Unsichtbare Bande

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,,Hallo! Wie kann ich euch helfen?", schnitt Lady Lessos kalte Stimme durch ihr Büro im sechsten Stock. Mit klackernden Absätzen schritt sie majestätisch hinter ihren Schreibtisch und ließ ihre schwere Mappe dramatisch auf den Tisch fallen.

Elegant ließ sie sich auf ihren Ledersessel nieder und starrte die drei mit Argusaugen an. ,,Was kann ich jetzt für euch tun?", fragte sie erneut und wirkte dabei leicht genervt.

,,Äh - wir wollen... also?", fing Agatha an, konnte aber keinen vernünftigen Satz bilden. Warum war die tote Schulleiterin des Bösen hier? Das ergab doch überhaupt keinen Sinn! Und warum war sie Bürgermeisterin? 

Auch Clarissa konnte keinen klaren Gedanken fassen. Lesso, ihre Lesso, saß gerade vor ihr! Mehr oder weniger erfolgreich unterdrückte sie den Drang, ihrer besten Freundin um den Hals zu springen und sie nie wieder loszulassen. Stattdessen grinste Täubchen wie ein Kind im Süßigkeitenladen. Jetzt wusste sie wie sich Agatha und Sophie gefühlt haben mussten. So nah vor jemanden zu stehen, den sie mochten, der sie nicht einmal kennt! Lesso war doch tot? Dass muss doch einfach etwas bedeuten!

Sophie war nicht so weg von den Socken, wie die anderen beiden, aber doch ein bisschen. Auch sie konnte es nicht begreifen, warum ihre Mentorin jetzt vor ihr saß.

,,Wir wollen uns eintragen lassen!", meinte Clarissa dann doch und strahlte immer noch wie ein Honigkuchenpferd.

Lady Lesso schaute zwar etwas verwirrt, da Täubchens Laune sich so schnell geändert hat, aber sie ignorierte es einfach. Sie musste ja nicht alles wissen! Sie kramte etwas in ihrer Schublade und zog dann drei engbedruckte Blätter raus. ,,Bitte ausfüllen!", meinte sie und legte die Papiere etwas unsanft vor ihnen ab, daneben drei Kugelschreiber.

Verwirrt beobachtete Lady Lesso, wie ihre drei "Gäste" fieberhaft versuchten mit den geschlossenen Schreibern zu schreiben, ehe die Schwarzhaarige offenbar den Mechanismus verstanden hatte. Sie schüttelte den Kopf. Auf welche Idioten war sie denn hier gestoßen? Genervt widmete sie sich wieder ihrer Arbeit. 

Clarissa, Sophie und Agatha hingegen setzten sich etwas abseits auf eine Couch und beratschlagten was nun in die Felder gehört.

,,Warum wollen wir hier sein? - Boa keine Ahnung! Wir hatten keine andere Wahl!", beschwerte sich Agatha.

,,Schreib, dass es uns so gut gefällt. Aber was sollen wir bei Beruf schreiben? Weltenbummler?!", schlug Sophie genervt vor.

Agatha zuckte mit den Schultern. ,,Nimm "Kellner" oder "Krankenschwester" sowas gibt es überall!"

Während die zwei sich durch den Fragebogen kämpften, galt Täubchens Blick und ihre Gedanken nur ihrer besten Freundin. Ob sie tief in sich spürte, dass sie sich kennen? Fühlte sie vielleicht sogar eine Bindung zu ihr? Wie sie so dasaß: Ihre schwarzen Haare fielen in ihr Gesicht. Ihre Haltung war angespannt und gestresst. Was sie wohl so beschäftigte? Hatte sich denn so viel zu tun? Was könnte sie nur tun, um ihrer Freundin zu helfen? Die Wunschfee seufzte. 

Wohl etwas zu laut, denn Lesso blickte von ihrem Tisch auf und ihre Augen trafen die der Wunschfee. Ihre violetten Augen bohrten sich in ihre und sie fühlte sich sofort sicher, frei und beschützt. Ihre Gesichtszüge waren so vertraut und schön - Täubchen könnte sie stundenlang anstarren. 

Fragend zog Leonora eine Augenbraue nach oben. Oje, hatte die Wunschfee etwa gestarrt? Clarissa konnte nicht anders als zu lächeln. Verwirrt schossen Lessos Augenbrauen in die Höhe und ihre Wangen färbten sich zart rot. Verlegen biss sie sich auf die Unterlippe. Scheu starrte sie wieder auf die Dokumente vor ihr.

Clarissa musste schmunzeln. Sie war so niedlich dabei - auch wenn sie dass nicht gerne hörte.

,,Hey Clary, was machen wir...- äh...", begann Sophie, erkannte aber bald, dass die Wunschfee nur Augen für die Bürgermeisterin hatte. Auch Agatha blickte nun von ihren Blatt auf und musste grinsen. War ja klar, dass das passieren würde, obwohl sie eher auf Sophie und Hort getippt hatte. 

Schnell füllten die beiden auch Clarissas Bogen fertig aus und erhoben sich um zu gehen.

,,Wir sind fertig", sagte die Prinzessin von Camelot, legte die Zettel auf den Schreibtisch und ging in Richtung Aufzug. Dass sie dabei die beiden Schulleiterinnen bei ihrem "Anstarrspiel" störte, machte ihr wenig aus. Sie hatten größere Probleme. Den Herrscher zum Beispiel!

Enttäuscht ging Clarissa mit, aber nicht ohne einen letzten Blick zu der Schwarzhaarigen hinter dem Schreibtisch geworfen zu haben. Lächelnd blickten sie sich noch kurz an, ehe sich der Fahrstuhl schließt.

Als sie das Gebäude verließen, gingen sie - unter Sophies Anführung - gleich zu dem Café in welchen sie sich mit Hort aka Davis treffen wollen. Schweigend trotteten sie nebeneinander. Jeder hatte eigene Gedanken. Sophie will zu Hort und plant seine Verführung. Agatha will endlich hier weg und den Fluch brechen. Clarissa hing immer noch bei ihrer Freundin - zumindest gedanklich!

Sie traten ein und suchten sich einen gemütlichen Tisch in der Ecke. Abgeschieden und für private Gespräche perfekt!

Kurz darauf kam Hort auch schon herein - ohne Hunde - und setzte sich grinsend neben Sophie.

,,Hallo! Und wie ist es bei der Eiskönigin gelaufen?", fragte er interessiert, schaute dabei aber nur Sophie an.

,,Eigentlich ganz gut, aber ~", startete Sophie ihre Aufzählung und Hort lauschte ihr gespannt.


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Krachend fiel Aric durch die eben aufgebrochene Tür.

,,Na endlich! Siehst du Japi! So geht das!", behauptet er und klopft sich den Dreck von der Hose.

Doch der hatte - ausnahmsweise - keine Augen und Ohren für seinen Freund, stattdessen starrte er in den Raum in welchen sie gerade gelandet sind. Anerkennend pfiff er. 

Vor ihnen erstreckte sich eine gewaltige Ansammlung von Bücherregalen, die sich meterhoch bis an die Decke des Raumes streckten. Dicke mit Staub überzogene Bücher steckten ordentlich aufgereiht an ihren Plätzen. Staunend ließen sie die Kegel der Lampen durch den Raum gleiten und wagten sich tiefer durch die Gänge.

,,Was ist das hier, Japi?", fragte Aric. Seine Stimme schwankte und war ungewöhnlich leise. Alles hier unten war angsteinflößend und kalt. Dunkle Mächte schienen sie zu beobachten und langsam zu erdrücken.

Kalter Schweiß lief über ihre Rücken und hilfesuchend klammerte sich Japeth an Arics Hand. 

Ganz am Ende des Raumes lag ein aufgeschlagenes Buch auf einer goldverzierten Halterung. Mit zitternden Knien gingen die Jungs darauf zu. 

Das Buch war zerrissen, hatte Eselsohren und Brandstellen und hier und da fehlten einige Seiten, die gewaltsam rausgerissen worden waren.

Mit klammen Fingern klappte Aric das Buch zu, um den Titel lesen zu können.

"Die verbotene Geschichte des Ehepaars der Nacht" prangte dort mit goldenen Lettern, die seltsamerweise strahlten und glänzten und so ganz und gar nicht zum abgenutzten Buch passten.

Dumpf ließ er das Buch zusammenklappen. Plötzlich knarzten die Regale vor ihnen. Mit einem Riesenlärm klappten sie zur Seite und gaben einen steinernen Gang frei. 

Eiskalte Luft strömte ihnen entgegen und der Gang schimmerte seltsam blau. Feiner schwarzer Rauch bedeckte den Boden und schmiegte sich nun um ihre Füße. Stalaktiten hingen im Gang hinab und bildeten gefährlich spitze Lanzen, die bedrohlich im Schein der Lampen funkelten.

,,Wo sind wir hier?", zitterte Japeth und drückte Arics Hand noch fester.

,,Ich glaube wir sollten gar nicht hier sein...", murmelte Aric und drückte Japeth fester an sich.



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Soooo... Ich hoffe das Kapitel hat euch - wie immer - gefallen?!

Ich habe mich jetzt endlich durchgerungen ein Kapitel zu posten und auch wenn ich nicht ganz zufrieden damit bin, ist es nun endlich Zeit, dass es bei unseren Helden weitergeht.

Was denkt ihr, wie geht es weiter? Wo sind Aric und Japeth nur reingeraten? Und hat Hophie Zukunft?

LG und schönen Tag noch!


The school for good and Evil ff {Fire and Ice}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt