Nach einer Operation wieder Herr seiner Sinne zu sein ist ein wenig wie nach einer Nacht mit traumlosem Schlaf aufzuwachen. Der Übergang von Schwärze zur Realität ist nahtlos und man beginnt wieder sich normal zu verhalten.
So geht es mir auch jetzt. Nach und nach höre ich wieder was in meiner Umgebung geschieht und auch wenn noch eine Menge bleierne Müdigkeit an meinen Lidern hängt, öffne ich diese blinzelnd. Das Licht ist zum Glück nicht zu hell, so kann ich die Augen direkt geöffnet lassen und entdecke eine Schwester, welche mich freundlich anlächelt.
„Willkommen zurück Lu." Begrüßt sie mich und ich lächle zurück. Zwar ein wenig schief, aber es ist sicherlich sichtbar. Das ich nach der Operation aufgewacht bin, ist sicherlich schonmal ein gutes Zeichen, dennoch möchte ich lieber nachfragen, ob sie meinen Tumor entfernen konnten.
„..." Damit habe ich jetzt nicht gerechnet, denn statt meiner Frage kommt nur ein leises Krächzen aus meinem Mund. Anscheinend ist eine Folge der OP das ich heiser bin, aber solange es nur das ist, kann ich damit leben.
„Du musst deine Stimme noch ein bisschen schonen, dein Hals ist von der Intubation gereizt." Klärt mich die Schwester auf und ich nicke verstehend. Bei meinem nächsten, etwas tieferem Atemzug schießt mir ein Schmerz durch den gesamten Brustkorb. Verdammt! Kleine Tränen sammeln sich in meinen Augen, was natürlich auch der Schwester auffällt und so streicht sie mir mitfühlend über den Arm.
„Möchtest du ein Schmerzmittel?" Fragt sie mich und ich kann nur nicken. Es war mir klar, dass ich Schmerzen haben werde, aber mit solch einer Heftigkeit habe ich nicht gerechnet. Routiniert spritzt die Schwester mir etwas Schmerzmittel in meinen Port und jetzt heißt es abwarten, bis es besser wird.
Das Schmerzmittel wird wohl mein liebster Begleiter in nächster Zeit, denn so eine Operation geht eben immer mit Schmerzen einher. Allerdings kann ich damit gut leben, wenn ich danach wieder, ganz weit vom Krankenhaus entfernt, existieren kann und mir keine Sorgen über Tumore machen muss.
„Dann bringen wir dich mal auf dein Zimmer für die nächsten Tage. Ich habe gehört es warten schon ein paar Leute auf dich." Kündigt die Schwester nach ein paar Minuten an, in denen das Schmerzmittel schon seinen Job getan hat und meine Schmerzen zu einem dumpfen Ziehen hat werden lassen, mich allerdings auch müde gemacht hat.
Der Weg zur Intensivstation und meinem Zimmer für die nächsten Tage kommt mir wie eine Ewigkeit vor und doch sind wir nur ein paar Minuten unterwegs. Die Müdigkeit schiebe ich ganz weit nach hinten, schließlich habe ich gerade lang genug geschlafen und kann mich jetzt zumindest ein bisschen mit meinen Besuchern unterhalten. Im Zimmer angekommen, kontrolliert die Schwester noch einmal meinen Zugang und verschwindet dann, vermutlich um meine Mutter zu holen.
So ist es dann auch und meine Mama betritt wenige Minuten später den Raum. Es sind ein paar kleine Tränchen in ihren Augen zu sehen und emotional, wie ich bin werden meine Augen auch wässrig. Sie ist schnell an meiner Seite und setzt sich mit einem Stuhl neben mein Bett.
Liebevoll streicht ihre Hand über meinen Kopf und für die ersten paar Minuten sagen wir kein Wort, sondern genießen einfach nur den Moment. „Jetzt wird alles gut Liebling." Flüstert sie dann irgendwann und ich hoffe einfach nur dass sie damit recht hat. Jetzt bin ich so weit gekommen, was sollte da schon noch schief gehen.
Da meine Stimme noch immer nur ein klägliches Kratzen ist, erzählt mir meine Mama einfach ein paar Sachen. Zum Beispiel das Gio und einer seiner Freunde sich gerade um Carlos kümmern, damit sie bei mir sein kann, denn Kinder sind auf der Intensivstation eher nicht erlaubt. Das treibt mir dann doch ein Lächeln auf die Lippen, auch wenn ich mir vorstellen kann, wie nervös Gio schon den ganzen Tag über ist.
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Sunflower [Gio Reyna]
FanfictionBessere Noten und neue Freunde, das sind die Vorsätze von Lu für ihre neue Schule. Allerdings hat sie da ihre Rechnungen ohne eine Zusammenbruch mit darauffolgender Krebsdiagnose gerechnet. Ihre Welt zerbricht in tausende Scherben, sie hatte doch so...