Zwischen zwei Welten. - Teil 14

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Ich sehe mich im Spiegel an und erschrecke. Meine Wangen glühen und meine Haare sehen aus wie elektrisiert, als wäre ich in einem Sturm gelandet, der meine Haare, in alle erdenklichen Richtungen stehen lässt.

Kennt ihr das, wenn eure Haare sich von jetzt, auf gleich so schrecklich verändern? Als ich Umbertos Haus betreten hatte, waren sie noch glatt und schön. Und nun das. Verzweifelt sehe ich mich in diesem riesigen Badezimmer um, meine Tasche liegt irgendwo unten bei diesem zugedröhnten Philipp. Ich hab vergessen sie mit hoch zu bringen, verdammt! Plötzlich reiße ich die Augen auf, was ist wenn der Perversling sich an meiner Tasche vergreift? Man, bin ich blöd! Wie kann ich die auch einfach da unten stehen lassen? Ich sage mir einfach, zur Beruhigung, dass er zu zugedröhnt ist um sich an meiner Tasche zu vergreifen und selbst wenn, mehr als zwanzig Euro habe ich auch nicht mit. Mein Handy ist bei mir.

Ich sehe mich um, was ziemlich erbärmlich aussehen muss, denn die Tür ist zu und ich bin alleine in diesem riesigen Badezimmer – aber sicher ist sicher. Dann suche ich in den Schränken nach einer Haarbürste. Die findet sich schnell, denn der ganze Schrank ist voller verschiedener Bürsten und Kämme. Ich lege die Bürste beiseite und wasche mir eben mein Gesicht mit eiskaltem Wasser, trockne es ab und kämme mir dann die Haare, damit sie nicht mehr in alle Richtungen abstehen.

Plötzlich reißt jemand die Tür auf, ich erschrecke mich und schreie auf. Emilia steht hinter mir, ich sehe sie mit tödlichem Blick im Spiegel an. Ich hab völlig vergessen abzuschließen – was ist wenn Umberto gekommen wäre? Er hätte bestimmt gedacht ich wolle ihm irgendetwas klauen, er denkt wahrscheinlich, dass ich auch zu diesen Kiffern gehöre.

''Woher wusstest du wo ich bin?'', frage ich sie immernoch etwas erschrocken über ihr plötzliches Auftreten. Sie winkt ab ''Umberto hat sich Sorgen gemacht.''

Ich schaue auf die Uhr. Okay, ich bin schon gute zehn Minuten hier drinnen, das kam mir aber viel kürzer vor. Klar, dass er sich Sorgen macht – niemand braucht zehn Minuten auf dem Klo.

''Oh.'', flüstere ich,''Klar, okay.''

''Amüsierst du dich, Süße?'', sie stellt sich hinter mich in den Spiegel und legt ihre Hände auf meine Schulter. Wir sind beinahe gleich groß, nur dass sie drei Zentimeter größer als ich ist. Ihre Haare hat sie rot gefärbt und ihre Haut ist dunkler als meine. Sie ist einfach viel hübscher als ich.

''Ja.'', sage ich sarkastisch,''Prächtig!''

"Marti', sei kein Spießer!''

Plötzlich bin ich völlig verzweifelt. Es ist Silvester und ich kann mich einfach nicht amüsieren, weil mir die ganze Umgebung nicht zusagt ''Tut mir leid, aber dieser Philipp ist echt.. unmöglich! Er nervt, ist eingebildet, selbstverliebt, kifft und sauft, als gäbe es kein Morgen und hält sich wirklich für den Boss.''
''Er ist der Boss.'', sagt sie ernst. Völlig verwirrt schüttele ich den Kopf und schaue sie an ''Was?''
'Er IST der Boss.''
''Jaja, ich hab ja nichts an den Ohren!'', schnaube ich, ''Inwiefern?''
''Sieh ihn dir mal an, wie alle um ihn herumschwirren. Er ist echt ein unglaublicher Junge, Marti, aber er ist gar nicht so ein Arschloch. Das ist extra, er möchte den Leuten nicht zeigen wie es ihm geht, nicht einmal seinem eigenen Bruder. Das ist alles bloß eine Maske, sieh dir mal seine Augen an.''

''Was ist denn mit seinen Augen?'' Sie sind das Schönste was ich je gesehen habe, denke ich, aber das behalte ich lieber für mich. Schließlich könnte sie das noch in den falschen Hals kriegen. Aber was sie gesagt hat, stimmt schon. Dass alle um ihn herumschwirren, meine ich.

''Sie sind groß, leer und stecken voller Trauer. Aber niemand merkt das, sie alle denken er wäre der König. Immer gut gelaunt und ohne Sorgen, aber so ist das nicht. Schau genau in seine Augen und du weißt, wie er wirklich fühlt.''

''Woher weißt du das? Wenn er doch diese Maske trägt?'' Ich will ehrlich nicht fies sein, aber meine liebe Emilia ist nicht die Hellste und das gilt nicht nur in der Schule – natürlich ändert das nichts daran, dass ich sie unglaublich lieb habe.

''Chris. Er macht sich manchmal Sorgen um ihn.''

''Sorgen?''

Sie grinst ''Tja, wenn dich dieser Junge plötzlich doch interessiert, dann kannst du es ja selber herausfinden.''

''Wieso willst du das so unbedingt? Wieso gerade dieser Philipp?'', stöhne ich genervt. Es gibt so viele hübsche Jungs – okay, er ist bis jetzt der Schönste, den ich je gesehen habe. Ich schüttele den Kopf. Schönheit. Ist. Nicht. Alles.

Diese Worte präge ich mir gut ein. Denn was soll ich mit einem hübschen Jungen, wenn er echt ätzend und nervig ist? Und vorallem: er ist so gar nicht mein Typ, was sein Charakter betrifft und meine Liga sowieso nicht.

''Ich dachte, dass würde dir vielleicht gut tun. Er ist das genaue Gegenteil von dir. Spontan, lustig und direkt.''

''Willst du damit sagen, ich bin nicht lustig?'', frage ich protzig.

''Smarti!''

''Er ist mal so gar nicht mein Typ.'', seufze ich.

''Ich weiß. Aber ich glaub er wird dir gut tun, es muss ja nichts aus euch werden.''

Was soll das denn bitte heißen?

''Er wollte mit mir schlafen!'', rufe ich empört. Emilias Augen nehmen einen weichen Glanz an. Sie kichert albern ''Das ist typisch. Muss ihn wohl hart getroffen haben einen Korb zu kassieren.''

''Ist er wahrscheinlich gewöhnt, wenn er immer so schnell an die Sache geht.''

Ich meine, welches Mädchen würde denn schon zustimmen, wenn ein wildfremder Typ sie beim ersten Treffen fragen würde, ob sie mit ihm ins Bett geht? Aber Emilia schüttelt den Kopf.

''Noch nie?''

''Noch nie in seinem Leben.''

Okay, das gibt mir den Rest. Er scheint also andauernd so direkt zu sein und hat noch nie in seinem Leben einen Korb kassiert? Nur weil er so gut aussieht? Ich meine, Umberto sieht auch gut aus, vielleicht nicht so unbeschreiblich schön wie Philipp, aber dafür ist er auch kein Arschloch.

''Was für kranke Mädchen gibt es da draußen?'', frage ich völlig entsetzt. Emilia sieht mich ernst an und schüttelt den Kopf:''Du bist ja nur ausnahmsweise hier. So etwas wie dich, sehen die hier in deren Viertel nicht oft.''

''Etwas wie mich?''

Das klingt wie eine Beleidigung.

''So etwas nennen die hier Spießer. Reiche Schnösel. Bonzen. Und die Mädchen hier, echt jede, würde gerne mit dir tauschen, wenn Philipp jetzt überhaupt noch Interesse an dir hat. Glaub ich aber weniger.''

Ist mir doch egal, ob mich dieser Philipp mag oder nicht. Was soll mich das schon interessieren? Im Moment will ich nur Matthias, bin aber ansonsten auf einem dieser Jungs-sind-alle-scheiße-Trip.

Ich erinnere mich an Weihnachten, als Matthias und ich uns beinahe geküsst hatten. Ein Korb ist hart und tut weh, vorallem wenn es von einem Menschen kommt, den man wirklich liebt. Er ist mein bester Freund, ich möchte nicht, dass diese jahrelange Freundschaft zerbricht und beschließe ihn morgen zu besuchen und ihm klar zu machen, dass das alles ein Unfall war. Er hatte mich an jemanden erinnert.

'Und was wenn er dich fragt wer es ist?', meldet sich mein Verstand. Dann werde ich mir halt was einfallen lassen! Einen imaginären Freund oder so.

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