Eiskalt sitzengelassen

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Welch verrückte Nacht!
Nicht einmal in New York arteten meine Partyabende so dermaßen aus.
Was als harmlose Campusfeier begann, eskalierte zur feucht, fröhlichen "Wahrheit oder Pflicht Orgie", die zum nie erwarteten, homoerotischen Selbstläufer wurde.
Der Höhepunkt enthüllte mir nicht nur neue Erfahrungen über mich selbst, sondern ließ nichts ahnend mein Herz für Drogo endgültig höher schlagen.
Ich war tatsächlich die ganze Zeit drauf und dran mich in ihn zu verlieben und bemerkte es erst zum Schluss.

Wäre da nicht der, wider aller krönenden Leidenschaft, urst seltsame Traum.
Die Grenzen zum Albtraum waren fließend und nicht zu unterscheiden.
Vor allem dann aus welchem Punkt man diesen betrachtete.
Fakt war, dass Drogo mich auch bis hier her verfolgte.
Ich erinnerte mich noch deutlich an die überquellende Fleischeslust.
Der Drive hatte etwas bestialisches an sich.
Nicht nur, weil ich durch Drogo allein einen wahnsinnigen Hunger entwickelte, sondern in mir selbst eine Seite entfesselte, die mit sinistren Begierden gleichzusetzen war.
Wie pervers ich in dem Albtraum gewesen sein musste, mich an ihn brutal vergangen zu haben und mit Haut und Haar fressen zu wollen.

Aber wie es mit Träumen so war, verblassten sie im Übergang des Dämmerns zu vagen Bilder und zurückgelassen Empfindungen.
Ein Funke von Todesangst in einem bernsteinfarbenen Blick.
Ein unter mir sich vor Schmerzen windender Körper.
Und ein Eindruck vom tonlosem Geschrei.
In meiner Brust nagten unbegreiflich unterschwellige Gewissensbisse.
Diese gerieten aber dahinsiechend in Vergessenheit und ließen mich sorglos wie auch vollends befriedigt zurück.

Wie ich nach und nach dämmerte und mich in meinem Bett wühlte, fühlte ich eine ausgesprochen hervorragende Erholung.
Eigenartig.
Eigentlich erwartete ich, nachdem ich so viel Alkohol trank, auf den Sonntag den übelsten Kater.
Unter der Bettdecke sollte ich wie das Mädchen aus "The Ring" aussehen.
Wie eine gruselig vor sich hinstöhnende Wasserleiche.
Stattdessen fühlte ich mich seit langem zufrieden und bekam morgendliche Sehnsucht nach körperliche Nähe.

Meine Hand ging voraus und tastete die Seite ab.
Doch außer durch verlassene Laken zu wischen, war der Platz neben mir leer.
Spätestens dann öffnete ich erschrocken meine Augen und richtete mich kerzengerade auf.
Ich lag alleine im Bett.
Drogo war weg.
Für den Augenblick dachte ich weiter, dass ich träumte.
So sehr konnte ich es nicht glauben.
Um mich vom Gegenteil zu überzeugen, sprang ich von meinem Bett auf und wollte, egal wie nackt ich in dem Moment war, hastig durch alle Räume laufen.
Wären da nicht meine in die Quere kommenden Beine, die bereits nach einem Schritt nachgaben.
Ich konnte aber jetzt nicht dem Gefühl vom tauben Arschbacken und Wackelpuddingbeine erliegen.
Nach Halt und Stütze suchend, klapperte ich jedes Zimmer ab, doch Drogo war nirgends aufzufinden.
Nicht mal eine Nachricht, nach einer ich danach suchte, ließ er zurück.

Getroffen schlenderte ich durch das weiträumige Wohnzimmer, in dem ich irgendwann zum Stehen kam.
Fassungslos starrte ich ins Leere.
Erlegen von dem reißenden Stechen in meiner Brust.
Was ein elendiges Gefühl, dem ich schwer atmend und zähneknirschend entgegnete.
Vor Wut und Entäuschung quollen Tränen hoch, mit die ich nie rechnete.

Ich verstand diese widersprüchlichen Gefühle nicht.
Sonst war ich nie so nachtragend und emotional.
Wieso traf mich Drogos Abwesenheit dann so hart!?
War es etwa die Hoffnung auf Zweisamkeit?
Wollte ich mit ihm unbedingt gemeinsam aufwachen?
Da weiter machen, wo wir noch vor paar Stunden aufhörten?

Der Fakt war knallhart.
Er verschwand klammheimlich und ließ mich eiskalt sitzen.
Gerade in einem Moment, in dem das zwischen uns Form und Bedeutung bekam.
Was er mir nun zurück ließ waren aufkeimende Zweifeln, die ganze Zeit von ihm verarscht worden zu sein.
Ich hätte es doch besser wissen müssen.
Von diesem verwegenen Playboy konnte man doch nichts anderes erwarten, als mit seinen Liebschaften zu spielen.

Is It Love? Drogo & Colin "Wie Feuer und Eis"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt