Prolog

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Erschöpft schlepptest du dich zum Patientenzimmer. Du atmetest nochmal kräftig, zogst noch die sterile Krankenhausluft ein, bevor du in den Raum tratest. Es war für dich jeden Tag ein Kampf dich hierhin zuschleppen. Ihn dort zu sehen mit all den Kabeln und Schläuchen, die ihn am Leben hielten.
"Ich hab dir deine Lieblingsblumen mitgebracht", sagtest du, hattest diese schon vor Eintritt in eine Vase gestellt und platziertest den Strauß auf den kleinen Tisch.

Müde setztest du dich auf die Bettkante, nahmst seine Hand und streicheltest diese. In der Hoffnung er würde es spüren. Wie sehr wünschtest du dir, dass er endlich aus dem Koma erwachen würde. Dich in den Arm nahm und sagte, dass alles gut werden würde. Doch all das war Wunschdenken. Seine Augen waren verschlossen seit zehn Jahren.
Trotz allen Prognosen der Ärzte wolltest du ihn nicht aufgeben.
Du saßest noch ein wenig auf dem Bett, erzähltest ihm von deinen Geschäften, von den neusten Gerüchten in der Gang und vieles mehr, doch er reagierte auf nichts.
Enttäuscht standest du auf, beugtest dich runter und gabst ihm einen Abschiedskuss.

Im Flur schlangst du deine Jacke enger um dich. Es fiel dir schwer einen geliebten Menschen so zu sehen. Auch nach Jahren konntest du dich an seinen Anblick nicht gewöhnen.
"Hallo", hörtest du jemand hinter dir sagen. Du drehtest dich um und sahst den letzten Menschen, den du erblickten wolltest.
"Können wir reden?", bat er dich, als er dich eingeholt hatte.
"Von mir aus, Hayate", sagtest du und spucktest das letzte Wort. Du mochtest ihn nicht. Er hatte sich nach dem Vorfall einfach verpisst. Dein Vater hatte dich mit deinem Bruder im Stich gelassen.

Ihr gingt nach draußen. Du beobachtest ihn. Er holte aus seiner Hosentasche eine Packung Zigaretten raus, zündete eine Kippe an.
"Was willst du?", fragtest du und lehntest dich an die Hauswand.
"Er liegt jetzt zehn Jahre im Koma. Die Ärzte sagen, dass es wenig Hoffnung gibt. Er wird nicht mehr aufwachen. Sein Hirnschaden ist irreparapel ", erzählte dein Vater. Wütend schautest du ihn an. "Es ist aber dein Sohn und mein Bruder. Er ist noch da. Ich weiß das", knurrtest du ihn an. Du mochtest es nicht mit ihm darüber zu reden.
"Nein, er ist tot. Schon lange. Sehe es ein. Ich habe es auch akzeptiert. Das solltest du auch langsam", sprach er, packte dich an der Schulter. Du schütteltest den Kopf. Dein Vater hatte doch keine Ahnung. "Keno ist vor Jahren schon gestorben. Er wird nicht mehr aufwachen", sagte er nochmal. Tränen rannten dir übers Gesicht. Warum entschied er darüber? Du wolltest deinen Bruder nicht einfach gehen lassen. Was solltest du ohne ihn machen?
"Wann?", wolltest du wissen, hofftest das es noch dauern wird.
"Morgen."
Geschockt schautest du ihn an. Das war nicht sein Ernst.

[Slave to your Mind] | Tokyo Revengers Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt