Ich reibe mir die verschlafenen Augen und betrachte mich mit schlaffen Augenlidern im Spiegel. Vergeblich versuche ich meine Mundwinkel zu heben. Ich hasse es zu verschlafen und dann auch noch in der ersten Stunde eine Klausur zu schreiben. Hat Gott denn gar kein Erbarmen?
Meine Augenringe stechen heute extrem hervor, was wahrscheinlich daran liegt, dass ich gestern noch ganz lange für die Matheklausur gelernt habe. Mathe war noch nie mein Fach und dementsprechend habe ich versucht, mir diese ganzen Formeln in den Kopf zu hämmern. Ich denke es hat funktioniert, Hauptsache ich bekomme nichts Schlechteres als eine Eins.
Jemand klopft gegen die Tür. ''Was machst du denn so lange?''''Ich bin eingeschlafen, tut mir leid.''
''Was? Auf der Toilette?''
''Mama!''
Ich rolle mit den Augen. Mütter haben auch keine Ahnung. Nervt nur meine Mutter so oder ist das normal?
Ich höre noch wie sie sich langsam entfernt und dabei seufzt:''Beeil dich. Dein Bruder wartet schon.''Schnell drehe ich den Hahn auf und wasche mir das Gesicht mit eiskaltem Wasser, herrlich. Ohne mein Gesicht abzutrocknen, laufe ich aus dem Badezimmer zu meinen Kleiderschrank und knipse das Licht an. Dieselbe Frage wie jeden Morgen: Was ziehe ich bloß an?
Er ist voll bepackt mit verschiedenen Sachen und Farben und dennoch habe ich das Gefühl nichts zum Anziehen zu haben.
''Martina!''Panik breitet sich in mir aus und ich schaue auf die Uhr. Super Martina, klasse, du kommst noch zu spät! Ohne zu sehen, was ich mir herausgezogen habe, laufe ich zurück ins Badezimmer und ziehe mich um.
Es geht eigentlich. Ein beigen, langen Pulli und darunter eine schwarze Leggins mit weißen Rentieren.
''Martina, muss ich hoch kommen?''
''Nein! Eine Sekunde noch.'' Ich seufze leise. Dann ziehe ich mir schnell meine dicke Winterjacke an, Mütze und Schal, nehme meine Tasche und renne schnell die Treppen herunter. Louis und Mama sitzen am Tisch und sehen ungeduldig auf, als ich in die Küche komme:''Na los, beeil dich.''
''Wo ist Papa?'', frage ich.
''Der ist schon zur Arbeit – irgendein wichtiger Termin.'', sie rollt mit den Augen und versucht damit die Traurigkeit, die ihre Stimme überfällt, zu unterdrücken. Sie fühlt sich nicht mehr geliebt von Papa, sie hat das Gefühl er hätte nur noch seine Arbeit im Kopf.Ich setze mich hin und falle fast über mein Frühstück, wenn mein Magen sprechen könnte, würde er mir wahrscheinlich unendlich dankbar dafür sein.
Darauf bedacht nicht die Uhrzeit zu vergessen, lege ich mir zwei Salamischeiben auf mein Brot, nehme den Plastikbecher mit dem heißen Schwarztee und greife nach Louis Hand.
''Na komm Kleiner, wir sind spät dran.''''Wie immer.'' stöhnt er und reißt seine Hand weg. Er fühlt sich inzwischen zu cool um die Hand seiner großen Schwester zu halten, wobei er das früher gerne getan hat.
Wir laufen durch den verschneiten und - wie ich finde – märchenhaften Vorgarten. Wenn Mama mal zu Hause ist, kümmert sie sich gerne und gut um unseren Garten. Sie liebt diese Arbeit im Gegensatz zu ihrer wirklichen Arbeit.
Dann laufen wir an den schönen, großen Häusern vorbei – die aussehen als ob sie komplett vom Schnee überdeckt wären. Ich liebe diese Jahreszeit einfach so sehr – es ist unglaublich wie schön Schnee sein kann. Am Ende der Straße, da wo nur die wirklich reichen Unternehmer wohnen, führt eine Brücke in den beliebten Park – ich liebe diese Brücke. Ich hab mich nie wie etwas Besonderes gefühlt weil meine Eltern mehr Geld haben als Andere, dennoch fühlt es sich an als ob ich in eine andere Welt eintauche, sobald ich über die Brücke gehe – in welche ist mir selbst überlassen.
Es ist manchmal gut in einer kleineren Stadt zu wohnen, denn so ist die Schule nicht allzu weit von unserem Haus entfernt. Vor allem weil die meisten Schüler aus unserem Viertel, den Bonzen, kommen.
Ich schreibe Emilia, meiner besten Freundin, gerade eine SMS, während Louis sich nach unten beugt um Schnee zu sammeln und eine Schneekugel zu bauen. Auch wenn er andauernd behauptet er sei schon Erwachsen, sehe ich keine wirklichen Anzeichen dafür – eher im Gegenteil er benimmt sich in meinen Augen wie ein kleiner Junge, meiner Meinung nach viel zu jung für sein eigentliches Alter. Ich lache als ich sehe wie durchnässt Louis Kleidung ist und strecke ihm mit einer lächerlichen Grimasse die Zunge heraus.
Auch wenn ich Schnee wunderschön finde, ist meiner Meinung nach die Sonne immer noch das Schönste. Ich liebe es einfach, wenn diese warmen Sommerstrahlen auf mein Gesicht leuchten und mich Wärme umhüllt – ich mich geborgen fühle. Aber das ganze Jahr über würde ich es nicht aushalten Sommer zu haben – der Herbst, Winter und auch Frühling gehört einfach dazu.
Plötzlich fällt mir auf, dass ich meine Handschuhe völlig vergessen habe. Mist! Egal, muss ich es halt ohne durchstehen heute.Louis zielt mit dem Schneeball in meine Richtung, dass erkenne ich auch ohne ihn anzusehen. Dennoch schaue ich erschrocken von meinem Handy auf und sehe ihn drohend an:''Wag es ja nicht!''
Zu spät. Während ich das noch sage, fliegt der Schneeball direkt in meine Richtung. Mir kommt es wie ein mieser Filmtrick vor – wie der Schneeball in Zeitlupe auf mich zusteuert und ich versuche ihm auszuweichen, doch dazu reagiere ich viel zu spät.
Platsch, ich kriege den Schneeball volle Kanne ins Gesicht. Vor Kälte zitternd, kreische ich und wische mir das kalte Zeug vom Gesicht ab. Nur in wenigen Sekunden fühlt sich mein Gesicht betäubt von der Kälte an und weitere Sekunden führen dazu, dass es anfängt zu brennen. Wie erstarrt bleibe ich stehen und ziehe scharf die Luft ein. Dann renne ich schon auf ihn los, Louis rennt lachend vor mir weg – glücklich, strahlend, schadenfroh. Aber so leicht wird er mir nicht davon kommen, schließlich ist er mein kleiner Bruder.''Oh, wenn ich dich Zwerg in die Finger kriege, bist du dran!'', schreie ich während ich ihm hinter renne durch die verschneiten Straßen – vorbei an verwirrten und schimpfenden Passanten, da Louis sie einfach angerempelt hat.
Als ich nach einiger Zeit denke, dass ich ihn verloren hätte, sehe ich plötzlich seine blaue Mütze hinter einem Baum hervortreten. Ich schleiche mich von hinten mit einem Schneeball in der Hand an und als ich unmittelbar hinter ihm stehe, werfe ich den Schneeball. Aber er ist im Gegensatz zu mir flink und rechtzeitig zur Seite gesprungen, er lacht mich kurz aus und rennt dann weiter.
''Das gibt Rache! Dich kriege ich!'', ich renne wieder hinterher, so leicht würde er mir nicht davon kommen! Louis dreht sich beim Rennen um und streckt mir die Zunge:''Oh, hab ich Angst!''
Und dann fällt er auch schon hin. Ich kichere, als er sich stöhnend den Schnee weg klopft und aufsteht. Sein Blick trifft mich scharf, denn in der Ecke stehen ein paar Mädchen in seinem Alter und kichern.Merke: Eins A mit Sternchen, weil du deinen kleinen Bruder vor ein paar Mädchen blamiert hast! Klasse!
''Wie schafft man es nur gegen einen Baum zu rennen?'', frage ich, als ich bei ihm angekommen bin und möchte nach seiner Hand greifen, aber er wirft mir nur einen verächtlichen Blick zu, steht alleine auf und läuft den restlichen Schulweg mit deutlichem Abstand vor mir. Was für eine Zicke!, denke ich und widme mich wieder meinem Handy.
Nachdem ich Emilia geschrieben habe, dass ich heute einwenig später da sein werde und sie ruhig schon einmal gehen kann ohne auf mich zu warten, stecke ich mein Handy wieder ein und schaue auf. Doch als ich bemerke, dass Louis weg ist, schüttele ich lächelnd den Kopf. Er nimmt es mir echt übel, dass ich ihn blamiert habe – dabei waren es irgendwelche komischen Mädchen, die aussahen, als ob sie nichts für ihn wären. Ich würde es einfach heute Nachmittag klären, wenn ich wieder zu Hause bin und mich entschuldigen, so lange er sich für seinen miesen Schneeball entschuldigt.
DU LIEST GERADE
Zwischen zwei Welten.
Fanfiction''Bitte. Ich flehe dich an, nimm es.'' Sie zögert. Doch dann löst sie meine Hände sanft von dem Buch und nimmt es an sich. Ich sehe ihren neugierigen Blick, diese Frage die ihr auf der Zunge liegt, die sie aber nicht stellt - aus Angst. Ich lächle t...