Einen Toilettenraum finde ich recht schnell. Als ich die Tür öffne, schlägt mir der typische Toilettengeruch entgegen. Mein Magen protestiert. Ich zwinge mich weiter durch die Nase zu atmen, da die Nase die Luft filtert, bevor sie in die Lunge geht. Beim Atmen durch den Mund gelangt die Luft ohne Filter in die Lunge. Mir wird schwindelig. Ich nehme mir Handtrockentücher und drehe den Wasserhahn damit auf. Ich halte meine Hände unter das kalte Wasser, seife sie ein, wasch die Seife wieder ab. Meine noch nassen Hände lasse ich über mein Gesicht gleiten. Die Frische wirkt beruhigend. Mein Herzschlag beruhigt sich langsam. Meine Atmung geht immer noch schwer.
Du versuchst dich grade hier zu beruhigen, wo jeder beliebige Mensch auf den Boden gepinkelt haben könnte? Wo hunderte von Menschen ihr Geschäft erledigen? Glaubst du wirklich, nur weil du dir deine Hände und dein Gesicht gewaschen hast verschwinden die Bakterien? Bist du wirklich so naiv?
"Hör auf.", flüstre ich um die Stimme endlich loszuwerden "Verschwinde." Ich schaue mein Spiegelbild an, was mich verächtlich anzustarren scheint. Mein Herzschlag wird wieder schneller und das flaue Gefühl in meinem Magen wächst. Ich halte mich am Waschbecken fest um nicht hinzufallen. Ich schließe die Augen. Atme tief durch. Ein. Aus. Ein. Aus. Ein. Aus. Ein.
Eine Toilettenspülung geht und ich zucke zusammen. Ich versuche schnellstmöglich den Raum zu verlassen, damit ich nicht bemerkt werde. Zu spät.
"Alles gut?"
Ich brauche mich nicht einmal umzudrehen, um die Stimme zu erkennen, also bleibe ich mit dem Rücken zu ihm stehen. Ich nicke.
"Mit wem hast du geredet?", will Nate wissen. Ich antworte nicht.
"Mit dir selbst?", er wirkt belustigt. Ich reagiere nicht.
Wieso machst du nichts? Er macht sich über dich lustig. Lass dir das nicht gefallen.
Langsam drehe ich mich um. Ich schaue ihm direkt in die Augen. Beziehungsweise in sein rechtes Auge, ich meine es ist rein biologisch nicht möglich mit den Augen zwei Punkte gleichzeitig zu fixieren. Eigentlich hatte ich mir die Worte zurecht gelegt, aber jetzt wo ich ihm direkt gegenüber stehe weiß ich nicht mehr was ich sagen wollte. Ich öffne meinen Mund. Schließe ihn wieder. Nate runzelt die Stirn. Er wirkt verwirrt, genauso wie ich mich fühle. Mir wird schwindelig. Ich stütze mich an der Wand ab, die zum Glück nicht weit von mir entfernt ist. Mein Sichtfeld verschwimmt. Ich lasse meine Augen dennoch weiterhin offen, um Nate nicht zu zeigen, dass irgendwas nicht stimmt. Ich sehe, wie sich seine Gestalt nähert.
"Soll ich Hilfe holen.", seine Stimme klingt blechern und wie von ganz weit weg. Ich schüttle den Kopf.
"Es geht gleich wieder.", murmle ich. Ich merke wie mein Körper an der Wand nach unten rutsche. Etwas umschlingt meine Hüfte und hindert mich daran auf dem versifften Boden aufzukommen. Ich schließe die Augen. Eine kühle Hand hebt meinen Kopf von der Wand ab und legt ihn auf etwas deutlich Weicherem ab. Ich weiß, dass mein ganzes Gewicht auf Nate lastet, kann mich aber nicht bewegen. Er bewegt sich mit mir. Etwas feuchtes wird auf meine Stirn gelegt. Es tut gut. Nach einer Weile wird mein Blick wieder klarer. Gefühl kehrt in meine Gliedmaßen zurück. Mein Kopf ist an Nates Brust angelehnt. Ich spüre seinen ruhigen Herzschlag. Es beruhigt mich und am liebsten würde ich noch ein Weilchen in dieser Position verharren, bis mir klar wird was ich da grade mache.
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Diese verregneten Tage
RomanceMika ist 17 Jahre alt und erwartet von seinem Leben nicht besonders viel. Aufgrund von Geld- und anderen zahlreichen Problemen wechselt er erneut die Schule, doch Hoffnung auf Besserung hat er nicht. Wieso auch? Entgegen seiner Erwartung ändert sich...