Zwischen zwei Welten. - Teil 13

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Nun sitze ich hier schon seit fast zwei Stunden neben diesem zwar unverschämt hübschen, aber auch gleichzeitig richtig nervigen Jungen. Es ist nicht so, als ob mir so langweilig wäre, dass ich mit zähle, aber irgendwer muss ja die Zeit im Auge behalten, wenn wir um zwei Uhr wieder nach Hause wollen und Emilia scheint nicht diejenige zu sein, die das in die Hand nimmt.
Mich verwundert, dass ich seinen Namen noch nicht weiß – oder hab ich in dem Moment einfach weg gehört? Egal, was sollte mich sein Name auch interessieren? Ich möchte ihn schließlich auch nicht weiter kennenlernen, er interessiert mich nicht. Nicht die Bohne.

''Single und hübsch.'', sagt der Junge plötzlich amüsiert,''Ich kann Umberto fragen. Der soll uns ein freies Zimmer geben.''
Mein Unterkiefer klappt auf, dann schüttele ich mich entsetzt und starre ihn an ''Ne, lass mal.''
Will er wirklich mit mir auf ein Zimmer? Alleine? Oh Gott, so etwas wurde ich noch nie gefragt! Ich könnte im Erdboden versinken vor Scharm, wobei ich nicht einmal weiß warum ich mich schäme. Er hebt verwundert die Augenbrauen, als ob er noch nie einen Korb kassiert hätte ''Bin ich nicht attraktiv genug, Küken?''

Ich weiß darauf nichts zu erwidern, starre ihn nur an. Klar ist er unglaublich hübsch, aber das allein reicht doch nicht aus um mit ihm ins Bett zu steigen. Da kann er noch so gut aussehen, mit dem Charakter kommt er für mich nie im Leben infrage.
''Hey!'', ruft er plötzlich, steht auf und zieht mich mit hoch – alle Augen sind auf uns gerichtet. Ich laufe rot an – was hat er denn jetzt vor? Er legt den Arm mich meine Schulter und zieht mich an sich heran ''Dieses Mädchen will nicht mit mir pennen, weil sie meint ich wäre ihr nicht attraktiv genug!''

Schallendes Gelächter bricht aus. Der ganze Raum lacht, die Mädchen werfen mir dabei verächtliche und lächerlich wirkende Blicke zu. Alle lachen. Lachen sie mich aus? Weil ich nicht mit ihm schlafen möchte? Bin ich deshalb so abnormal? Ich laufe rot an und überlege fieberhaft wie ich mich da raus reden kann.
''Wenn er dir nicht attraktiv genug ist, wird dich auch kein anderer Junge beglücken können!'', ruft ein Mädchen, dass weiter hinten sitzt und mich spöttisch angrinst. Sie ist wunderhübsch, wie fast alle Mädchen hier und der Kerl fragt allen Ernstes mich?
Dann ruft die nächste:''Was glaubst du eigentlich wen du da vor dir hast? Philipp und sein Bruder sind die hübschesten Jungs hier!''

Philipp also, das muss ich mir wohl merken um hier mit reden zu können. Ich zittere am ganzen Körper. Wo bin ich hier zwischen all den Kiffern nur geraten? Habe ich mir jetzt Feinde gemacht, nur weil ich nicht mit ihm schlafen möchte?
''Schönheit ist nicht alles.'', rufe ich ganz moralisch.
Der Raum lacht wieder laut auf und kurz darauf höre ich sie tuscheln. Über wen, wenn nicht über mich und meine anscheinend Naivität, zu glauben Schönheit wäre nicht alles. Philipp scheint hier echt ein Gott zu sein, er wird ja förmlich angehimmelt.

Er nimmt meine Hand und setzt sich wieder hin, als wäre nichts geschehen, als hätte er mich nicht gedemütigt.
''Du ärgerst mich bis jetzt nur! Ich hab noch nichts Nettes gehört.'', flüstere ich vorwurfsvoll, als er mich wieder auf die Kissen zieht und sich erschöpft hinlegt. Er massiert sich angenervt die Schläfen und seufzt, als er sich streckt und ich ein paar Knochen knacksen höre und angewidert das Gesicht verziehe.

''Was sich liebt, das neckt sich.'', er versucht die Augen offen zu halten, reibt sie sich alle zwei Sekunden, aber er hat leider zu viel Cola mit Whiskey getrunken und eins, zwei Flaschen Wodka. Angewidert von diesem Typen rutsche ich ein bisschen weg. Er riecht inzwischen extrem nach Alkohol und ich gebe ihm ein Kaugummi, dass er einfach nickend nimmt – vielleicht nickt man hier, statt einem offen zu danken? Verstehen tu ich es nicht, aber akzeptieren, denn er kaut das Kaugummi und überdeckt damit einwenig den Alkohol Geruch.

''Ich steh nicht so auf Kiffer.'', sage ich leise und ehrlich. Philipp schaut auf und mustert mich kauend – selbst beim kauen sieht er irgendwie süß aus. Ich lächle und lege sofort mein Gesicht auf die Knie, damit er mich nicht schmunzeln sieht.
''Auf was stehst du denn dann? Viel Geld?'', er verengt die Augen und zischt beinahe hasserfüllt,''Du bist doch so eine von den Reichen, oder? Wohnst in diesem Bonzenviertel.''
''Ich..''
''Was willst du von der Zicke?'', stöhnt ein Junge neben ihm, er ist total zugedröhnt und hält ihm seinen Joint hin. Mein Unterkiefer klappt auf. Hat er mich gerade als Zicke bezeichnet? Von mir aus Bonzen, aber ich bin doch keine Zicke! Philipp nimmt ihm den Joint aus der Hand und zieht daran ''Sie ist 'ne verdammt heiße Zicke.''

''Hey!'', rufe ich empört. Er tut ja so, als wäre ich nicht da, als würde ich das alles nicht hören. Aber dann werde ich rot. Er findet mich heiß? Verdammt heiß? Der zugedröhnte Junge grinst:''Na und, auf so 'ne Nummer hätte ich kein Bock.''
Jetzt versucht 'mein Retter', alias Philipp, sich aufzusetzen, was irgendwie wie eine Zirkusnummer aussieht, ich verkneife mir ein kichern:''Bist doch eh zu hässlich um so etwas zu bekommen.''
So etwas? Will er mich als Trophäe bezeichnen? Oder als nutzlosen Gegenstand? Ich hasse solche Kerle, die Frauen als Minderes sehen.

''Ich bin Philipp.'', sagt er und beugt sich über seine Knie, sein Kopf hängt schlaff auf ihnen. Dann, bezweifle ich, scheint er weg zu sein. Aber er hat sich mir vorgestellt, wenn auch – ich schaue auf die Uhr – drei Stunden nachdem wir hier nebeneinander saßen.
Zu viel kiffen und trinken, ergibt anscheinend diese Wirkung. Tja, immerhin hab ich wieder etwas gelernt. Fragt sich nur, ob ich es lernen wollte. Aber im Nachhinein ist man ja immer schlauer, das trifft auf so ziemlich alles im Leben zu.

''Ja, und ich bin weg.'', sage ich daraufhin, dann springe ich auch schon mit einem Satz auf und schlängle mich durch die ganzen besoffenen und bekifften Leute, die laut reden, als wären sie hier alleine, lachen und Spaß zu haben scheinen, zu Umberto um ihn zu fragen wo die Toiletten sind, weil ich wirklich keine Lust habe, mich in diesem riesigen Labyrinth von Haus zu verirren. Wahrscheinlich würde ich dann auch erstmal nicht wieder herausfinden, die Vorstellung finde ich schon lustig mich in einem fremden Haus zu verirren, aber nicht, wenn die alle besoffen und bekifft sind. Irgendwie wäre das aber trotzdem krank. Ich muss innerlich lachen. Umberto lächelt mich freundlich an, als ich unmittelbar vor ihm stehe und frage wo denn die Toiletten sind. Er legt unauffällig eine Hand auf meinen Arm und flüstert mir ins Ohr ''Oben, dritte Tür links.''
''Danke.'', murmele ich und versuche mir meine Verwirrung, über diese Geste, nicht anmerken zu lassen.

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