Kapitel 48

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Als das furchtbare Gebrüll ein weiteres Mal erklang, wurden wir alle aus unserer Starre gerissen. Ich war nicht die Einzige, die verschreckt um sich sah und keine Ahnung hatte, was passierte. Doch als ich mich um meine eigene Achse drehte und mich umblickte, trat etwas schreckliches in mein Blickfeld. Etwas, was mir das Blut in den Adern augenblicklich gefrieren ließ. Erneut versetzte es mich in eine Art Schockstarre und ich wusste nicht, wie mir geschah. Ich spürte, wie die Angst ihre scharfen Klauen in mein Herz schlug und mich fest in ihre Gewalt brachte.

Mitten auf uns zugeflogen, kam ein Drache. So blau wie die verschiedenen Farben des Meeres und so wunderschön wie eine solche Gestalt eben sein konnte. Graziös und elegant, aber auch riesig und gefährlich. Absolut tödlich. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis ich realisierte, dass dieser Drache nur Dvalin sein konnte. Der Sturmschrecken, in dessen Reich wir uns gerade befanden. In dessen Reich wir eingedrungen waren. Ein tödliches Ungeheuer. Und er kam geradewegs auf uns zugeflogen. Kaum hatte er seine Ruine erreicht, wich er gerade so aus, rammt eine der bereits zerfallenen Mauern knapp, von der Steine auf uns niederregneten und wir aufpassen mussten, nicht getroffen zu werden und flog dann um uns seine Kreise. Wie ein Hai im Fischbecken, der seine Beute zusammentrieb. Und wir waren die Fische. Die Beute, die in die Enge getrieben wurde.

Suha war die Erste, die sich wieder gefangen hatte. "So war das bestimmt nicht gedacht!", schrie sie über den Lärm hinweg, der durch den Wind und das Gebrüll entstand. Ich schüttelte heftig mit dem Kopf. Ich wollte gerade etwas erwidern, als der riesige Drache plötzlich wieder eine der Mauern rammte und von den bereits zerfallenen Steinen, noch mehr kaputt gingen und auf uns niederregneten. Ich konnte gerade so ausweichen und zur Seite springen, um nicht getroffen zu werden. 

Erneut schrie der Drache aus vollem Halse, was ein Klingeln in meinen Ohren hervorrief. Das Schreien erschütterte mich bis in die Knochen.

"Wir müssen ihn irgendwie ruhig stellen. Auf keinen Fall töten!", schrie nun Ren an uns gewandt und Tia war die Erste, die auf seine Worte reagierte. Sie hielt selbstsicher und fest den Bogen in ihrer Hand und zog mit Leichtigkeit einen Pfeil aus ihrem Köcher auf ihrem Rücken. In Windeseile hatte sie den Pfeil angelegt, gespannt und mitten auf den Sturmschrecken geschossen, der uns weiterhin umkreiste. 

Der Pfeil war schnell und präzise gewesen, doch er prallte einfach von den harten Schuppen des Biestes ab, ohne ihn auch nur zu verletzen. Es machte ihn eher nur noch wütender. Denn nun flog er vor uns in der Luft, brüllte uns mit voller Kraft an und präsentierte uns seine scharfen Zähne, die jeden einzelnen von uns in Stücke reißen könnten. 

Lani war die nächste, die ihr Glück versuchte. Sie bewegte sich bis zum Rand der Ruine. Sie wirbelte sich und ihren Speer um ihre eigene Achse, attackierte das Biest mitten an der Klaue und wo immer sie mit ihrem Speer hin traf, blieben kleine Lotusblumen zurück, die nach kurzer Zeit explodierten. Sie schaffte es, ein kleines Stück von einer seiner Klauen abzutrennen und Dvalin schrie vor Schmerz auf. Doch dann  musste auch sie wieder zurückspringen, um nicht von den scharfen Krallen zerfetzt zu werden.

Dvalin schlug kräftig mit seinen Flügeln, wehte uns den Regen, der mittlerweile eingesetzt hatte, mitten ins Gesicht und riss uns von den Beinen. Ich wurde weg geschleudert und landete hart an einer der eingefallenen Mauern. Der Aufprall presste mir jegliche Luft aus den Lungen, doch ich hatte kaum Zeit, mich auf den Schmerz einzulassen, denn der Drache hieb mit einem seiner Pranken mitten in das Loch und ich musste zur Seite hechten, um nicht von einer Klaue zerfetzt zu werden. Meine Füße rutschten immer wieder ab und fanden schlecht Halt. 

Doch kaum hatte ich aufgehört zu schlittern, richtete ich mich wieder auf, versuchte Halt und festen Stand zu gewinnen. "Wir müssen ihn irgendwie gleichzeitig angreifen, ihn verwirren!", schrie ich den anderen zu, die ebenfalls dabei waren, den Hieben auszuweichen und den Drachen dabei irgendwie gleichzeitig noch anzugreifen. "Leichter gesagt als getan, wir kommen kaum an ihn heran!", antwortete Suha und wich ebenfalls einem starken Angriff aus. Tia hingegen wechselte ihre Position ständig und schoss dabei immer wieder Pfeile ab. Ihre Fähigkeiten waren präzise. Sie traf immer ihr Ziel doch die Pfeile bewirkten nicht wirklich etwas. Wie sollten wir nur gegen ihn ankommen, wenn wir ihn nicht richtig verletzen konnten? Seine Haut schien so dick zu sein, dass die Waffen dagegen keine Chance hatten. Dennoch musste das Biest irgendeine Schwachstelle haben. Es musste einen Weg geben, ihn zu besiegen.

"Wir könnten auf seine Augen schießen", brachte Suha an, während sie einem Angriff des Drachen geschickt auswich, auf seine Klaue sprang und ihn mit ihrem Speer an seinem Bein attackierte. Sie versuchte, ihn mit ihrer elementaren Attacke zu verbrennen, doch auch dies kam nicht gegen die starken Hornschuppen an.  Es war ein Wunder, dass bisher keiner ernsthaft verletzt war. Dennoch war es nur eine Frage der Zeit, bis wir Schaden nehmen würden, wenn das hier so weiter ging. "Nein, dann würden wir ihn erblinden, das bringt uns auch nicht weiter. Wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen", antwortete Ren und ich war ganz seiner Meinung. Selbst wenn der Drache blind werden würde, könnte er uns noch immer riechen und unsere Chancen gegen ihn, wären selbst in diesem Zustand verschwindend gering. "Irgendwelche Ideen?", rief ich, während ich die Umgebung hektisch um mich musterte und mir irgendwie versuchte, einen Plan im Kopf bereit zu legen. Das erwies sich als gar nicht mal so einfach. Auf der Plattform, auf der wir uns befanden, gab es nicht wirklich viele Möglichkeiten für einen kreativen Plan. Das Einzige, was mir wirklich ins Auge sprang, war die  kaputte, zerbröselte Mauer um uns herum, an der es nicht all zu schwer sein sollte, hoch zu klettern, da sie durch den Zerfall viele Nischen und Kanten aufwies. 

"Nein tut mir leid, ich würde je gerne denken, aber ich bin damit beschäftigt, nicht getötet zu werden! Multitasking ist in solchen Situationen nicht grad meine Stärke!", rief Lani und sprang zur Seite, wich einem Hieb aus. Der Untergrund auf dem wir standen bot kaum Platz für großartige Manöver. Das Gute hingegen war, dass nicht nur wir auf der Plattform eingeschränkt waren, sondern der Drache genau so. Die Öffnung war zu klein für ihn, um uns wirklich angreifen zu können. Er konnte mit seinen Klauen nach uns hieben, aber das war auch alles. Es sei denn, er zerstörte das Gebäude. Doch ich klammerte mich an die vage Hoffnung, dass er das nicht tun würde - zumindest noch nicht gleich. So lang hatten wir Zeit, uns etwas zu überlegen. "Vielleicht wäre es schlau, ihn von zwei verschiedenen Seiten anzugreifen", brachte ich laut an und Suha kam gerade schlitternd neben mir zum stehen, nachdem sie herabfallenden Steinen ausgewichen war. "Wie stellst du dir das vor?", fragte sie. 

"Naja der Großteil bleibt hier unten und jemand anderes versucht ihn von oben anzugreifen. Jemand muss auf das Dach klettern", erklärte ich so laut, dass jeder es hören konnte und zeigte kurz danach nach oben, um auf das Dach zu weisen, dass ebenfalls nicht mehr ganz intakt war. 

"Das ist ja gut und schön, aber dafür müssen wir ihn erstmal davon abhalten, uns zu zerfetzen, sonst kann da keiner hochklettern", konterte Lani und ich musste ihr recht geben. Vermutlich stellte ich mir das Ganze leichter vor, als es tatsächlich war. Im Gegensatz zu meinen sonstigen Analysefähigkeiten, war das hier wirklich schwach. Aber ich hatte keine Zeit, alles genau zu mustern. Dafür sorgte der Riese vor uns, der uns immer wieder angriff und uns zwang, auszuweichen.

Lani setzte gerade zu einem weiteren Kommentar an, als Dvalin erneut in die Lücke hieb. Dieses Mal konnte ich nicht schnell genug reagieren um dem Angriff zu entkommen. Seine Kralle vergrub sich tief in meiner linken Schulter und ich schrie vor Schmerz auf, der augenblicklich meinen Körper durchzuckte. Mir wurde schwarz vor Augen und Übelkeit stieg in meiner Kehle auf.  Aus Reflex hieb ich blind mit meinem Schwert nach dem riesigen Angreifer, welches jedoch, zu meinem Bedauern, in einer blauen Schuppen stecken blieb. Ich hatte nicht genug Zeit, es wieder herauszuziehen, denn da zog der Drache bereits seine Klauen zurück und riss mich dabei mit sich. Ich schrie erneut vor Schmerz, als mir die Haut weiter aufriss und ich das warme Blut über meinen Arm strömen spürte, doch konnte nichts tun. Er zog mich von der Ruine, schleuderte mich gegen die Steine und alles drehte sich. Ich rollte über die Kante, schlug kurz darunter gegen die Mauer, rutschte an ihr herab und verlor jegliche Orientierung.

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Was macht man, während man ein Kapitel überarbeitet? Man trällert in voller Lautstärke "No Ordinary Girl" von H2O mit und hat dabei das Bedürfnis, die Serie wieder zu gucken. Wer hat die Serie als Kind auch geguckt? Ich habe es geliebt.

Valor // Genshin Impact Albedo FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt