•siebzehn•

14 1 0
                                    


Auch in den nächsten beiden Stunden dachte ich noch über seine Worte nach. Sie hatten etwas stolzes, freundschaftliches an sich. Ich vermisste es, dieses Gefühl.

Ehe ich es mich versah hatte ich Freunde. Und ja, irgendwie waren sie Freunde, es tat gut, sie an meiner Seite zu haben.

Ich wußte zwar noch nicht, ob ich mich wirklich jemals auf sie verlassen würde, aber das hing eher mit Mutter zusammen, die mir von klein auf beigebracht hatte, dass ich mich auf niemanden, nicht einmal auf sie verlassen konnte.

Ich schaute neben mich, die Gruppe, die grinsend und gedämpft vor sich hin murmelte. Ich verstand rein gar nichts, aber das war mir auch egal, weil ich zum ersten Mal zu einer Gruppe gehörte und dieses Gefühl einfach berauschend war.

Auch davon, dass wir ermahnt wurden, ließen sie sich nicht beirren, sondern plauderten munter weiter. Ich hatte einen richtigen Endorphinschub und war so glücklich, wie ich es nie war.

Mit dem klingeln standen wir auf, packten unsere Sachen zusammen und verschwanden auf den Pausenhof. Wir verschwanden hinter meinem Baum und zum ersten Mal sah ich, dass die Jungs rauchten. Angewidert beobachtete ich sie dabei, bis auch Elli eine Zigarette hervor zog. Geschockt sahen Adrian und ich sie an.

"Bloß nicht!", erfolgte von uns beiden im Chor.

"Verhext!", schrien wir erneut und brachen sogleich in Lachen aus. Er kannte es also noch. Ich genoß diese Zeit so sehr. Wir hatten es als Kinder immer gespielt und es hatte sich bis heute wohl daran nichts geändert. Ein wohliges Kribbeln durchfuhr mich und mein Grinsen wurde immer breiter. Auch er konnte nicht anders, als zu Lächeln, es war wunderschön.

Ich wollte, dass dieser Moment nie wieder endet.

Elli hatte diese Ablenkung genutzt und sich die Zigarette angezündet und war gerade im Begriff sie zu ihrem Mund zu führen, als Adrian sie ihr aus der Hand schlug und ich sogleich darauf trat, damit diese auch ja nicht mehr benutzt werden konnte.

"Hey!", fing sie schon an zu protestieren, aber Adrian schüttelte nur den Kopf zog seine Augenbraue hoch und sagte, sowas sei nicht für kleine Kinder.

Erneut musste ich Lachen und konnte gar nicht aufhören. Doch zwischen dem Lachen vergaß ich Luft zu holen. Ich stützte mich auf keinen Knien ab und versuchte Luft zu holen.

"Atmen, Charlie, Luft holen", Adrian klopfte mir auf den Rücken und versuchte mich wohl irgendwie zu beruhigen, allerdings klappte das nicht ganz.

Warum mussten meine schönen Momente auch immer zerstört werden.

Adrian packte mich kurz an der Hüfte um wahrscheinlich an mir vorbei zulaufen, oder so. Mein Herz machte einen so gewaltigen Satz, dass meine Panik verflog und ich nur noch Gedanken für Adrians Hände hatte. Hände, die gerade sanft meine Hüfte umgriffen.

Ich beruhigte mich mit der Zeit wieder und nur mein Herz schien aus dem Takt.

"Geht's wieder?", fragte er mich besorgt. Langsam nickte ich, mit ihm an meiner Seite schienen alle Sorgen und Probleme vergessen.

Er nahm seine Hände von meiner Hüfte und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Die Stelle, die bis eben noch heiß, von seiner Berührung, brannte, wurde auf der Stelle eiskalt.

"Charlie", flüsterte er leise, sodass es nunmehr ich hören konnte, "du bist so erstaunlich dünn."

Er ließ die Worte in der Luft liegen, aber ich grinste nur Stolz, dass es jemandem aufgefallen ist.

"Wann hast du das letzte Mal gegessen?", fragte er mich nun und mit einem Mal war es Totenstille. Erwartungsvoll schaute mich Elli an, während ich nur verzweifelt zwischen ihr und Adrian hin und her blickte. Langsam wurde es mir doch unangenehm, da ich Elli ein Versprechen gegeben hatte und es bis jetzt nicht eingehalten hatte.

"Ich-", stotterte ich, weil ich keine Antwort hatte. Langsam gab ich nach und zuckte nur unsicher mit meinen Schultern.

"Gestern bestimmt, glaube ich...
Ich weiß es nicht"

Tadelnd sah Elli mich an, sodass ich geknickt zu Boden sah.

"Du musst doch was essen, Charlie, das kann man doch nicht vergessen", warf nun auch Yannik ein. Er sagte es so leicht, doch es ging schnell zu vergessen, dass man noch Nichts zu sich genommen hatte.

Bei Mutter kam es dann doch nie dazu, da wir nie was gemeinsam gegessen hatten, zudem hatte ich sie noch nie, zumindest bewusst, etwas kochen sehen. Also doch, man konnte es vergessen und das schneller, als ihr denkt.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren packte mich Adrian bei der Hand und Elli hakte sich erneut unter.

"Wohin gehen wir?", fragte ich die Geschwister verunsichert.

"Etwas essen", kam prompt die Antwort. Ich versuchte die beiden zu bremsen, aber vergebens, sie ließen sich nicht aufhalten.

Ich wußte nicht wie sie es geschafft haben, aber ich wußte, dass wir jetzt auf dem Weg waren, um etwas zu essen. Ich hatte alles mögliche versucht, um sie abzuhalten, doch es half nichts. Meinen Einwand, dass ich nicht einmal Geld dabei hatte, ignorierten sie wohl guten Gewissens.

Aber ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich sie nicht ausnutzen wollte und in meinen Augen war es sogar mehr als nur ausnutzen.

Wenig später fand ich mich auf dem Beifahrersitz von Adrian wieder, während sich Elli wohl zu Yannik gesellt hatte. Mir entging nicht, wie wenig sich Adrian damit anfreunden konnte, aber nach kurzer Zeit gab er sich, aus unbekanntem Grund, geschlagen.

Nach einiger Zeit sah ich, wie wir meinem Haus immer näher kamen. Ich schüttelte vehement den Kopf, ich wollte noch nicht nach Hause, geschweige nur in die Nähe meiner Mutter, zumindest jetzt noch nicht.

Adrian schien meine Angst zu merken und kehrte augenblicklich um, erstaunt schaute ich ihn an, doch von ihm kam keine weitere Reaktion.

Wir hielten an einem Café an, das weit genug von meinem zu Hause war, als, dass ich meiner Mutter begegnen könnte. Er hielt an, zog die Handbremse.

"Danke", flüsterte ich, welches er nur mit einem nicken quittierte. Wir stiegen aus und eine verwirrte Elli kam uns entgegen.

"Ich dachte wir wollten bei uns zu Hause etwas kochen?", fragte sie uns sogleich.

"Hab's mir anders überlegt", war nur Adrians knappe Antwort darauf. Erneut warf ich ihm einen dankbaren Blick zu, ich wollte mich nicht erklären müssen.

Gemeinsam betraten wir das Restaurant, welches mir zu einem riesen Problem wurde.

Honey BadgerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt