Kapitel 25

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Doch du stießest gegen jemanden, der gerade in den Laden gekommen war. Du schautest für einen Moment auf und erkanntest den Neuankömmling sofort.  Du wolltest zügig aus der Situation raus. Dir war es so unangenehm ausgerechnet ihm noch zu begegnen.
Wärst du lieber gar nicht hier rein gekommen.
Wieso hattest du das überhaupt getan? Einen plausibelen Grund gab es nicht. Es war die Sehnsucht, die dich gepackt hatte. Das Verlangen nach einem normalen Leben, das du schon vor Jahren hattest ablehnen müssen.
Du wolltest so gerne eine Person aus deiner Vergangenheit treffen, doch es war ein Fehler.
Du hattest doch mit denen abgeschlossen, um deinen Bruder zu beschützen.
"Entschuldigung", nuscheltest du und zwängst dich an der Person vorbei. Du hattest Glück, dass er dich nicht sofort erkannt hatte.

Es dauerte einen Moment bis der Schwarzhaarige dich vollkommen registriert hatte, doch du warst schon weg. Er drehte sich zum Ladenbesitzer um. "War das nicht..?", fing er an. Er sah dir nach. Er erkannte dich nicht sofort, zu sehr hatten dich die Jahre altern lassen, aber er wusste, dass du es warst. Aber warum hattest du Draken besucht? Warst du nicht damals mit Mikey abgehauen? "Ja, Takemitchy, das war sie", sprach Draken, der immer noch etwas verdattert an den Thresen stand. "Ich wusste nicht, dass sie hier in der Nähe wohnt, dachte sie wäre mit Mikey weg. Oder ist Mikey wieder in der Stadt?", fragte der Blauäugige. Mikey war doch in Übersee, also was machtest du hier? Hattet ihr euch getrennt?
Drakens Blick schweifte wieder zur Tür. Er fragte sich immernoch wieso du hergekommen warst. "Alles okay, Draken?", wollte Takemitchy wissen. Doch der Große antwortete nicht sofort, zu sehr verweilte er in Mutmaßungen.
Wie sehr hätte er sich weiter mit dir unterhalten, vielleicht rausbekommen warum du jetzt für Bonten arbeitest. Eventuell hättest du etwas über die letzten Jahre erzählt. Sollte der Große dich suchen?
"Hallo Draken?", stupste sein Gast ihn an, doch er reagierte wieder nicht. War das eine gute Idee? "Hallooo", sprach Takemitchy etwas lauter. Draken zuckte zusammen und sah seinen Kumpel an. "Hast du was gesagt?", fragte der Tätowierte. "Ich hab gefragt, ob Mikey wieder da ist, weil sie ja hier ist", erklärte der Blauäugige.

Mit schnellen Schritten liefst du zu deiner kleinen Bleibe zurück. Zitternd schlossest du die Tür auf und ließest dich aufs Bett fallen, rolltest dich zusammen.
Dir tat diese Begegnung nicht gut. Sie nagte an dir. Sie nahm dir die letzte Lebenskraft.
Warum hattest du das gemacht? Hätte dich jemand aus Bonten gesehen, würdest du Ärger bekommen. Du wolltest gar nicht dran denken, denn du hattest in der Vergangenheit schon paar Fehler begangen und diese hatten schwerwiegende Folgen gehabt. Du hattest beinahe das Leben deines Bruders aufs Spiel gesetzt.

Du wusstest nicht genau, wann sich Mikey so verändert hatte, doch du mochtest diesen nicht.

Kacke, diese Entscheidung fraß dich förmlich auf. Du standest auf, holtest aus deiner Tasche wieder Schmerzmittel raus und warfst diese ein.
Ob es was brachte oder nicht, war dir egal. Vielleicht würdest du wenigstens etwas weniger spüren.
Am liebsten würdest dein Körper gar nicht mehr fühlen. Was brachte das überhaupt? Dir tat so viel weh, körperlich wie seelisch.
Du warst ein Wrack geworden.
Du legtest dich wieder ins Bett hinein, rolltest dich wieder zusammen und dir fielen wieder die Augen zu.
Immer wieder wachtest du auf. Es tauchten Erinnerungen der Vergangenheit auf. Es waren nicht nur Bilder, sondern kleine grauenhafte Filmsequenzen, die die letzten Jahren widerspiegelten. Du durchlebst all den Schmerz immer und immer wieder.

An Schlaf war nicht mehr zu denken. Schon lange hattest du damit aufgehört und warst froh, wenn du überhaupt für paar Minuten deine Augen schließen konntest ohne das dich schreckliche Bilder heimsuchten.
Du wusstest, dass das so nicht mehr weiter gehen kann, aber du konntest nichts dagegen tun.
Müde bliebtest du noch liegen. Was solltest du heute machen?

Nach mehreren Minuten standest du auf, holtest deine Handtasche und durchwühltest diese nach deinem Handy.
Als hättest du es geahnt, wurdest du angerufen. Du sahst auf den Bildschirm, der dir eine unbekannte Nummer anzeigte.
Du atmetest tief durch und nahmst den Anruf an.
"Hallo?", fragtest du. Einen kurzen Moment hörtest du nichts. Solltest du auflegen? Doch dann sprach jemand, deren Stimme du jahrelang nicht mehr gehört hattest. Du wolltest schon auflegen, denn ihn wolltest du mit Sicherheit nicht mehr hören.
"Bitte leg nicht auf. Können wir uns treffen?", fragte er. "Nein, Hayate", sagtest du und lagst auf.
Wieso musste er ausgerechnet heute anrufen? Warum meldete er sich nach all den Monaten wieder? Er hatte dich doch damals weggeschickt.
Wieder vibrierte dein Mobiltelefon. Erneut stand die unbekannte Nummer drauf. Du ließest es einfach klingeln, gingst in das kleine Bad und spritztest dir kaltes Wasser ins Gesicht.

Zurück im Zimmer schautest du auf das Gerät, fünf verpasste Anrufe und zwei SMS. Du wischtest alles weg. Es interessierte dich nicht, was er dir sagen wollte und packtest all deine wichtigen Sachen ein und machtest dich wieder auf den Weg zum Krankenhaus. Du hattest vor deinen Bruder zu besuchen, das hattest du irgendwie in letzter Zeit vernachlässigt.
Die Arbeit im Bordell sowie ab und an auf der Straße ließen dir keine Zeit für Freizeit. Doch heute in den paar Stunden, die du frei hattest, konntest du endlich wieder deinen geliebten Bruder wiedersehen.
Du freutest dich. Er war dein einziger Halt und leider auch dein Schwachpunkt.
Doch auf dem Weg zum Krankenhaus, klingte dein Handy. Genervt gingst du ohne zu schauen dran.
"Hab ich nicht gesagt, du sollst mich in Ruhe lassen", knurrtest du in den Hörer. Einen Moment herrschte Stille.
"Wie sprichst du mit mir, Bunny?", fragte eine ernste Stimme, die du sofort erkanntest, obwohl du ihn schon lange nicht mehr gehört hattest.
Kacke. Warum hattest du nicht geschaut, wer dich anrief? Wieso musste er dich ausgerechnet heute anrufen? Wieso musste heute so was passieren? War das die Strafe dafür, dass du dich heute getraut hattest?
"Tut mir leid, Mikey. Ich dachte, es wäre jemand anders", entschuldigtest du dich.
"Schon gut. Ich möchte, dass du heute Abend dich hübsch machst. Ich schick dir eine Limo", befahl der Hellhaarige. Du nicktest.

[Slave to your Mind] | Tokyo Revengers Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt