Angewidert besah ich die Pommes vor mir, ich meine echt jetzt? Müssen es wirklich Pommes sein? Ich hätte vielleicht gerade noch so einen Salat herunter kriegen können, aber Pommes waren schon echt eine Herausforderung.Flehend sah ich dem Gegenüber in die Augen, doch es nützte nichts. Ich schaute weiter rüber zu Elli und Yannik, doch sie waren viel zu vertieft in ihr Gespräch, als dass sie meinen gequälten Gesichtsausdruck bemerkten.
Ich nahm den Ketchup und die Mayo zu Hand, nur um mir ein wenig Zeit zu vertreiben. Wenn ich jetzt die Rückseite der Tütchen zu lesen beginne, dann wäre mir endgültig der Appetit vergangen, also zog an dem Eck und machte sie so langsam wie nur möglich einzeln auf.
Dass ich Adrians Nerven damit strapazierte, war nur ein kleiner zusätzlicher Bonus. Die Schnauze voll, packte er die Tüte in meinen Händen und riss sie auf, nur um mir danach Ketchup in ein Eck zu machen. Ich nutzte dies als Vorwand, um die Pommes von mir wegzuschieben.
"Das kann ich nicht essen", flüsterte ich.
Man sah ihm eindeutig an, wie sehr er mit sich rang, die Kontrolle zu verlieren."Wieso nicht?", grummelt er.
"Tomatenmark Allergie", behauptete ich.
Er zog daraufhin nur eine Augenbraue nach oben und beäugte mich skeptisch."Ketchup sind lediglich Farbstoffe und Zucker, du kannst mir nicht sagen, dass du dagegen allergisch bist", seine Stimme klang belustigt auch wenn ein kleines bisschen Sorge mit schwang.
"Es brennt dennoch auf der Zunge", versuchte ich einen weiteren Versuch.
"Also gut Charlie, du hast jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder wir mischen die Soßen wieder, so wie wir es damals immer gemacht hatten", sagte er und fuchtelte mit der Tüte Mayo vor meiner Nase, " oder ich esse das Eck und du bekommst einen Teil von meinen Pommes, aber du isst eine gesamte Portion Pommes, dass wir uns verstanden haben."
Ich nickte nur Geistes abwesend, viel zu sehr hielt mich der Gedanke fest, dass er sich noch daran erinnerte, wie wir unsere Pommes gegessen hatten. Der Junge vergaß echt nichts, niemals.
Ergeben flüsterte ich, dass er meinetwegen Mischen dürfe. Mir entging sein siegreiches Grinsen nicht, was mich dazu veranlasste kurz zu schmunzeln.
Er mischte Mayo mit Ketchup und schob mir den Teller wieder vor die Nase. Es kostete mich große Überwindung eine Pommes zu nehmen und in den Mund zu schieben. Adrian entging nicht, wie sehr ich mich quälte. Kurz darauf stand er auf und schob seinen Stuhl zu mir rüber. Er setzte sich neben mich und legte seinen Arm um mich. Diese Geste sollte Trost spenden und Mut machen, ich fühlte mich unglaublich wohl und es half. Es ging mir gleich viel Besser, sodass ich meine erste Pommes herunter schlucken konnte.
Mit der anderen Hand nahm Adrian eine weitere Pommes tunkte sie in die Soße, um sie mir gleich danach vor den Mund zu halten. Zögerlich öffnete ich den Mund und ließ zu, dass er mich fütterte. Ich wusste nicht, woher dieser Sinneswandel kam, oder welchen Grund es hatte, aber es viel mir gleich viel leichter, diese zu essen.
"Du bist nicht die einzige, die so etwas durchgemacht hat, du schaffst es da raus und ich helfe dir dabei", wisperte er mir ins Ohr, was mir einen angenehmen Schauer bereitete, aus diesem Grund dachte ich auch gar nicht weiter über diese Worte nach, sondern ließ mich weiterhin von ihm füttern.
So ging es Pommes für Pommes, bis ich mir irgendwann nach der halben Portion den Bauch hielt. Ich jammerte nur noch kläglich vor mich hin, weil ich das Gefühl hatte, gleich zu platzen.
Bestürzt schaute ich auf die Menge, die über blieb, ich war enttäuscht, dass so viel über blieb. Meine Unterlippe begann zu zittern, ich hatte nicht nur mich, sondern auch ihn enttäuscht. Ich hatte Adrian enttäuscht.
"Das hast du super gemacht. Ich bin so verdammt stolz auf dich!", grinst mich dieser im selben Moment an. Perplex und mit offenem Mund starrte ich ihn an. Ich war vollkommen erstaunt von seiner Reaktion, mit der ich echt nicht gerechnet hatte.
Und hatte ich bis eben noch Schuldgefühle, zu viel gegessen zu haben, so waren sie spätestens jetzt, mit dieser Aussage, verflogen.
Ich grinste ihn nur weiter an, er zog mich in seinen Bann und es gab nur noch uns beide.
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Elli und Yannik beobachteten seit geraumer Zeit wie Adrian Charlie mit Pommes fütterte. Ihre Augen wurden überdimensional groß, als Adrian ihr dann auch noch etwas ins Ohr flüsterte. Elli hatte ihren Bruder schon seit langem nicht mehr so frei erlebt, wobei ihr bewusst wurde, dass sie ihn noch nie so gelöst gesehen hatte.
Auch Yannik war deutlich überrascht, Charlie, für ihre Verhältnisse, so offen zu sehen. Er hörte sie Lachen und das von ganzem Herzen, als sie Adrian Ketchup an die Nase schmierte. Es war für ihn so erstaunlich und so wundervoll seine Klassenkameradin einmal nicht so zurück gezogen und kalt zu erleben.
Doch es beschlich ihn dennoch das Gefühl, dass Charlie noch einiges zu verbergen hatte und gar nicht so offen war, wie sie sich jetzt in dem Moment gab.
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"Was machen wir jetzt mit dem Rest?", fragte ich Adrian, der gleich darauf meinte, wir könnten es einpacken und später weiter essen.
Als ich an später dachte, zog sich mein Magen zusammen und mir wurde sogleich schlecht. Adrian merkte den Stimmungsumschwung und fragte, ob er etwas falsches gesagt hatte, aber ich wank die Frage beschwichtigend ab.
Nachdem ich schuldbewusst dabei zugesehen hatte, wie Adrian meine halb aufgegessenen Pommes bezahlte, stiegen wir ins Auto und führen Heim. Anstatt mich bei mir raus zu schmeißen, wo ich zu meinem Glück feststellte, dass Mutter noch nicht da war, hielt er bei sich und öffnete abwartend die Tür.
Ich bedankte mich und wollte schon zu meinem Haus rüber gehen, als er mich am Arm packte und mich fragte, wo ich denn jetzt hingehe, wobei ich nur auf mein Haus zeigte und mit den Schultern zuckte.
"Kommt gar nicht in Frage, Charlie", sagte er, "erinnerst du dich nicht mehr, was wir nach dem Pommes essen gemacht hatten?"
Ich überlegte eine Zeit, bis ich betreten den Kopf schüttelte. Ich schämte mich, dafür, dass ich vergessen hatte, was wir alles erlebt hatten. Ich meine, er wußte einfach alles und ich?
Sanft grinst Adrian mich an.
"Wir haben Barbie geschaut, erinnerst du dich?"
Und mit einem Mal fiel mir alles wieder ein, die Nachmittage, die wir gemeinsam bei ihm verbrachten, als wir erst Hausaufgaben machten, dann Pommes aßen und letztlich jeden Abend auf dem Boden saßen und Barbie schauten.
Ungläubig schaute ich ihn an.
"Du meinst-""Wir machen einen Barbie Nachmittag."
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Honey Badger
Teen Fiction"Du hast mich verlassen", seine Stimme brach und war kaum mehr ein flüstern. "Du bist gegangen, hast mich allein gelassen. Weisst du wie ich mich gefühlt hatte? Wohl kaum. Es ist nicht immer so wie alles aussieht, Charlie." "Ich weiss sehr wohl, das...