Ein fast normaler Tag

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Als sie sich am nächsten Tag der Bundestagskantine näherte, warf Sahra einen Blick auf ihre Uhr. Es war gegen Mittag, das bedeutete, dass die AfD Fraktion hier gleich normalerweise geschlossen zu Speisen pflegte.

Ursprünglich hatte Sahra vorgehabt Alice frühzeitig abzufangen, noch bevor sie den Bundestag betrat, aber das wäre wohl doch zu verdächtig gewesen. Sie musste unbedingt versuchen, ihre Zeitschrift zurückzubekommen bevor dieses Thema die große Runde machen würde. In dieser Hinsicht wollte sie kein Risiko eingehen. Sie musste sich einfach mit Alice treffen und eine Gelegenheit finden, sie privat damit zu konfrontieren, denn sie kannte Alice. Diese Frau würde so eine brisante Neuigkeit nicht sofort an alle weitergeben. Erpressung war stattdessen ihre Spezialität. Sie würde versuchen, Sahra dazu zu bringen, Dinge für sie zu tun, im Gegenzug dafür, dass sie ihr kleines schmutziges Geheimnis für sich behielt.

Sahra dachte darüber nach, wie sie es am besten anstellen könnte ihre Zeitschrift ohne großes Aufsehen zurück zu bekommen, denn wenn Alice keine Beweise mehr hätte, hätte sie nur noch leere Worte die ihr niemand glauben würde. Niemand, der noch ganz bei Verstand war, glaubte mehr an die Gerüchte, die die Fraktionsvorsitzende der AfD verbreitete. (Außer ein paar AfD Wählern oder den Querdenkern vielleicht.) Zum Glück hatten die meisten Leute bereits erkannt das Frau Weidel eine Meisterin der Manipulation ist.

Als sie schließlich um die Ecke bog und die Kantine betrat, saß Alice bereits zusammen mit Chrupalla und von Storch an einem Tisch.

Sahra fasste sich ein Herz und steuerte direkt in deren Richtung. Augenblicklich verstummte dass Gespräch und die Linken Politikerin wurde genauestens von den anderen gemustert.

„Oh schau an, wen haben wir denn da? Die SED-Erbin die uns eines besseren belehren will?“, rief Weidel als Sahra schließlich vor ihnen stand. Die Schwarzhaarige war immer noch ein bisschen nervös, dass Weidel wohlmöglich bei ihren Kollegen bereits ausgepackt hatte, aber das Beste, was sie tun konnte, war, sich nichts anmerken zu lassen.

"Was ist los Sahra? Hast du dich verlaufen oder am Tisch geirrt?" verhöhnte sie Wagenknecht.

"Ich würde es als angenehmer empfinden wenn wir auf Augenhöhe diskutieren würden.", gestand Sahra und setzte dabei ein sanftes Lächeln auf. Weidels erwidertes Grinsen sah erotischer aus, als es hätte sein sollen. Diese Frau war einfach zu charmant um nicht zurück zu lächeln, trotzdem hoffe Weidel still das es den anderen am Tisch nicht zu sehr aufgefallen war. "Setz dich doch, oder glaubst du etwa immer noch das du über uns stehst?"

Sahra gab klein bei und tat wie ihr gehießen, auch wenn sie sich dabei sichtlich unwohl fühlte. Erst Recht als sie bemerkte das Katja Kipping sie gesehen hatte und sich darauf sofort aufgeregt an Bernd Riexinger wendete. Na toll, jetzt würde sie wieder für neue Gerüchte sorgen. 'Sahra Wagenknecht ist inzwischen schon so weit nach rechts abgedriftet, das sie jetzt sogar mit der AfD Fraktion zusammen zu Mittag isst.', konnte sie von ihren Lippen ablesen. Riexinger warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu. Dies verriet Sahra das sie ganz und gar nicht falsch mit ihrer Vermutung lag. Schuldbewust blickte sie nach unten.

Sahra wurde im Laufe des Tischgesprächs klar, dass Weidel ihre anderen Kollegen nicht über das Magazin informiert hatte. Ansonsten hätten sie ganz anders reagiert.

Irgendwann musste sie die AfD Politikerin jedoch zur Rede stellen müssen, um nicht zuletzt ihre Zeitschrift zurückzufordern.

Nach einer ganzen Weile verließen Chrupalla und von Storch endlich den Tisch und ließen Sahra und Alice allein zurück.

Als die AfD Politiker außer Sichtweite waren begann Sahra: "Ich bin überrascht, dass du den beiden nichts davon erzählt hast." Alice schien der plötzliche Themenwechsel nicht zu beeindrucken. Sie hatte es wahrscheinlich schon so kommen sehen.

Die Kunst der VerführungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt