21. Teil: Aussprache

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Ich wusste, dass Lauschen nicht richtig war, aber ich konnte nicht einfach in mein Büro zu meiner Arbeit zurückkehren und so tun als wäre alles gut. Deswegen schlich ich mich in den Besprechungsraum neben an, drückte die Tür hinter mir zu und stellte mich an die Wand, die an den anderen Raum in dem Russell und Lukes waren, angrenzte.

Vor wenigen Monaten war das noch ein großer Raum, bevor eine Zwischenwand eingezogen wurde, um zwei daraus zu machen. Es war anfangs eine gute Idee, aber die Zwischenwand war so dünn, dass man die Besprechung aus dem anderen Raum hörte, als würde man darin stehen, sodass es eher hinderlich als hilfreich war.
Mittlerweile wurden deswegen nicht mehr zwei Besprechungen gleichzeitig gehalten, weil es einfach nur störend war.

Nun war ich aber wirklich froh darüber.

Ich versuchte etwas zu hören, aber als nichts kam, drückte ich mein Ohr gegen die Wand.
Es war mucksmäuschenstill auf der andern Seite.

„Willst du endlich etwas sagen, Lukes?", fragte Russell dann plötzlich, als ich schon dachte, dass sie die Wand vielleicht, wie eigentlich geplant, bereits schalldicht gemacht hatten.

„Ich bin sprachlos, Russell", kam es nach einigen Augenblicken von Lukes.

„Mal davon abgesehen, dass Mathis der Omega ist von dem du erzählst hast. Darüber reden wir noch, aber er ist schwanger?! Von dir?! Russell, du kannst keine Kinder bekommen!", zischte Lukes hörbar wütend und mit so viel Wucht, dass ich zusammenzuckte.

Es herrschte wieder einen Moment Stille, bis Russell antwortete. „Anscheinend schon."

„Anscheinend?! Du hast doch zahlreiche Tests machen lassen?!"

„Das weiß ich selber, Lukes!", zischte Russell.

„DANN ERKLÄR MIR DAS!", brüllte Lukes, sodass ich sogar einen Schritt von der Wand wegmachen musste.

„Ich kann es dir nicht erklären!", erwiderte Russell genauso energisch. „Du hast seinen Bauch gesehen. Es hat offensichtlich funktioniert! Es war nicht geplant, aber es ist passiert und ich bin verdammt froh darüber!", knurrte Russell mit gefährlich tiefer Stimme.

Lukes schnaubte. „Das ist doch ein Witz", murmelte Lukes und ich war mir sicher, dass er den Kopf schüttelte.

„Megan ist gestorben, weil du es nicht auf die Reihe bekommen hast sie zu schwängern und der Omega lässt dich einmal ran und bekommt jetzt deine Kinder?! Das ist ein kranker Scherz, Russell!", brüllte Lukes und im nächsten Moment krachte etwas, wodurch ich verschreckt zusammen zuckte. Nur das Wissen, dass Russell sich gegen den Alpha wehren konnte, beruhigte mich ein wenig.

„Erinnere mich nicht daran, Lukes! ICH HABE SIE GEFUNDEN! ICH WEISS, DASS ES MEINE SCHULD IST!"

Ich hörte, wie Russells Stimme zitterte und die starken Emotionen, die darin mitschwangen.
Es musste ihm unglaublich schwer fallen, Lukes in diesem Punkt anzulügen. Es würde zwischen den Beiden alles besser machen, wenn Russell ihm einfach sagen würde, dass er nicht der leibliche Vater war, aber dass Russell weiterhin zu unserer Geschichte hielt, stimmte mich glücklich.
Jeder, der davon wusste, war ein Risiko, dass es irgendwann alle erfahren würden, und dieses Risiko durften wir nicht eingehen.

„Lukes", flehte Russell plötzlich. „Ich weiß das. Denk ja nicht, dass ich das vergessen könnte." Russell klang plötzlich ausgelaugt und als ich einen Stuhl quietschen hörte, ging ich davon aus, dass er sich hingesetzt hatte.

„Weiß er von ihr?"

„Mathis? Ja, ich habe ihm davon erzählt."

„Russell, sei ehrlich. Habt ihr es darauf angelegt?" Ich konnte Lukes Tonfall nicht ganz identifizieren und wusste auch nicht so ganz, was er damit meinte.

Die Bestimmung der Omegas ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt