Zwischen zwei Welten - Teil 20

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Ich blättere lustlos in meinem neu angefangen Roman herum, aber irgendwie will es mir nicht gefallen. Da ich nun die Hälfte des Buches erfolgreich gelesen habe, bin ich mir auch sicher, dass es das nicht mehr wird - aber ich hasse es Bücher nicht zu ende zu lesen. Hin und her gerissen, was ich nun tun soll, wird mir die Entscheidung abgenommen. Meine Großmutter ruft mich.

''Ja?'', ich lege seufzend das Buch an seinen Platz und schlängle mich durch die Kunden in der Buchhandlung nach unten zu meinen Großeltern. Schnell versuche ich den Gedanken an das Buch zu verdrängen, ich hasse es!

''Komm bitte schnell runter!'', ruft sie. Ich kann mir schon denken was sie von mir will. Also werfe ich mir gleich meine Tasche über die Schulter, hülle mich in Schal, Mütze und Handschuhe. Es ist nur am schneien, mir scheint dass der Schnee 24 Stunden fällt, natürlich ist das Ganze schön anzusehen, aber raus gehen? Ohne drei Schichten fette Pullis kannst du gleich zu Hause bleiben. Ich seufze, als ich schon von weitem den langen Einkaufszettel in den Händen meiner Großmutter sehe.

''Marti, würdest du das..'', sie hebt den Zettel mit gequältem Blick,''..für mich übernehmen? Ich hab viel zu tun.'' - ''Natürlich. Her damit!'', ich nehme ihr den Zettel weg und lächle, als sie mir einen Kuss gibt ''Du bist ein Schatz.''

''Das weiß ich doch, Großmutter!'' Sie lacht:''Von wem hast du denn gelernt so überzeugt von dir zu sein?''

''Philipp.'', flüstere ich und schüttele grinsend den Kopf. Vollidiot!

''Was? Schatz du weißt, meine Ohren sind nicht mehr die Besten..''

''Niemanden, Großmutter. Ich war schon immer so..'', sage ich nun lauter und füge flüsternd hinzu,''..nur jemand musste mir sagen, dass es okay war so zu denken.''

''Was?''

''Ich mach mich mal auf den Weg!'', ich küsse Großmutter Chiara und rufe beim Hinausgehen,''Auf auf in den Tod!'' Ich ergattere verwirrte, belustigte und seltsame Blicke was mir aber sichtlich egal ist. Großvaters Lachen ist noch einige Sekunden zu hören, dann schließen sich die Türen der warmen Buchhandlung und ich stehe mitten auf einer weißen ellenlangen Decke. Am liebsten würde ich mich auf den Boden werfen und einen Schneeengel machen, aber ich reiße mich noch zusammen. In einer schnellen Bewegung hole ich meine Kamera hervor, schieße ein Foto vom dunklen Himmel und em leicht erhellten Schnee, dazu noch die schneebedeckten Häuser und Bäume. Einfach perfekt. Die Sonne verlässt uns gerade, innerlich weine ich ihr nach. Seufzend stecke ich die Kamera zurück und laufe durch die dunkler werdenden Straßen Cremonas. Manche Leute grüßen mich freundlich und ich grüße zurück, das ist üblich. Meine Gedanken konzentrieren sich nur auf das hier und jetzt, zum ersten mal seit Wochen. Ich sehe mir die Menschen an, an die ich vorbeigehe, werfe einen Blick in die leuchtenden Schaufenster und vergrabe mein Gesicht immer mehr in meinem Schal.

''Attacke!'', ruft plötzlich jemand und ich sehe, wie mehrere Jungs hinter Gebüschen und Autos hervorspringen und mich umzingelt mit Schneebällen bewerfen. Ich schreie auf und verstecke mich hinter meinen Händen, jemand rennt gegen mich und wirft mich mit sich um. Dann landet ein Gewicht auf mir, ich schreie erneut auf und öffne die Augen. Zwei goldene Augen sehen mich an - er reißt verblüfft die Augen:''Küken? Was machst du denn hier?'' ''Das könnte ich dich auch fragen. Geh runter von mir, du Idiot!'', ich schlage auf ihn ein, aber er grinst nur und geht mit seinen Händen durch meine Haare:''Das nenn ich wohl Schicksal, was?''

''Träum weiter!''

''Gerne.'', er zwinkert mir zu, springt auf und hilft dann auch mir hoch. Mit einer Handbewegung bringt er die Anderen dazu, zu gehen und sieht mich an. ''Was ist? Hab ich was im Gesicht?'', zische ich. Er grinst ''So einiges. Und weißes Zeugs im Haar.'' Ich höre die perverse Zweideutigkeit aus dem letzten Satz und verdrehe genervt die Augen ''Was tust du hier?''

''Unschuldige Mädchen abschleppen. Hätte wohl bei dir zwei mal hinsehen müssen.'' Ich versuche nicht beleidigt zu sein ''Wie viele schon?''

''Was?''

''Wie viele hast du schon abgeschleppt?''

''Man, kücken, ich mach mich nur lustig über dich. Wir haben nur ein paar unschuldige Passanten attakiert. Also, was machst du hier um diese Zeit? Das ist gefährlich.''

''Oh tut mir leid. Gibt es irgendeine Regel, die mir das verbietet?''

''Hat dein Freund Schluss gemacht oder was bist du so angepisst?'' ''Er ist nicht mein Freund! Er ist nur ein Freund.'', sage ich laut. Zu laut. Philipp sieht mich mit einem unerklärlichen Blick an ''Oder so.''

''Und nein, ich bin..'', ich schlage mir noch Schnee von den Klamotten,''angepisst, weil ich völlig durchnässt bin!''

''Dann komm mit, ich mach dich warm.''

''Wahrscheinlich willst du mich heiß machen.''

''Na klar, ich bin heißer als ein Ofen.''

''Der war schlecht.''

''Ich weiß. Scheiße.'', er zieht mich durch die Straßen,''Ich lass mir was anderes einfallen, erst mal kümmere ich mich um dich.''

''Schwester Philly?'', ich grinse.

''So ist es.''

Zwischen zwei Welten.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt