Eifersüchtig? Ich?! Niemals!

26 3 2
                                    

Wer hätte gedacht, dass die restliche Woche mit einer märchenhaften Leichtigkeit vergehen würde!?
Wer konnte bloß ahnen, dass sie bis zur letzten Lesung des Freitags diese friedliche Wendung nahm!?
Als wäre mir der anfängliche Schnitzer nie unterlaufen und jeder Disput löste sich in Rauch auf.

Manchmal kam mir der völlig abgedrehte Gedanke auf, dass Colin einfach zu gut für diese beschissene Welt der Lebenden war.
Doch dann bereute ich diesen und zog diese These schnell wieder zurück, wenn ich ihn wieder ein mal in seiner eisigen aber anziehenden Reserviertheit zu lange anstarrte.
Seine Eiseskälte taute immerzu auf und verzog sich stets in ein schalkhaftes Grinsen oder eine schräge Grimasse, die er mit einem liebevollen Stinkefinger zierte.
Von den zweideutigen Bewegungen, die unerwartet aus dem Nichts kamen und er sich vermutlich nicht viel dabei dachte, wollte ich erst nicht anfangen.

Eigentlich erzürnten mich solche offensichtlichen Provokationen immer.
Würde es jemand wie Loan wagen so mit mir umzuspringen, bearbeitete ich ihn irgendwann dann so lange, bis er sich selbst durch seine Arschbacken ins Loch blasen konnte.
Wenn es allerdings Colin tat, war es was ganz anderes, zu dem ich keine passenden Worte fand.

Wie viele Jahrzehnte war es her, dass ich das letzte Mal das Gefühl, auf eine Art Wolke 7 zu schweben, spürte?!
Ich fühlte mich wie stoned.
Benebelt.
Befreit.
Leicht.
Deshalb rechnete ich nicht mit dem ernüchternden Frust, der nach und nach an mir hoch knabberte.
Seit dem einen Montag machten wir keinen weiteren Fortschritt, in dem, was zwischen uns lief.
Auch wenn es völlig Banane klang anzunehmen, dass etwas überhaupt zwischen uns lief!
Am Ende der Woche erreichte ich wieder meinen emotionalen Tiefpunkt und verdammte mich abermals mich von meinen Gefühlen so gefangen zu nehmen.


Und so ging es in ein Wochenende hinein, das für mich nicht schneller vergehen konnte.
In einem Zustand wo eigentlich weder Raum noch Zeit auf mich nimmermehr Einfluss nahmen, schien sie plötzlich die Handbremse gefunden und ausgerechnet in der Situation rangezogen zu haben.
Wo noch vor kurzem die Welt wie im Zeitraffer an einem vorbeirauschte, zog sie sich nun wie Kaugummi.

Schon am Samstagmorgen - der Zeiger, der Standuhr schaffte es gerade mal so, die 10 zu knacken - hang ich mit meinem Glas Frühstücksblut über dem Tisch und brummte demoralisiert in meine verschränkten Arme hinein.
Ich hatte jetzt schon kein Bock mehr auf Geduld üben.

Das allgegenwertige Ticken der antiken Standuhr, das den Essenssaal erfüllte, verlieh meinem Leidensweg den gewissen stetigen Hohn.
Und dann saßen noch diese zwei Pappaufsteller von Brüder am Tisch, von den der eine vor der Morgenzeitung und der andere an seiner Prosa hang.
Zum Glück hatte der kleine Teufel im Rüschenkonstüm es heute eilig gehabt mit dem Frühstück schnell fertig zu werden und war längst in seinem Zimmer verschwunden.
Die neuen Puppen weihten sich bekanntlich nicht von alleine ein.
Es war schon gut so, dass mich keiner meiner Vampirgeschwister ansprach.
Meine Brüder waren gut darin mich zu ignorieren.
Vor allem dann, wenn ich meinte melodramatisch zu werden.
Also konnte ich in Ruhe in meinem Selbstmitleid suhlen.

Doch nichts da!
Ein Vibrieren riß mich aus meiner nöligen Unzufriedenheit heraus.
Ich brauchte einen Moment bis ich raffte, dass es mein eigenes Handy war.
Es gab also zu dem Zeitpunkt keinen Grund für mich zu überstürtzen, plötzlich aufzuspringen und nach dem Telefon zu kramen, weil ich jemanden sehnlichst erwartete.
Zumal derjenige nicht meine Handynummer besaß, von dem ich mir etwas erhoffte.

Und ich lag damit völlig richtig als ich aufs Display sah!
Hätte ich es lieber in meiner Hosentasche stecken gelassen!
Ich bereute es sofort nach der kitschigen Gutenmorgennachricht von Mia, die nur so von Herzchen und Küsschen triefte, geschaut zu haben.
Sie fragte mich ganz unverblümt ob ich heute für sie Zeit hätte, worauf ich nur mit einem wortkargem"Vielleicht" antwortete.
Solle es dazu kommen, dass ich tatsächlich noch an Langeweile sterben sollte, hätte ich mit ihr zumindest einen Notnagel.
Wäre zwar nicht die feine englische Art aber irgendwie musste ich mir die Zeit bis zum Montag vertrieben.

Als ich mein Telefon wieder in meine Hose verschwinden ließ, kreuzte der interessierte Blick Peter dem meinem, als ich kurz aufsah.
Eigentlich sah er wie immer, als hätten wir 7 Tage Regenwetter, bedröppelt drein, doch da huschte für einen Augenaufschlag ein Geistesblick über seinen Ausdruck, den ich nicht zu deuten wusste. "Naaaa... hat sich da etwa ne Gelegenheit für dich heute ergeben?!" Nahm mein Bruder offen an, während er seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Literatur warf.
Ich warf mich seufzend zurück auf die Stuhllehne, zuckte müde mit den Schultern und antwortete knapp mit "Mia" als wäre sie kein großes Thema wert.
Im Grunde genommen war sie damals, aus der Situation in der Mensa heraus, ein spontaner Unfall gewesen.
Sie war der Schlag Blondine, den man in Clubs aufriß, rummachte und die Hörner abstieß, um sie nie wiederzusehen.
Geht jetzt an einem Ort wie der Uni nicht so unausweichlich.

Peter war da aber, wie von allen guten Geistern verlassen, anderer Meinung. "Vielleicht ist es heute gar keine schlechte Idee, wenn ihr was zusammen unternehmt. Du hast sie nun wirklich lange genug vernachlässigt." Redete mein Bruder mir ein ungewohnt schlechtes Gewissen mit miesen Argumenten ein, das ich es so von ihm nicht kannte.
Aber bevor ich, gleich wie irritiert ich drein sah, etwas erwidern konnte, musste sich natürlich im selben Moment der größte Moralapostel vom Dienst zu Wort melden. " Wer ist Mia?!" Beäugte Nicolae mich vernichtend. "Nicht etwa wieder ne arme Damenseele, die für nichts reicht als für deine Bettgeschichten, die jedes Mal in ein Desaster enden!?"
Auf seine prüden Predigt verdrehte ich die Augen. "Nein Nicolae, so ein Interesse habe ich nicht an ihr!" Versuchte ich zu beschwichtigen, worauf ich eine skeptisch verzogene Braue von Peter erntete. "Das sah vor Wochen aber etwas anders aus, als sie nach kurzer Zeit bereits auf deinem Schoß saß."

Was zum Teufel?!
Was sollte das werden, wenn es fertig wurde?!

Ich war ahnungslos was Peter mit seinem vorführenden Seitenhieb bezwecken wollte.
Mich zu verärgern schaffte er es jedenfalls gut.
"Sag mal Peter! Kannst du dich gefälligst um deinen eigenen Kram kümmern!?" Polterte es aus mir heraus.
Mein Bruder setzte jedoch darauf ein andächtiges Gesicht auf und schüttelte bestürtzt mit seinem Kopf.
Dass er seine wertvolle Lektüre beiseite legte, verstärkte nur die Lage etwas ungeheuerliches zu verbrechen.
Peter wusste wie Nicolae auf mein verfehlendes Verhalten im allgemeinen und in der jüngsten Zeit allergisch reagieren konnte.
Als er seine Zeitung weglegte, wurde mir klar, dass mein Emobruder ihn köderte und mir gleich etwas anhören konnte.

Na tolle Blutwurst!

Ich exte mein Glas voll Blut und stierte meine Brüder angenervt aber nicht weniger erwartungsvoll an.
Da rückte Nicolae ruckartig vom Tisch zurück und bäumte sich mit seiner ganzen Autorität, die er in dem Augenblick sammelte, vor uns auf. "Wenn du dich weiter so ruchlos mit den Frauen umgehst, werde ich dir verbieten mit ihnen zu verkehrten!" Drohte er mir vor meinem anderen Vampirbruder.
Mir klappte die Kinnlade runter bei dieser Drohnung.
Dann, so lächerlich wie sie in unserem Dreierdisput nachhallte, konnte ich nicht anders als darüber feucht zu lachen.
Sie war so absurd, dass ich mein Gesicht wieder und zwar grunzend in meine Arme vergrub.
"Dein ernst Nicolae!?" Eskalierte ich quietschend vor mich hin.
Hätte ich noch einen Atem zu holen, wäre dieser Moment prädestiniert in ein grenzdebiles Heulen einer atemlosen Robbe zu verfallen.
Dafür blieb kein Auge trocken vor Belustigung.
"Du willst tatsächlich einem mehr als nur erwachsenen Vampir verbieten in der Weltgeschichte rumzuvögeln!?" Sprach ich das Kind beim Namen, worauf mein prüde Bruder zerknischt dreinsah.
Die über 100 Jahre Altersunterschied machten sich vor allem hier zwischen uns bemerkbar.
Ich kam mir vor als wäre ich ein kleines Kind, das vor seiner Mutter die wüstens Wörter in den Mund nahm, die es vor anderen Erwachsenen aufschnappte.
Mit dem feinen Unterschied, dass ich dem Kindesalter lange genug entwachsen war.
"Ich weiß nicht, was so lustig daran ist, Drogo!?" Gab sich Nicolae immer noch vornehmend entrüstet, obwohl seine Hände, die sich zu Fäuste ballten, etwas anderes preisgaben.
"DU bist hier die Lachnummer!" Platzte es aus mir heraus, wie auch das ruckartige Aufstehen von meinem Platz. "Was glaubst du, wer du bist, dass du mir solche hirnamputierte Vorschriften machen darfst!?" Spie ich diesen provozierenden Konter ihm entgegen, während ich um meinen Platz zu seinem trat.
Wir starrten uns eindringlich an, in der Hoffnung der Andere gebe nach.
Doch mit mir war mein älteste Bruder schlecht gewickelt.
Ich war so sehr auf ihn fixiert, dass ich die Unruhe meines Anderen nicht mitbekam.
Seine beschwichtigenden Worte waren allerdings eindeutig parteiisch. "Kom mal zur Besinnung, Drogo! Wir haben nur unsere Tarnung im Kopf." Sprang schlussendlich Peter auf und stellte sich neben Nicolae hin. "Dein schwanzgesteuerter Trieb hat uns oft genug Schwierigkeiten beschert!"
So wie er sich mit diesem nachtretenden Kommentar einmischte, schnellte meine Hand von alleine nach seinem Kragen. "Du kleine Made, hälst mal den Rand!" Zischte ich den dunklen Schopf an, der aber schon im nächten Augenaufschlag vom Ältesten aus meinem Griff befreit wurde.
Dies verunsicherte mich aber kein bisschen. "Wer hat hier mit diesem Thema stunk gesucht!? Ich etwa?!" Donnerte es aus mir heraus. "Was bezweckst du da.......?!" Aber mir blieb keine Möglichkeit den Satz zuende auszusprechen, denn unser lauthalser Streit wurde im nächten Augenblick von der penetranten Türklingel rausgerissen.

Wir hielten erschrocken inne.
Niemand bemerkte von vornherein einen anbahnenden Besuch.
Dafür waren wir Drei wohl zu sehr in unserem Streit vertieft gewesen.
Nur in dem Ausdruck Peters mischte sich plötzlich Panik mit, als ginge ihm ein Licht auf.
Krank von dem Streitgespräch, war ich der Erste, der sich in Richtung Haustür rührte, was für meinen Emobruder auch wieder nicht richtig war.
"Lass mich rangehen. Du muss wirklich nicht an die Tür gehen, wenn du so wütend bist." Versuchte er mich in aller Kunst der Überredung davon abzuhalten, was allerding in eine Ansammlung verunsichert gestammelte Wörter enderte.
Er wollte mir noch zuvorkommen, wurde aber bestimmt am Türrahmen zurückgedrängt.
"Ach jetzt soll ich nicht mehr vor die Tür gehen?!" Hielt ich gerade noch so inne. "Dann werde ich erst recht rangehen." Stampfte ich brüllend durchs Foyer.
Ich ahnte nicht wie sehr meine fortlaufende Wut mich gefangen hielt, dass so manche Sinneseindrücke verspätet bei mir ankammen.
So wie dieser eine Duft, der mir in dem Augenblick wie eine Täuschung um die Nase wehte.
Erst als ich die Tür aufriss, wurde mir klar, wer da gerade direkt vor meiner Haustür stand.

Colin

Es war ungewohnt ihn in seiner Freizeitkleidung, die aus einem weißen Totenkopfshirt und eine schwarzen Hose bestand, vo meiner Türschwelle zu sehen.
Dann war noch ein eigenartig geformter Rucksack, den er trug.
Nach der Form zu urteilen, befand darin eine Gitarre.
Und in einem weiteren Koffer vermutete ich Musikequipment.

So langsam dämmerte es mir und ich zählte eins und eins zusammen, was für ein Schmierentheater gerade gespielt wurde.
Nichtsdestotrotz starrte ich den Lulatsch mit überraschenten weit aufgerissenen Augen an, wie er es gerade tat.
"Ehmm... Tach... Komme ich gerade ungelegen?" Und ließ seinen Blick, der anfänglich auf mir lag, rüber zu Peter schweifen, der peinlich berührt und wie ertappt im Foyer stand.
Mein eigener fiel da viel vernichtender aus, der seinem nachsetzte.
Diesen entzog sich mein Burder jedoch mit Bravour und starrte peinlich berührt und abschweifend die Wandleuchten oder was sonst noch so hübsch im Foyer hang an.

Peter, du kleine Mistratte!

Is It Love? Drogo & Colin "Wie Feuer und Eis"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt