CHAPTER 3

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»Junghee war seit gestern nicht mehr zu Hause. Ich hab schon ihre Freundin angerufen, aber die schweigt wie ein Grab.«

»Scheiße, warum hast du nicht schon vorher versucht sie auszusetzen?«

»Der nächste Kunde bitte!«, rief ich und drehte mich zu Taehyung, der damit beschäftigt war, die Einkäufe seiner Kundin einzuwickeln.
»Würde ich ja, wenn ich nicht schon über sechs Jahre Kraft und Zeit in sie investiert hätte. Sie jetzt gehen zu lassen, wäre wie seinen Mercedes mit 'ner Eisenstange einzuschlagen.«

Taehyungs Lachen rollte tief durch den Convenience Store, zwischen leiser Einkaufsmusik und dem Piepen des Scanners.
Seit dem Abend im Club waren schon drei Tage vergangen — drei Tage, in denen Junghee wie vom Erdboden verschluckt war. Ein einziges Mal hat sie auf meinen Anruf reagiert, und mich dann beschimpft. Funkstille.

»Dem Balg scheint es aber zu gut zu gehen, wenn sie sich so benimmt.«

Ich brummte lediglich und begann den neuen Einkauf zu scannen.
Das Eintrittsglöckchen läutete. Wir beide sahen auf, als Jennie mit Chaeyoung Hand in Hand hereinkamen. Ich hatte das Gefühl, dass jedes Mal, das ich sie sah, hatte Chaeyoung immer eine neue Haarfarbe. Diesmal hatte Jennies Freundin ihre Haare Pastellviolett gefärbt.

»Was macht ihr denn hier?«, grinste ich und reichte dem Kunden seine Tüte.

Kichernd ploppte sich Jennie auf den Verkaufstresen. Ihre Finger schlossen sich um einen der Lollis, die neben der Kasse standen und schob ihn Momente später in eine Wange.

»Rosé hat gerade eine Pause zwischen den Lesungen. Ich wiederum bin heute schon durch. Deswegen hab ich mich entschieden, mein zwei liebsten Jungs zu besuchen.«

»Sei ehrlich, du warst bloß gelangweilt«, meckerte Taehyung, schien es ihr aber nicht zu verübeln.

Ich hatte nicht einmal gemerkt, dass Chaeyoung verschwunden war, da tauchte sie vor mir mit einem Sandwich und einer Flasche Wasser auf.
Ihr Gesicht zeigte keine Regung, während sie mir still einen Fünfer entgegen schob und ihr Essen in ihrer Umhängetasche verstaute.

»Keine Sorge, geht auf mich«, lächelte ich sie unsicher an und gab ihr ihr Geld zurück.

»Danke.«

Bis jetzt verstand ich nicht, wie die beiden zusammenkommen konnten. So bunt Chaeyoungs Haare auch waren, es war auch das einzig lebensfrohe an ihr. Es war seltsam sich mit ihr zu unterhalten. Bevor Jennie sie mit vorgestellt hatte, glaubte ich, ich seie introvertiert.

Doch nach einer viertel Stunde mehr Schweigen als Reden hatte ich lediglich erfahren, dass sie Musik studiert und in meinem Alter war.
Jennie schien wohl schon immer einen Platz in ihrem Herzen für Menschen ohne soziale Begabung gehabt zu haben.

Sie flüsterte Jennie etwas zu und gab ihr einen kurzen Kuss, dann ging sie. Grinsend winkte Jennie ihr noch nach.

»Seit wann seid ihr zwei so gut geworden?«

»Ich hab ihr bloß ein Sandwich ausgegeben«, brummte ich und stach den Strohhalm durch mein Trinkpäckchen.

»Und sie hat sich bedankt.«

Augenrollend sog ich an der Milch. Jennie machte aus den kleinsten Dingen ein reines Fest.

»Ja, Jungkook, sie hat sich bedankt.«

Ich warf Taehyung einen genervten Blick zu.

»Immer geht ihr auf mich gemeinsam los. Wann hat einer von euch schon mal meine Seite ergriffen?«

»Reg' dich nicht auf, wir haben dich lieb«, lehnte sie sich zu mir, um meine Wange zu küssen und hinterließ einen klebrigen Abdruck.
Angeekelt wischte ich die Lollispur weg.

BROOKLYN BOY | 𝑗𝑖𝑘𝑜𝑜𝑘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt