3 years later

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Lucia

Es waren drei Jahre vergangen seit ich meine Familie verloren hatte. Es war schrecklich, dass Leben ohne sie, ohne den Rat meines Vaters und das nörgeln meiner Schwester. Ich vermisste sie so sehr. Edward rief mich jeden Tag an, wenn er konnte. Wenn nicht schrieb er mir. Charlotte Rodriguez rief mich nicht wie abgemacht einmal im Monat an, sondern zweimal. Sie war toll, keine Frage, sie war eine gute Freundin für mich geworden. Sie hatte mir sogar zu jedem meiner Geburtstage, Geschenke geschickt. Es war überhaupt nicht selbstverständlich, da die Versandkosten schon so hoch waren, aber sie sagt sie will nicht, dass ich mich allein fühle, dafür war ich ihr unendlich dankbar. Ich hatte hier eine tolle Freundin gefunden, Viktoria. Sie geht auf die selbe Art Schule wie ich, aber sie besuchte den Musikbereich. Ich hatte nicht wirklich Kontakt zu meinem Kurs, alle waren irgendwie die ganze Zeit in ihrer eigenen Welt, wie Künstler nur mal waren. Aber mit Dominik kam ich gut zurecht, er hatte sich im Bereich Ölgemälde spezialisiert und hatte großes Interesse an der modernen Kunst, was mich beeindruckte. Zwischen uns hätte mehr werden können und ja ich habe es versucht, hätte er mich mich mit einer Entschuldigung nicht abgewiesen. Woher hätte ich den wissen sollen, dass er nicht auf Frauen steht? Er hätte es mir von anfang an sagen sollen, dann hätte ich mich nicht so blamiert, nicht das ich versucht hätte ihn zu küssen, den genau das habe ich getan. Ich hätte mich Ohrfeigen können. Warum hatte ich es nicht vorher gemerkt? Das einzige was er getan hat war verschmitzt zu Lächeln und sich geehrt zu fühlen, wie er es so schön nannte und dann kam die Entschuldigung. Was auch immer... Nicht das ich enttäuscht war, ich war eher froh, dass er nicht zu haben war. So lenkte mich niemand von meiner Leidenschaft ab. Ich hatte alle Bilder, die ich Zuhause gemalt hatte, nicht bekommen. Es war laut Edward gefährlich gewesen zurückzukehren. So lag alles immer noch auf dem Dachboden. Ich hatte einige Bilder hinter dem Holzschrank versteckt, damit Dad sie nicht sieht. Was für Bilder? Die von meinem ersten Mal. Davis... ich hätte sie wegschmeißen sollen, ich will nicht, dass jemand etwas falsches denkt. Er war nur für eine Nacht und ohne Bedingungen mit mir zusammen gewesen. Er hatte mich wahrscheinlich schon vergessen und es hatte keinerlei Bedeutung mehr. Die einzige, die die Bilder gesehen hatte war Lily und sie hat es sich nicht wirklich angeschaut oder Beachtung geschenkt. Sie war einfach da gewesen und hatte es gesehen und keine Fragen gestellt. Sie hatte sich ohnehin nie um meine Kunst geschehrt, sie war immer in ihrer eigenen Märchenwelt. Hätte Dad sie gesehen, hätte er fragen gestellt und die wollte ich nicht beantworten. Ich wollte niemandem mein Geheimnis verraten.
,,Wusste ich doch, dass du wieder arbeitest." hörte ich Toria hinter mir schimpfen. Sie wohnte drei Apartments weiter von mir und ich hatte ihr meine Schlüssel anvertraut sowie sie mir ihre.
,,Ist was passiert?" hackte ich nach.
Toria war wunderschön, sie hatte glattes langes blondes Haar, eine natürliche Bräune und strahlend blaue Augen mit denen sie mich musterte.
,,Du hast weder auf meine Nachrichten noch auf mein Klingeln an deiner Tür reagiert Madame!" schimpfte sie.
Sie war so dünn und hatte nur leichte Kurven. Das Packet das sie in der Hand hielt war ziemlich groß und wirkte riesig so wie sie es hielt.
,,Der Paketbote hat sturm geklingelt, dann ist er zu mir gekommen, weil er es aufgegeben hat. Er hatte anscheinend extra unten beim Security nachgefragt ob du da bist und er war beleidigt als du die Tür nicht geöffnet hast.", erklärt sie ohne einmal Luft zu holen.
,,Ich arbeite an meiner Abschlussarbeit. Diese Präsentation von einer ganzen Galerie und das virtuelle ist sehr wichtig."
,,Aber auf der Welt anwesend zu sein ebenso Lucia, du schaltest komplett ab. Was wenn der Feueralarm losgeht und du Kopfhörer draufhast und völlig versunken bist?" schimpft sie fast schon. Sie machte sich zu viele Gedanken. Ich liebte es das sie sich sorgte und lächelte leicht.
,,Dann sterbe ich wohl", sagte ich achselzuckend.
,,Ihr Künstler habt echt eine an der Macke", sagte sie Kopfschüttelnd.
,,Als ob ihr Musiker da anders wärt. Ihr seid Verrückter", konterte ich.
,,Ohh da hast du recht", stimmte sie mir zu.
Sie sprang auf mein Sofa und ließ das Packet neben sich fallen. Einige Blätter die ich auf das Sofa gelegt hatte, flogen rum und ich sah sie entgeistert an.
,,Also essen wir Pizza?" fragte sie mich.
,,Ich kann mich nicht erinnern dich eingeladen zu haben", murmelte ich.
,,Seit wann brauche ich eine Einladung?" fragte sie mich entgeistert. Ich nickte ihr zustimmend zu, da hatte sie leider recht. Das hieß sie störte mich jetzt bei meiner Arbeit.
,,Komm schon Lucia, du bist fast fertig. Hast du Angst durchzufallen? Das ist unmöglich, du bist so gut! Deine Kunst war sogar in der Londoner Zeitung und wird im Museum ausgestellt. Wo ist das Problem?" fragt sie mich scheinbar verwirrt.
,,Ich kann hier alles drauf klatschen was ich will und ich würde bestehen, ich will aber mit mir selber zufrieden sein", erklärte ich.
,,Du weißt schon, dass du das letzte mal vor drei Monaten mit dir zufrieden warst und das nach einem halbem Jahr Projekt arbeit?" fragt sie mich entgeistert.
Ich nickte.
,,Ein Künstler hat nun mal Lücken und Blackouts. Im Notfall bin ich halt nicht zufrieden", seufzte ich.
Sie nickte zufrieden. Ich liebte es mit ihr Amerikanisches Englisch zu sprechen, Britisch Englisch war nicht so meins. Da sie auch aus Amerika war, fiel es mir leichter mit ihr zu sprechen als mit anderen. In den drei Jahren, die ich hier verbracht habe, haben wir unsere Familien kaum erwähnt. Ich aus Angst, ich könnte zu viel verraten und Toria erzählte auch kaum etwas, sie ging aber immer wenn wir Ferien hatten zurück nach Amerika. Ich hingegen blieb hier. Sie hatte mich nur einmal gefragt, warum ich nicht meine Familie besuchte und ich hatte ihr einfach gesagt, dass meine Eltern Tod waren und ich nur noch Bekannte hatte zu denen ich erstmal nicht mehr wollte. Sie hatte es so hingenommen. Ich wusste, dass sie einen älteren Bruder und eine viel jüngere Schwester hat, ihre Eltern leben beide noch und arbeiten irgendwo in Nordamerika. Ich wusste nicht wie ich nach dieser Zeit weiter den Kontakt zu ihr halten konnte. Keine Ahnung was Edward nach allem erwartete, vielleicht würde ich für immer hier bleiben. Ich wusste einfach nicht, was ich tun sollte sobald die Schule vorbei war. Ich konnte hier anfangen zu arbeiten, aber London war nie wirklich ein Zuhause für mich. Es war eher ein Zufluchtsort. Ich wollte nach Hause und wusste einfach nicht weiter.
,,Erde an Lucia", stöhnte Toria.
,,Ich habe dich wirklich im falschen Moment erwischt was?" fragte sie mich.
,,Was ist hier drin?" fragte sie neugierig und deutete auf das Packet neben ihr.
,,Neue Pinsel, Bleistifte, Farbe und einige Leinwände."
,,Acrylfarbe nehme ich an?" hackte sie nach.
,,Ja ich persönlich bin ein großer Fan von Bleistiften und Tablett", seufzte ich.
,,Ja auf dem Tablett lässt es sich wirklich gut malen", bestätigte Toria, die manchmal selber auf ihrem rum kritzelte und gar nicht so schlechte Bilder zauberte. Sie malte einfach Bilder aus dem Internet nach und es gelang ihr ziemlich gut.
,,Also, ich habe bereits ein Ticket nach Hause gebucht. Ich habe auch schon das Apartment gekündigt. Was ist mit dir?" fragte Toria mich mit hochgezogenen Augenbrauen.
,,Ich habe mich noch nicht entschieden Tory. Das Apartment gehört einem Freund der Familie und ich darf hier leben. Zu wem soll ich? Ich glaube, ich werde hier bleiben. Hier bin ich frei und ich liebe die Freiheit", seufzte ich.
,,Dann weiß ich zumindest wo ich dich finde. Das heißt für mich, dass ich öfters mal nach London kommen werde um dich zu besuchen, aber du kommst auch mal, meine Mutter würde ausrasten wenn sie dich sieht. Sie ist sehr modern, weißt du, sie würde dich lieben und mit keine Ahnung wie vielen Stars vergleichen, weil du so hübsch bist."
Ich lächelte.
,,Du weißt ich mag Klatsch und Tratsch nicht", erinnerte ich sie.
,,Ach manchmal geht es klar. Ich sehe sie ja nicht oft und ist auch nicht so, dass wir zu unserer Stiefmutter eine sehr innige Beziehung hätten. Sie ist wie eine Mutter, keine Frage, aber es ist schon distanziert. Sie ist tatsächlich eher so eine nette Tante als Mutter", erklärt sie. Ja das hatte sie mir schon öfters erzählt. Ihre Mum war gestorben als sie vier war und einige Jahre darauf hat ihr Dad erneut eine nette Frau geheiratet und sie hat dann einige Jahre später eine Tochter bekommen. Mit ihr hatte Toria eine sehr innige Beziehung und anscheinend Ihr Bruder auch.
,,Wegen ihr, hatten wir zumindest nicht das Gefühl, das uns eine Mutter fehlt", sprach sie weiter.
,,Mein Vater hat mir nur Kindermädchen besorgt. Er selbst hat nur einmal geheiratet und das war nicht unsere Mutter sondern viele Jahre vor meiner Zeit." das ich es jemals erzählen würde, hätte ich niemals gedacht. Ich hatte es bisher nicht übers Herz gebracht.
,,Deine Mum ist bei deiner Geburt gestorben oder?" fragte sie Interessiert. Ich ließ meinen Pinsel in das Wasserbecher sinken und drehte mich zu ihr um.
,,Ja genau, ich hatte nur ein Foto von ihr und das ist in Amerika zurück geblieben", sagte ich traurig. Warum war ich überhaupt traurig darüber? Ich hätte sie jederzeit malen können und ich hatte es nicht getan. Ich hatte alle zurück gelassen und versucht darüber hinweg zu kommen.
,,Das Leben ist manchmal echt grausam. Keine Ahnung wie meine Mum war, ich weiß das ich sie Mumma genannt habe und das sie wunderschön war, aber ansonsten kenne ich sie nicht und das finde ich so traurig. Ich habe trotzdem noch Erinnerungen an denen ich mich festhalten kann. Ich war immerhin vier, aber du weißt gar nichts", sagte sie sehr bedrückt. Ich lächelte sie warm an.
,,Tja so ist nun mal das Leben Toria. Du sagtest etwas von Pizza?" fragte ich lächelnd und zauberte ihr somit auch ein leichtes Lächeln ins Gesicht.

Difficult Choice, Eiskalte LügenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt