CHAPTER 20 | R

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»Was musstest du denn tun?«, flüsterte ich und hielt gespannt den Atem an. Jimins Blick driftete von mir zurück zur Tasse, die er mit beiden Händen fest umschloss.

»Prostitution ist in meiner Welt üblicher, als du denkst.« Mehr sagte er nicht und ließ mir damit unendlich viel Spielraum für seine kryptischen Worte. »Ich bin müde. Denkst du, ich kann hier übernachten?«

Innerlich trug sich da ein Konflikt zwischen mir und dem Teil aus, der sich der Anwesenheit meiner Schwester bewusst war. Dem vernünftigen Teil.

»Ich werde nichts versuchen, wenn es das ist. Ich- Ich will heute nicht alleine schlafen«, sagte er. Etwas an seinem Ton verriet mir, dass er gerade ehrlich mit mir war. Still rutschte ich neben ihm ins Bett und hielt für ihn die Decke hoch.

»Ich muss in drei Stunden aufstehen. Verlass das Zimmer nicht, bis meine Schwester nicht raus ist.«

Eifrig nickte er und rutschte in die Lücke unter meinem Arm. Ich versuchte zu ignorieren, wie perfekt sich sein Kopf in meine Schulter schmiegte. Wie von selbst glitt meine Hand um seine Taille und zog ihn näher. Der Duft nach Regen hing in seinen Haaren und auf seiner kühlen Haut.

Das Gewitter, das draußen stürmte, schüchterte mich nicht mehr ein. Und zum ersten Mal seit Langem konnte ich trotz dem Donner und den Blitzen meine Augen für die Nacht schließen.

Es erwies sich schwerer, Jimin aus der Wohnung zu bekommen, als ich dachte. Wenn er müde war, war er noch anhänglicher als sonst. Junghee war schon längst gegangen, aber er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich umzuziehen.

»Warum arbeitest du überhaupt noch dort? Ich habe dir gesagt, dass ich dich einstelle.«

»Ich kann nicht einfach kündigen. Meine Chefin wird mich bis mindestens Ende des Monats noch dort halten.«

Schnaubend überschlug er die Beine und fügte sich seltsam perfekt in das Bild meiner Küche. Ich war schon viel zu spät, weil Jimin mindestens dreimal meinen Wecker stumm geschaltet hatte.

»Dann denk dir etwas aus. Ich mag es nicht tagsüber wach zu sein.«

»Ist das mein Problem?«, fragte ich und trank den Rest meines Kaffees aus.

»Ja? Wann denkst du, komm ich an dein Blut, wenn du immer auf dem Sprung bist?«

»Heute Abend. Ich kann heute Abend. Du weißt vermutlich, in welchem Diner ich arbeite. Hol mich ab.«

Jimin war nicht taub für den spitzen Ton in meiner Stimme. Zufrieden fuhr er sich durch sein ungeordnetes Haar und lehnte sich auf der Theke zurück. Das Shirt rutschte ihm von der Schulter.

»Ja, da hast du recht. Yoongi meinte, der Kaffee sei aber schlecht dort.«

»Ja, ja, es freut mich, dass du Spaß daran hast, mich zu stalken. Mach dich jetzt fertig.«

Jimin schnalzte mit der Zunge, sprang aber mit nackten Füßen auf den Boden und schritt an mir vorbei.

»Nur zu deinem Verständnis. Ich behalte diese Kleidung.« Das brachte mich zum Schmunzeln. Ich sagte nichts dazu.

Ich zählte schon die Stunden, wann meine Schicht endete, als ich auf der Arbeit ankam. Das Ende war schon in Sicht und ich war bereit, endlich meine Füße hochzulegen. Die Aussicht hob meine Stimmung. Nur noch einige Bestellungen.

»Was kann ich Ihnen bringen?«, lächelte ich und hob den Blick. Mein künstliches Lächeln fiel, sobald mich ein Paar bekannter Augen über eine Sonnenbrille hinweg ansah. Seine Lippen waren eingerahmt von einem Lolli. Dem Lolli. »Jimin?«

BROOKLYN BOY | 𝑗𝑖𝑘𝑜𝑜𝑘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt