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Als ich an diesem Morgen aufwache, kann ich es kaum abwarten Henry wieder zu sehen. Die ganze restliche Nacht habe von seinen Lippen geträumt und wie wunderschön unser erster Kuss doch war. Doch bei jedem Gedanken daran, werde ich auch nervös ihn wieder zu sehen.

Wie wird er denn jetzt mit mir umgehen? Wird er so tun als wäre nichts passiert? Oh Gott, wird er mich jetzt vor allem Leuten küssen? Nein, das wird er nicht. Rein theoretisch dürften wir uns ja noch nicht mal küssen. Wir sind noch nicht verheiratet. Noch nicht. Ich frage mich tatsächlich, wann wir heiraten. Ich habe ja gehört, dass er mir Zeit geben lassen möchte aber wie lange heißt das denn?

Mary kämmt meine Locken und steckt mich in ein lilanes, hübsches Kleid. „So, my Lady, dass Frühstück wartet auf euch", sagt sie und geht mit mir in den Speisesaal.
Aber zu meiner Verwunderung sitzt dort nur mein Vater und kein Henry.
„Guten Morgen, Alina", begrüßt mich mein Vater und ich erwidere es. „Wo ist denn der König von England?", frage ich ihn während ich mich setze und mir das Frühstück serviert wird.

„König Henry schläft noch", sagt er. „Du hast heute auch ziemlich lange geschlafen. Hattest du einen Alptraum?", fragt Vater während er sein gekochtes Ei aus der Schale löst. Dann fällt es mir wieder ein. Ich hatte von Lord Erikson geträumt und wie er mir in den Garten folgte.
„Ja hatte ich. Ich habe lange gebraucht um wieder einschlafen zu können", lüge ich.

„Apropos. Weißt du was gestern Abend vorgefallen ist, weswegen Lord Erikson eine Verletzung am Rücken hat?", fragt er mich. Mir fällt vor Schreck die Gabel runter und meine Bedienstete bringt mir sofort eine Neue. „Äää, nein? Warum sollte ich, Vater? Ich war doch den ganzen Abend im Festsaal"
Mein Vater zuckt die Schultern und lächelt mich an. „Da bin ich aber gespannt, was da raus kommt. Weißt du, Lord Erikson wäre eigentlich dein zukünftiger geworden. Doch der hatte dann die schwedische Prinzessin geheiratet. Diese ist am selben Tag verstorben wie dein Bruder"

Warte.

„Mh, das bedeutet?", frage ich zögerlich. „Nun ja, dass wenn Henry dich nicht heiraten wollen würde, du Lord Eriksons neue Gemahlin geworden wärst"
Jetzt fällt auch noch mein Saftglas um. „Herr Gott, Alina, was ist denn heute nur los mit dir?", Vater schüttelt über meine Schusseligkeit den Kopf und isst sein Frühstück auf.
„Aber Lord Erikson ist doch jetzt gelähmt oder?"

Vater zuckt erneut die Schultern. „Das muss der Medicus erst noch feststellen- Moment mal wer hat was von einer Lähmung gesagt?"
Vor Ertappung werden meine Augen groß und ich lach nur unbeholfen. „Ach, das war nur so eine Vermutung", winke ich ab.
Misstrauisch sieht mein Vater mich an, dann wieder sein Ei. „Wie gesagt, es ist noch nicht klar wie sein gesundheitlicher Verlauf aussehen wird. Auf jeden Fall wird die Person die ihm das angetan hat, geköpft werden"

Mein Blut gefriert und im selben Moment taut es wieder auf. Nein, Henry ist der neue König. Blöd gesagt kann er tun was er will, ihm wird nichts passieren. Oder?
„Mh, ist Lord Erikson ein König oder so?", frage ich.
„Jetzt schon", sagt Vater. „Gestern Vormittag ist sein Vater, der König von Ungarn gestorben. Und er ist der Thronfolger"
Okey. Jetzt ist mein Blut gefroren.

„Wisst Ihr was, Vater. Ich habe mich gestern Abend mit dem Lord unterhalten und deswegen fühle ich mich dazu verpflichtet nach ihm zu sehen. Wenn Ihr entschuldigen würdet", ich schiebe den Stuhl zurück und laufe mit schnellen Schritten nach draußen auf den Gang Richtung Krankenflügel.
Ich gehe die Situation von gestern immer und immer wieder gedanklich durch.
Weißt Erikson, dass es Henry war?
Was wenn ja?

Ich bete innerlich, dass er nichts mehr davon weiß und betrete langsam den Flügel. Erikson liegt alleine auf einem Bett. Sein Rücken ist mit Verband umhüllt was bis zum Bauch reicht.
Mit langsamen und leisen Schritten nähere ich mich ihm und blicke auf sein Gesicht um einordnen zu können ob er wach ist oder schläft.

Doch genau als ich vor ihm stehe scheint er meine Anwesenheit zu spüren und öffnet seine Augen.
„Prinzessin", sagt er rau und schwach. „Was verschafft mir die seltene Ehre"

„Wie geht es Ihnen?"

„Besser wenn ich herausfinde wer mir das angetan hat", sagt er jetzt auf einmal ganz klar und kalt.
Ich schlucke. „Ihr wisst es, richtig?", stellt er fest. Ich schließe meinen Mund. Er lacht ganz vorsichtig. „Prinzessin, ich bin mir ziemlich sicher wer es war. Und egal ob Ihr es sagen wollt oder nicht, werde ich sagen, dass Ihr eine Zeugin seid und dann wird König Henry Euch nicht mehr heiraten können, weil ich ihn dann töten lasse. Und dann gehört Ihr mir"

Meine Kehle schnürt sich zu und ohne etwas zu sagen laufe ich aus dem Flügel raus.
Ich renne durch die Schlossgänge zu Henrys Schlafgemach und ohne zu Klopfen platze ich herein.
Ich sehe mich schnell nach seinem Bett um und finde ihn dann schlafend darin auf. Laufend wecke ich ihn mit „Henry!", auf.
Ich setze mich auf ihn drauf und rüttle ihn wach.
„Henry wach auf!" Doch er schläft immer noch weiter. Verzweifelt nehme ich als Kurzschlussreaktion das Glas Wasser welches auf seinem Nachtkästchen steht und schütte es ihm mit einem Zug ins Gesicht.

Das weckt ihn nun endlich und er setzt sich in einer Geschwindigkeit auf, dass ich mich zurücklehnen muss, damit wir uns die Köpfe nicht anhauen.
Erst guckt er aggressiv doch als er mich dann erkennt wird sein Blick wieder sanft und müde.
„Alina, war das heute Nacht nicht genug Wasser?", fragt er mich halb ernst halb belustigt. Doch als er meinen besorgten und panischen Blick sieht, legt er seine Hand auf meine Wange. „Was ist los?"

„Erikson ist wach. Er ist wahrscheinlich nicht gelähmt und er möchte dich Köpfen lassen"
Henry sieht mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an und lehnt sich dann entspannt an sein Kopfteil. „Das kann er gar nicht. Ich bin ein König"
Ich rutsche auf seinem Schoß etwas näher und lege meine Hände auf seine Brust. Erst jetzt fällt mir auf, dass er obenrum nackt ist. Seine Haut ist weich und trotzdem hart. Ich kann die Muskeln unter meinen Fingern spüren.

„Erikson ist auch König. Seit gestern. Er ist König von Ungarn"
Fassungslos sieht mich Henry an. Ich werde wieder panischer. „Henry, er hat gesagt er wird dich Köpfen lassen und mich dann heiraten!"

Er setzt sich zielgerichtet gerade hin und umgreift mein Gesicht. „Das würde ich niemals zulassen!", sagt er entschlossen. „Außerdem, weiß er doch gar nicht wer ihn erstochen hat"

„Das nicht, aber er weiß dass ich es weiß und ihm ist klar dass du es gewesen sein musst"
Henry wird wieder unsicherer und überlegt. „Dass ihm klar ist, dass ich es war, ist kein Argument. Aber dass du Zeugin bist ist ein Problem.", er fährt sich mit seiner Hand über sein verschlafenes Gesicht und anschließend durch seine Haare. Er sieht selbst mit verwuschelten Locken unglaublich gut aus.

„Henry ich möchte ihn nicht heiraten!", verzweifelt vergrabe ich mein Gesicht in meinen Händen. „Denk nur daran was er mit mir tun würde"
Er entfernt meine Hände von meinem Gesicht und sieht mir fest in die Augen. „Niemand außer ich wird dich heiraten! Das verspreche ich dir!"

„Aber Henry, was sollen wir tun?"

„Ich werde das mit meinem engsten Berater besprechen. Ich kenne ihn mein Leben lang und er ist loyal. Ich werde eine Lösung finden. Aber du sprichst mit keinem mehr und mit Erikson auch nicht mehr, Okey?"
Ich nicke gehorsam. „Hey, mach dir keine Sorgen", er streicht mir eine Strähne hinter mein Ohr.

„Sieh mal. Ich habe dich gestern geküsst. Rein theoretisch kann er dich gar nicht mehr heiraten"

„Aber das können wir nicht als Argument bringen, weil du mich dann auch nicht mehr heiraten dürftest", sage ich. Henry nickt. „Ich weiß, ich wollte dich nur ein wenig beruhigen. Alles wird gut"

Ich stehe von seinem Schoß auf und laufe zum Fenster. Der Tag ist hell und die Sonne scheint.
Ich drehe mich wieder zu Henry der mich vom Bett aus ansieht. „Gehen wir dann spazieren, wenn du mit deinem Berater geredet hast?"
Er lächelt mich warm an. „Ja"

The royal coupleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt