Ich bekam nicht mit, wie die anderen die Lawachurls besiegten. Ich spürte nicht, wie mich jemand vom Boden hochzog und aus der Sphäre brachte. Ich hatte Chiyo so lang festgehalten wie es ging, doch als sie mich raus brachten, musste ich sie los lassen und ihren Körper in der furchtbar kalten Sphäre zurücklassen. Ich ließ sie allein und es zerriss mein bereits kaputtes Herz immer weiter. Ich weinte noch immer, doch aus mir brach kein Ton mehr heraus, meine Kehle war wund.
Ich merkte nicht, wie wir uns fortbewegten. Irgendwann hatte ich aufgehört zu weinen und ich hatte es nicht einmal mitbekommen. Die Welt um mich herum war verschwommen zu unkenntlichen Schemen. Nach dem ersten Schock und dem Schmerz folgte die Leere, in der man nichts mehr spürte. Keinen Schmerz, keine Gefühle, nichts. Ich hörte nicht, wenn Suha oder Albedo etwas zu mir sagten. Ich hörte die Geräusche der Welt um mich herum nicht. Ich nahm nichts mehr wahr.
Alles, was ich immer wieder vor mir sah, war der blutige Körper Chiyos, ihre letzten Worte, die sie mühsam über ihre Lippen gebracht hatte, meine Finger, die sie nicht loslassen wollte. Und dann immer wieder der Gedanke, dass ich einen Menschen verloren hatte, den ich nie verlieren wollte. Diese Gedanken rissen mein Herz jedes Mal aufs neue auf und ließen es ausbluten. Für eine Weile spürte ich dann so schlimmen Schmerz, dass es kaum ertragbar war und dann mündete es irgendwann wieder in der alles einnehmenden Leere. Dieser Zustand hatte mich fest im Griff und so zogen die Tage ins Land.
Und dann nahm ich irgendwann plötzlich wieder Dinge war. Es begann mit leisen, kaum merkbaren Geräuschen. Und dann wurde mir bewusst, dass ich das Knirschen von Schnee hörte. Es war ein sanftes Geräusch und trotzdem riss es mich von den Füßen, denn dadurch wurde mir klar, dass ich in diese Welt zurückgefunden hatte.
Zuerst wusste ich nicht, wo ich mich befand und Verwirrung machte sich in mir breit. Doch dann wanderte mein Blick über die Steinwände mit den Regalen voller Glasfläschchen und Flüssigkeiten, über die Feuerstelle und die kleine Werkbank. Ich befand mich in Albedos Höhle im Drachengrat.
Mein Blick wanderte weiter und ich erkannte, dass es draußen Nacht war. Ich hatte keine Ahnung, wie lang ich mich bereits hier befand. Meine Hände hatte jemand von dem tiefroten Blut befreit. Ich trug außerdem eine andere Tunika, meine alte musste ebenfalls voller Blut gewesen sein. Blut. Chiyos Blut.
Mit einem Mal holte mich die Erkenntnis wieder ein. Die friedliche Leere, die ich bis eben noch empfunden hatte, wurde von Bildern verdrängt, die über mich einstürzten, mir jegliche Luft raubten und mich unter sich begruben. Blut. Überall Blut. Ein lebloser Körper in meinen Haaren, schwarzes Haar, schneeweißer Cheongsam und ein letzter Atemzug. Die Kälte, die vom Höhleneingang ab und zu herüber wehte erweckte die schrecklichen Erinnerungen noch mehr zum Leben. Ehe ich es mich versah, brachen alle Dämme und ich fing erneut an zu weinen. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, dass es mir jegliche Luft zum atmen nahm. Der erste Schluchzer schüttelte meinen Körper.
Albedo, der bis gerade eben an einem seiner Regale gestanden und etwas gesucht hatte und den ich bis jetzt nicht bemerkt hatte, kam mit schnellen Schritten zu mir herüber. Er zog sich einen weiteren kleinen Holzhocker heran und setzte sich darauf nieder. Nur wenige Augenblicke danach zog er mich sanft in seine Arme und ich akzeptierte es. Ich ließ mich von ihm halten, bettete meinen Kopf in seine Halsbeuge und ließ meinen Tränen freien Lauf. Albedo hatte seine Arme schützend und fest um mich gelegt und strich mit seiner Hand, die anscheinend dieses Mal nicht in einen Handschuh gehüllt war, beruhigend über mein Haar.
Ich währenddessen verlor jegliches Zeitgefühl. Ich schluchzte und weinte und es raubte mir jegliche Energie. Jedes Mal wenn ich mich ein wenig beruhigt hatte, schoben sich die grausamen Bilder wieder in meinen Kopf und ich musste wieder anfangen. Aber wenigstens konnte ich mich wieder erinnern, in der Leere war alles weg gewesen.
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Valor // Genshin Impact Albedo FF
FanfictionAyumi's größter Wunsch ist es, eine Abenteurerin im Namen Teyvats zu werden - auch ohne göttliches Auge. Doch um ein Abenteurer zu werden, muss man viele Prüfungen bestehen. Auf ihrem Weg zum Aufstieg trifft die junge Kämpferin auf Albedo, ein Mann...