•sechzehn•

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Am nächsten Morgen, als ich im Bad stand, fuhr ich über die neuen Kratzer. Gestern hatte ich es eindeutig übertrieben, sie waren viel zu tief und dürften ziemlich lange brauchen, um zu verheilen.

Ich wusch das angetrocknete Blut ab, nahm eine Creme und verband einhändig meinen Arm.

Ich weiß sie bleiben auf ewig und, Gott, die Narben sind so verdammt hässlich, aber ich konnte einfach nicht aufhören.

Ich bin absolut hässlich und dennoch änderte ich nichts daran.

Es war mir schlichtweg egal.

Gleich darauf widmete ich mich meinen Händen, wechselte den Verband und betrachtete die kleinen Schnitte, die sich wieder geschlossen hatten. Mir würde nie jemand glauben, was bei mir daheim abging, das wußte ich und dann versteckte ich es lieber, als, dass ich etwas erklären müsste, was ich nicht erklären kann.

Mit einem seufzen machte ich mich fertig und verließ das Badezimmer. Wenig später trat ich aus dem Haus, um am Ende unserer Auffahrt eine strahlende Elli zu sehen. Mein Herz machte einen Hüpfer, in dem Gedanken, dass jemand freudig auf mich wartete und es tat unglaublich gut.

Ich fühlte mich wertgeschätzt und akzeptiert. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, ich war schon lange nicht mehr so glücklich. Das Gefühl hielt an, bis meine Mutter aus dem Hausinneren brüllte.

Panisch schaute ich Elli an, fragte mich, ob sie es auch hörte, denn das wollte ich unter gar keinen Umständen.

Meine Mutter kam auf mich zu gerannt, ihre Augenbrauen zusammengezogen, ihre Lippen waren nur noch ein schmaler Strich. Sie wollte schon ansetzen etwas zu sagen, bis sie Elli's Anwesenheit registrierte und lächelte.

Ihr Lächeln war so falsch, wie die gesamte Situation hier. Ihr Lächeln war so falsch, wie sie selbst und das wußte sie auch, das wußte jeder.

Vielleicht mieden deshalb so viele Leute meine Mutter, vielleicht hatte sie deswegen so wenig Freunde. Sie ist einsam, und wenn ich je so werden sollte, wie sie, dann werde ich genauso einsam enden.

"Ich wünsche dir einen schönen Tag in der Schule", sagte sie mit einer zuckersüßen Stimme, von der man fast Diabetes kriegen könnte.

Das war sie nicht, so ist sie auch noch nie gewesen. Es störte mich so sehr zu wissen, dass sie nicht so ist, wie sie allen den Anschein machte.

Der Schein trügt und sie will ihr 'perfektes' Außenbild wahren. Nur, dass es eine Fassade ist und jede Fassade wird irgendwann bröckeln.

Wehmütig betrachtete Elli Charlie dabei, wie diese von ihrer Mutter in die Arme gezogen wird. Charlies geschockten Blick bemerkte sie gar nicht erst, auch, dass Charlie sich sichtlich unwohl fühlte entging ihr.

Elli sah die lächelnde Mutter, die ihre geliebte Tochter in den Armen hielt, doch irgendetwas kam ihr absolut komisch vor, nur konnte sie nicht ergründen, was an dieser Situation ihr so surreal vorkam.

Als Frau Andersen endlich ihre Tochter freigab, damit sie noch rechtzeitig zur Schule kamen, hakte sich Elli bei Charlie unter und sie liefen lachend zur Schule, jedoch fiel Elli auf, dass irgendetwas anders mit Charlie war, irgendetwas bedrückte sie.

Das schlechte Gefühl verflog, als sie ihren rothaarigen Freund sahen. Er strahlte die Mädchen an, als hätte er im Lotto gewöhnen und im Grunde genommen war Elli sein ganz persönlicher Lottogewinn.

Ich sah das die verliebten Blicke, die Yannik Elli zu warf, er war hin und weg von ihr.

Honey BadgerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt