Die Tage zogen sich quälend langsam dahin. Wie der Käse auf einer Pizza. Der Montag (er war wieder offiziell mein Hasstag der Woche) lief genauso weiter, wie er begonnen hatte. Und zwar bergab. Den Rest der Mittagspause verbrachte ich mit Emma und Eva unter der Treppe. Danach mussten wir uns alle drei sputen, um zum Unterricht zu kommen. In den letzten beiden Stunden musste ich mich dann mit Mathe herumschlagen. Herr Fries gab uns unnötig viele Hausaufgaben auf und machte uns darüber hinaus auch noch Panik wegen der mündlichen und schriftlichen Prüfungen nächstes Frühjahr. Unsere Abschlussprüfungen.
„Das werden anspruchsvolle Prüfungen. Nehmen Sie das nicht auf die leichte Schulter. Und denken Sie bitte daran, Sie lernen nicht für die Schule, sondern fürs Leben. Ich werde ihnen einen Lernplan zur Verfügung stellen. Wenn Sie sich alle daran halten und den Stoff wiederholen, werden die Prüfungen ein Kinderspiel.", sagte er und teilte einen Stapel Blätter mit besagtem Lernplan aus. Der Lernplan hatte es in sich. Wenn es nach ihm ging, mussten wir jeden Tag mindestens eine Stunde Mathematik büffeln. Zusätzlich zu den Hausaufgaben, die er und unsere anderen Lehrer uns gaben. Am Wochenende sprach er uns immerhin einen freien Tag zu. Aber wirklich beruhigend klang das nicht gerade. Die Kopfschmerzen und Panikattacken kündigten sich bereits jetzt an. Noch mehr Stress, den ich absolut nicht gebrauchen konnte.
Sollten es in anderen Fächern genauso aussehen, würde ich pro Nacht nur noch gute vier Stunden Schlaf abbekommen, rechnete ich mir aus. Das war nicht gut. Glücklicherweise schien Herr Fries der einzige Lehrer zu sein, der dermaßen motiviert gewesen war, uns einen Lernplan zusammenzustellen. Mit knapp 40 Jahren war er einer der jüngsten Lehrer unserer Schule. Die ältere Generation war weitaus gelassener, was unseren bevorstehenden Abschluss anging. Frau Lammer beispielsweise oder Herr Kowalski, der immerhin unser Schulleiter war, ließen uns die Wahl, wie wir uns unseren Lernplan einrichteten. Leider erwarteten alle unsere Lehrer und Lehrerinnen, dass wir bereits mitten in den Prüfungsvorbereitungen steckten.
Meiner Mom hatte ich zwar weisgemacht, dass ich in der letzten Herbstferienwoche zuhause bleiben wollte, um zu lernen, dabei hatte ich mit dem Lernen noch nicht einmal ansatzweise begonnen. Die Prüfungen fanden erst im März statt. Das waren immerhin noch gute fünf Monate. Emma hatte mich genauso schockiert angeschaut, wie ich mich fühlte. Der Stresspegel wurde allein in dieser einen Mathestunde um 200% angehoben. Die schlechte Laune sowieso. Aber das war in dem normalerweise dahinsiechenden Unterricht nichts neues.
Ich war mir ziemlich sicher, dass er den Missmut und die sinkende Motivation in seinem Klassenzimmer gespürt haben muss, denn Herr Fries sprach danach nie wieder von seinem Lernplan. Somit war unsere erste Woche nach den Herbstferien schnell Vergangenheit. Das Wochenende kam und ehe ich mich versah, war schon wieder Sonntag und der Montag rückte rasch an. Ich fühlte mich alt, wenn ich darüber nachdachte, wie schnell die Zeit heutzutage verging. Wie unaufhaltsam sie voranschritt. Gnadenlos Richtung Abschluss. Etwas in mir krampfte sich bei dem Gedanken an die Zukunft zusammen. Ich war noch nicht bereit dafür. Die Zeit verging zu schnell.
Lucy rollte theatralisch mit den Augen über meine Bedenken. Wir hatten es uns auf der leeren Tribüne bequem gemacht und starrten auf ein verlassenes Spielfeld.
„Du hörst dich so an wie meine Großmutter.", sagte sie vorwurfsvoll und ich zuckte hilflos mit den Schultern. Ich hatte mir die dickste Winterjacke angezogen, die ich hatte und trotzdem fror ich. Ich versteckte meine rote Rudolph-Nase in meinem Schal.
„Aber so ist es doch. Was ist schon eine Woche? Letzten Sonntag hab ich mir noch Gedanken darüber gemacht, wie ich Aiden am besten gegenübertreten soll und heute ist schon wieder Sonntag und ich könnte mir dieselben Gedanken wieder machen. Soll ich so tun, als wäre alles wie immer?" Es brachte nichts das Thema umgehen zu wollen. Irgendwann würde es sowieso zur Sprache kommen. Dann hatte ich es lieber früh hinter mir.
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Katara - Bound To Trust (2)
Teen FictionTräume können wahr werden, wenn man nur fest genug an sie glaubt. Das ist eine Lüge, denkt Katara. Nach dem Verrat an ihr und ihrem Bruder glaubt sie nicht im Entferntesten daran, dass sie Aiden jemals wieder verzeihen kann. Das Vertrauen ist gebroc...