| Harry |
Ich weiß nicht, wie oft ich Emma gefragt hatte, ob ich sie alleine lassen konnte. Irgendwann hatte sie mich allerdings entnervt angefaucht und mir befohlen, dass ich endlich verschwinden und den Wagen holen sollte.
Sie war die ganze Zeit über so tapfer. Sie gab nicht vor, stark zu sein, wie sie es sonst immer getan hatte. Sie hatte Angst, aber stellte sich all diesen Erinnerungen trotzdem. Dafür bewunderte ich sie — ebenso dafür, dass sie hier mit mir stand und sich mir geöffnet hatte, nachdem ich so viel Mist gebaut habe.
Vergebung war nicht Emmas Stärke, aber an diesem Tag wuchs sie über sich hinaus.Sie wollte gerade anfangen, sich durch das Wohnzimmer zu arbeiten, als sie mich weggeschickt hatte. Ich hatte ohnehin das Gefühl, dass Emma eine Weile für sich gebrauchen konnte und auch stark genug war, das zu ertragen, also ging ich. Trotzdem beeilte ich mich, um schnell wieder bei ihr zu sein.
Mein Wagen stand tatsächlich noch an Ort und Stelle. Dieses Mal zu meiner Überraschung sogar auch noch unversehrt. Dafür wurden mir dieses Mal abfällige Blicke zuteil, weil ich in das Auto einstieg und sofort wieder von innen verriegelte. Ich konnte es ihnen nicht verübeln.
Als ich wieder zurück zu Emmas Elternhaus kam, stand sie dort bereits wieder im Türrahmen und wartete auf mich.
„Bist du etwa schon fertig?", fragte ich sie vorsichtig.
Nachdenklich sah sie mich an.
„Ich glaube schon. Ich glaube, ich war schon fertig, als ich mich überwunden habe, mit dir hierherzukommen. Ich wollte mir einfach nur beweisen, dass ich es schaffe, nochmal hier zu stehen."Das bezweifelte ich stark, aber so direkt wollte ich es nicht sagen. „Wenn du das sagst. Und du willst überhaupt nichts mitnehmen?"
Stur schüttelte Emma den Kopf. Seitdem sie zuvor kurzzeitig von ihren Emotionen überrollt worden war, waren ihre Augen glasig. Sie wirkte, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen wollen.„Ich hatte hier gerade eine Weile Zeit, um nachzudenken, Harry", sagte sie, ohne auf meine Frage zu reagieren. „Ich wollte eigentlich über meine Kindheit nachdenken und etwas wehmütig werden, aber dann bist da immer wieder du in meinem Kopf aufgetaucht."
Gerade wollte ich Emma noch dazu anhalten, dass sie nicht wieder vor ihren Gefühlen, die die Vergangenheit in ihr auslösten, davonlaufen sollte — doch plötzlich war ich ganz Ohr.„Ich?", fragte ich nach, in der Hoffnung, sie würde schnell weiter über uns sprechen. Und das tat sie tatsächlich.
„Nein, eher ich selbst. Wie ich mit dir umgegangen bin. Als wir uns das letzte Mal gesehen haben, damals in meiner WG. Ich glaube, ich war nicht ganz fair zu dir. Ich habe dir nicht zugehört, weil ich gar nichts anderes mehr gesehen habe. Du warst nur wieder ein Mensch, der nicht bleiben will und ganz anders handelt, als er es versprochen hat. Aber immer gehen alle. Jeder will weg von mir und ich weiß einfach nicht, was ich falsch mache."
Müde blinzelte Emma und schon fanden doch einige Tränen den Weg über ihr Gesicht. Das war einer der wenigen Momente, in denen sie ihren Vestand außen vor und ihre Gefühle sprechen ließ.„Aber du hast doch überhaupt nichts falsch gemacht, ich war —"
„Ich war noch nicht fertig", fiel sie mir ins Wort. „Ich hab' damals gesagt, dass du nicht gut genug für mich wärst. Aber bestimmt hast längst gewusst, dass da mein gekränktes Ego gesprochen hat. Viel eher hab ich mich gefragt, warum auch du schon wieder vor mir wegrennst. Ich war mir sicher, dass du früher oder später die Biege machst, wenn du schon am Anfang zu Camille rennst. Also wollte ich dir zuvorkommen. Und ich hab mir wirklich lange eingeredet, dass das die richtige Entscheidung war, aber... Jetzt stehst du hier. Ausgerechnet hier."
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Big Tip || h.s. ✓
Fanfic»Mein ganzes Leben besteht aus Erwartungen! Nicht aus meinen Eigenen, ich erwarte längst nichts mehr von mir. Aber jeder Andere sieht mich an und glaubt zu wissen, was er von mir verlangen kann. Du denkst vielleicht, es wäre schlimm, dass die Leute...