Eiszapfen hängen von der Decke und Kaskaden von Schneeflocken fallen von der verzauberten Decke und verschwinden in der Luft, bevor sie auf den Menschen darunter landen können.
"Ja", stimmt er zu. "Mum und Dad geben sich alle Mühe." Als das Lied endet zieht er mich zur Seite wo Remus und Peter unbeholfen neben dem Snacktisch stehen.
"Wo ist Sirius?", frage ich und nehme einen Schluck Butterbier.
"Vor etwa einer halben Stunde ist er mit einem sehr hübschen Mädchen verschwunden", sagt Remus. Ich rümpfe die Nase, weil ich dieses Bild nicht in meinem Kopf haben will. "Ich werde einige meiner Familienmitglieder besuchen. Willst du mitkommen Lily?", fragt James und sieht mich erwartungsvoll an.
"Ähm, ich glaube ich werde mich ein bisschen mit Remus unterhalten. Wir sehen uns gleich?", frage ich zögernd.
"Sicher", sagt er und küsst mich auf den Kopf. "Komm schon Wurmschwanz. Du kennst diese Leute. Zeit zu beeindrucken!"
Die beiden Jungen gehen weg und sehen in ihren Anzügen schöner und sauberer aus als sonst. Ich sehe wie Marlene von einem sehr gut aussehenden älteren Jungen herumgewirbelt wird. Gut gemacht Mar. Remus tastet mich mit seinen Augen ab. Ich schaue weg und hoffe, dass er nicht sieht, dass mit mir etwas nicht stimmt.
"Was ist los Lily?", fragt er und zieht die Augenbrauen hoch.
"Verdammt! Wie macht man das?"
Er wirft mir einen Blick zu und rollt mit den Augen. "Lily wir sind schon seit Jahren befreundet."
Ich zucke mit den Schultern als wäre es keine grosse Sache. "Ich fühle mich hier fehl am Platz. Sirius und James sind reinblütig. Du und Pete seid Halbblüter. Ich bin ein Schlammblut, stimmt's? James stellt mich immer wieder vor und jedes Mal, wenn jemand meinen Nachnamen hört, machen sie sich über mich lustig. Ich gehöre nicht hierher Remus." Das ist eine grosse Sache.
"Seit wann kümmert es dich was die Leute von dir denken?", fordert er zu wissen.
"Mich nicht, aber es ist, als ob die Leute im Hinterkopf denken, dass ich nicht zu James gehöre, dass ich... schmutzig bin." Und es ist wahr. Ich kann es in ihren Augen sehen, wenn sie mich ansehen. Die Art wie sie reagieren, wenn sie merken, dass meine Eltern Muggel sind. "Oh das ist ja nett", sagen sie alle herablassend zu mir.
"Lily wen kümmert das schon verdammt nochmal?", sagt Remus und sieht mich verwirrt an.
Meine Kinnlade fällt ein wenig herunter. "Du hast gerade geflucht Remus John Lupin. Wo ist Sirius? Er wird so traurig sein, wenn er erfährt, dass er es verpasst hat."
"Was verpasst?", fragt eine Stimme hinter mir.
Sirius schlendert um mich herum. Seine Haare sind durcheinander und sein Hemd ist offen. "Remus, er hat gerade geflucht!", sage ich aufgeregt.
"Was?", fragt Sirius und klammert sich an seine Brust. "Mein Baby!" Er stürzt sich auf Remus was mich zum Lachen bringt.
"Was ist so lustig?", fragt James und schlingt seine Arme um meine Taille.
Bevor ich antworten kann, schallt ein lauter Knall durch den Raum. Die Musik hört auf und alles wird still. James lässt seine Arme von meiner Taille fallen und Peter Remus und Sirius hören auf zu lachen. Wir drehen uns alle in die Mitte des Raumes. Zehn vermummte Gestalten stehen mit gezückten Zauberstäben in der Mitte des Raumes. James hält seinen Arm schützend vor mich, während wir alle unsere eigenen Zauberstäbe ziehen.
"Was für eine schöne Party!", gackert eine hohe Stimme aus der Mitte der vermummten Gestalten. "Wäre doch schade, wenn sie jemand kaputt macht!" Die Stimme scheint von einer Frau mit wildem dunklem Haar zu kommen. Ein Mann mit einem schlangenartigen Gesicht schlendert durch die Türen. Seine roten Augen mustern die Menschen, während er durch den Raum geht. Die Menschen weichen zurück und umklammern ihre Angehörigen. Sein bleiches Gesicht grinst die Menschen an und scheint die Angst zu geniessen die er in ihnen verursacht.
Ich habe ihn noch nie in natura gesehen. Ich habe ihn nicht einmal auf einem Foto gesehen. Aber niemand muss mir sagen wer das ist. Das ist Lord Voldemort.

Ephemeral | A Lily & James Story (deutsche Übersetzung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt