Kapitel 19

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Irgendwann, während wir das Unkraut zupften, hatte Keira erneut angefangen von Albedo dem 'Prinzen' zu schwärmen. Sie erzählte mir, wie unglaublich toll er sei und dass er immer einen kühlen Kopf bewahren konnte, dass er schlau war und auf sein  Äußeres achtete und dass er zu jedem freundlich sei, dem er begegnen würde. Mir wäre es lieber gewesen, wenn sie ihre Klappe gehalten hätte. 

Am liebsten wäre ich in meinen eigenen Gedanken versunken und hätte mich auf meine Arbeit konzentriert, aber Keiras Gerede war wie ein dauerhaftes Radio im Hintergrund. Es hörte nicht auf und wurde irgendwann nervig. In diesem Moment beneidete ich die Menschen, die das Gerede von einigen Leuten einfach zum einen Ohr hineinfließen und zum anderen Ohr wieder hinausfließen lassen konnten, ohne dass es das eigene Gehirn erreichte. Das ersparte einem viele zum zerreißen gespannte Nerven und Verlust der Konzentration. 

Leider gehörte ich nicht zu diesen Leuten. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass ich es unhöflich fand, Menschen beim Reden keine Beachtung zu schenken, ungeachtet dessen, wie nervig sie sein konnten oder ob ich die Fähigkeit dazu einfach nicht besaß.

Je mehr Keira von Albedo schwärmte, desto mehr wurde mir bewusst, dass sie ihn eigentlich gar nicht wirklich kannte, sondern nur das wiedergab, was man von außen wahrnehmen konnte. Sie wusste so gut wie gar nichts von seinem Charakter. Wie aus dem Nichts stellte sich mir die Frage, ob sie ihn nur mochte, weil er anscheinend ein Prinz war. Es gab genug Menschen, die einen anderen Menschen nur wegen seines Titels oder Status mochten. Vielleicht gehörte Keira dazu, ich wollte sie aber nicht ohne weiteres in so eine Schublade schieben. 

Während ich ihrem Gerede zuhörte, welches einem Wasserfall glich, drängte sich mir immer wieder die Frage in den Vordergrund, wer Albedo eigentlich war. Mir wurde bewusst, dass ich nicht sehr viel mehr über ihn wusste, als Keira. Der Mann schien ein reines Mysterium zu sein. Leicht verärgert riss ich ein wenig doller das Unkraut raus, als ich beabsichtig hatte und plumpste dabei auf meinen Hintern. 

Keira unterbrach sich selbst in ihrem Fluss, um mich zu beäugen und ein kleines Lächeln zupfte an ihren Lippen. Wenn sie lächelte, sah sie gleich ein wenig älter aus. Ich seufzte, setzte mich wieder richtig auf und fuhr mit meiner Arbeit fort. Es machte keinen Spaß. Es war zu monoton und die Sonne brezelte auf mich nieder. So ging es noch eine ganze Weile weiter, bis der Mann erschien, der uns heute Morgen die Aufgaben zugeteilt hatte. Er wollte mit mir reden. Also stand ich auf und folgte ihm. 

Vor dem Eingang stand ein Holzkarren, der mit einigen Weinflaschen beladen war, ebenso mit einem Weinfass. Die Ware wurde gerade in diesem Moment mit einem Leinentuch zugedeckt, vermutlich um sie vor der Sonne zu schützen. Meine Aufgabe sollte es sein, die Ware nach Mondstadt City in die Bar  Zum Katzenschwanz zu bringen. Unbeschadet und in voller Pracht. Der Mann wies mich penibel genau darauf hin, dass nichts kaputt gehen durfte und ich nickte nur als Zeichen dafür, dass ich verstanden hatte. Ich positionierte mich vor dem Karren und ergriff rechts und links die langen Holzgriffe.

Kurz daraufhin begann ich zu laufen und der Karren hinter mir setzte sich polternd in Bewegung. Ich lief über die Steine des Weingut Morgenröte und dann führten mich meine Schritte auf den Weg, der zu Mondstadt City führte. Der Karren den ich zog, war schwer und ich kam nur schelcht voran. Noch immer spürte ich den Muskelkater in meinen Gliedern, der dazu führte, dass jeder Schritt weh tat und ich noch langsamer voran kam, als eh schon. 

In Momenten wie diesen dachte ich darüber nach, wie viel leichter ich den Karren hätte ziehen können, wenn ich vielleicht Jahre lang trainiert hätte und Muskeln aufgebaut hätte. Doch so, ganz ohne trainierten Körper, der nicht mal eine gute Ausdauer besaß, war das ganze eine recht schwierige Mission. Mein Blick glitt zu dem strahlend blauen Himmel, der absolut keine Gnade mit mir zeigte und mich in seinen schönsten Blautönen anstrahlte, ohne auch nur einen weißen Fleck auf seinen endlosen Weiten. 

Valor // Genshin Impact Albedo FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt