Prolog

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"Verdammter Mist!", fluchte ich vor mich hin.

Ich war spät dran. Viel zu spät. Und wenn ich nicht langsam einen Zahn zulegte, dann würde ich es nicht mehr rechtzeitig schaffen.

Ich versuchte, meine Schritte noch ein bisschen mehr zu beschleunigen und rannte weiter über den unebenen Boden, welcher mir das Laufen nicht wirklich erleichterte.

Meine Lungen brannten bereits, aber ich konnte jetzt nicht nach lassen. Das hier war vielleicht meine einzige Chance und die würde ich nicht vergeuden, nur weil ich es nicht schaffte, pünktlich zu erscheinen.

Und das alles nur wegen Chung! Ausgerechnet heute hatte sich mein kleiner Bruder mit Freunden am Windstieg verabredet und natürlich musste ich ihn hin bringen. Meine Mutter hatte darauf bestanden und natürlich akzeptierte sie keine Widerrede. Chung war zwölf. Zwölf! Als ob er da nicht selbst in der Lage war, zum Windstieg zu gehen. Er musste einfach nur auf den Wegen bleiben. Wenn er das tat, dann bestand keine Gefahr und das wusste er auch. Aber natürlich war meine Mutter trotzdem misstrauisch.

Und weil ich deshalb nicht eher von zu Hause weg konnte, war ich dementsprechend gezwungen, spät loszulaufen. Und jetzt war meine Zeit mehr als knapp.

Heute war Sommersonnenwende.
Der Tag, an dem die Sonne die größte Mittagshöhe über dem Horizont hatte. Der längste Tag des Jahres und gleichzeitig der Beginn des Sommers.

Doch für mich war es nicht irgendein Tag. Die Sommersonnenwende war der Tag, an dem die Anmeldung für die Prüfungen statt fand, die man ablegen musste, um ein Abenteurer zu werden.

Die Anmeldung für die Prüfungen fand jedes Jahr genau an diesem Tag statt und wenn man diesen Tag verpasste, dann musste man wieder ein Jahr warten, um sich anmelden zu können. Und je älter man war, desto weniger Chancen hatte man in den Prüfungen, zumindest wenn man, wie ich, kein jahrelanges Training hinter sich hatte. Ich war bereits achtzehn und dieses Jahr war meine letzte Chance mich anzumelden. 

Mein Vater glaubte nicht daran, dass ich Abenteurerin werden konnte. Ich hatte kein Training gehabt und eine Vision besaß ich auch nicht. Wenn man es so sah, konnte ich meinen Vater verstehen, immerhin hatte ich mit diesen Voraussetzungen sehr wenige Chancen, die Prüfungen heil zu überstehen. Aber ich wollte meinen Traum nicht einfach aufgeben, deshalb schloss ich einen Pakt mit meinem Vater. Wenn ich es bis zu meinem neunzehnten Geburtstag nicht geschafft hatte, eine Abenteurerin zu werden, dann würde ich diesen Traum verwerfen und einen anständigen Beruf lernen. 

Mein Blick glitt zum Horizont, an dem der orange Feuerball hing und bereits begann, hinter den Bäumen zu verschwinden. Ich hatte keine Zeit mehr. 

Ich atmete tief durch und beschleunigte noch einmal meine Schritte und ignorierte dabei gekonnt das Brennen in meinen Beinen. Ich erreichte die Brücke und lief so schnell darüber, wie ich konnte. Ich verscheuchte dabei ungeachtet Timmie's Vögel und hatte so eine Geschwindigkeit drauf, dass ich mich nicht mal dafür entschuldigen konnte.  

Ich erreichte das Tor und rief im Laufen zu den Wachen: "Ich bewerbe mich als Abenteurerin!". Ich hatte keine Zeit, stehen zu bleiben und den Wachen alles zu erzählen. 

Nachdem ich das Tor passiert hatte, sprintete ich direkt weiter, die Treppen hinauf, an der Abenteuergilde und dem Brunnen vorbei, nur um über noch mehr Treppen zu laufen. Nachdem ich die unzähligen Stufen erklommen hatte und endlich oben angekommen war, nahm ich mir nicht die Zeit, stehen zu bleiben, sondern rannte direkt auf den Tisch zu, der vor dem riesigen Gebäude aufgebaut worden war. 

Die Verantwortlichen wollten gerade Aufräumen und die Frau, die auf dem Stuhl gesessen und die Anmeldungen angenommen hatte, hatte sich ebenfalls bereits erhoben. 

Valor // Genshin Impact Albedo FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt