Farewell New York City

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Wie verabschiedete man sich mit bleibenden Eindruck?!
Ein Abschied an dem man noch sehr lange hinterher schwärmen und am besten sich ins Gedächtnis anderer einbrennen sollte.
Ein Abschied, der eigentlich kein richtiger war und nur die Zeit und eine Trennung aussetzten musste.
Richtig!
Mit einem legendären vorerst letzten Konzert unserer Band "Nightmareden".

In unserem Stammclub, in diesem wir stets auftraten, tobte bereits die Hölle vor der Bühne.
Unsere treuen Fans erwarteten uns, seit über eine Stunde, auf der anderen Seite des Backstages.
Ihr Kreischen war so gellend laut, leidenschaftlich und frenetisch, dass die dunklen schweren Stoffvorhänge und der staubige Muff die schrille Geräuschkulisse nicht mehr hinhalten konnten.

Hinter diesen grob abschirmenden und leicht durch Motten angefressenen Vorhängen, die den einen oder anderen rotierenden Lichtschein der Bühnenbeleuchtung durchließen, standen wir. Der bittersüße Wehmut stand uns dreien, im siebenden Schein unserer Gesichtszüge geschrieben.
Jeder nutzte den Augenblick im Stillen um jede kleinste Einzelheit dieses erinnerungswürdigen Abends in sein Gedächtnis einbrennen zu lassen.
Weder Doris, Adam noch ich trauten uns diesen Scheideweg mit einem Wort zu durchbrechen.

Das tat ganz allein Matt, der von der geballten Euphorie vor der Bühne angeheizt zurück in den Backstage huschte.
"Man Leute! Die Fans sind heute Abend so aufgedreht als wärt ihr die Rolling Stones!  Die können es genau so kaum noch abwarten, wie ihr für sie spielen wollt!" Und warf energiegeladen, wie mein Kumpel schon von Natur aus war, seine Arme auf die Schulter von Adam und mir.
Sogar unser Rowdy konnte es kaum abwarten, dass es losging.
War gerade er derjenige, der in der Front freudiger Vorfreude alle Instrumente anschloß und vorbereitete.

Dieser Abend bedeutete für uns 4 sehr viel.
Es sollte das letzte Konzert für unbestimmte Zeit werden, denn schon in wenigen Stunden würde ich bereits im Flieger sitzen.
Wann wir wieder gemeinsam diesen anregenden musikalischen Rausch des Dopamins spüren sollten, war ungewiss.
Die absehbaren Jahre meiner baldigen Rückkehr waren allerdings ein kleines Trostpflaster, nach dem man sich sehnen konnte.
So lang wie nötig wollte ich dieser Stadt und meinen Freunden eh nicht fort bleiben.

Das alles erwartende Nicken vom Clubchef war die befreiende Erlösung, nicht nur uns so lange auf die Folter gespannt zu haben, sondernd den Fans endlich das zu bieten, wofür sie heute da waren.
Wegen uns!
Wegen unserer grandiosen Metalmusik!
Und nicht zuletzt, so selbstverliebt wie ich sein konnte, wenn es um die Musik ging, wegen mir!
Colin Spencer
Bandleader von Nightmareden.
Gerade mal frisch aus dem College und schon in New Yorker Musikerkreisen kein unbeschriebenes Blatt gewesen.
Ich ließ mich wie Jesus der Heiland persönlich feiern, als ich, meinen Bandkollegen vorweg, die Bühne betrat.
So lichtdurchflutet wie diese war, konnte das Konzert glatt meine Himmelfahrt gewesen sein.
Wir badeten, ohne bislang nur einen einzigen Ton gespielt zu haben, im Applaus und lautstarken Gebeten der Fans.
Extra in Slowmotion.
Von einem Ende der Bühne zu anderem.
Ein auf die Folter spannender Countdown lag in der Luft, den man mit Kreischen und Weinen bejubelte.
Nicht nur ich fand darin gefallen, unsere Gäste in ihrer eigenen Hysterie schmorren zu lassen.
Doris als auch Adam shakerten mit Faxen und Posen um die Fassung ihrer Fans.
Beinah bedauerlich diese Blase aus Unmengen angestauten Emotionen endgültig zum Detonieren zu bringen.
Unsere fast schon erotisch anmutenden, an unseren Instrumenten angelegten Hände, wurden wie ein Stoß nach dem anderen vor der erlösenden Klippe lauthals angefeuert, bis der einschlagende Akkord und der erste Ton unseres LineUps ihnen den kleinen Tod, auf den alle so lange gewartet hatten, bescherten.

Zum krönenden Abschluss blühte uns, nach diesem bombastischen Abschiedskonzert und ihm rührenden Bad der Gefühle, eine wilde Aftershowparty wie es sich's gehörte.
Wie die, so vermuteten wir zumindest alle blauäugig, echte legendäre Rockstars gefeiert hätten!
Der Clubbesitzter stellte uns seinen exklusiven VIP-Bereich bereit, in dem wir die Sau mit dem einen oder anderen leichten Groupie, massig Alkohol und extravaganten Extras rausließen, die aufs Haus gingen und all inclusiv waren.
Es fühlte sich so dermaßen intensiv an, als feierten wir meinen, einer unheilbaren Krankheit wegen, letzten Lebtag.
Dabei handelte es sich nur um ein paar überschaubare Jahre, die mich von New York trennen sollten.

Is It Love? Drogo & Colin "Wie Feuer und Eis"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt