delirium

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Back im Keller suchen unsere Helden erstmal Hilda und Millie. Also, Guk sucht sie, T wird mehr oder weniger hinterher geschleppt. Der lässt schon die ganze Zeit den Kopf hängen, die Locken verdecken sein ganzes Gesicht und hätte er Guks Hand nicht, würde der eh schon längst am Boden liegen. Aber so wird er halt durch die Räume geschleift, denn die beiden Mädchen sind nicht mehr beim Billardtisch, genauso wenig wie die drei vielleicht Mafia Italiener. 

Guk stolpert also mit T im Schlepptau durch den Keller, im Billardbereich kann man sich ja halbwegs bewegen, aber als er in die Club-, Discoarea kommt, ist es aus damit. Da sind so viele Leute, er muss Ts Hand wirklich fast zerquetschen, dass er ihn nicht verliert. Dauernd rempelt ihn irgendwer an, dauernd muss er irgendwen anrempeln, um weiterzukommen und immer wieder leuchtet ihm einer der bunten Scheinwerfer genau ins Gesicht, sodass er für einige Sekunden komplett erblindet. Na ja, blöd auch, wenn er reinschaut. 

Außerdem ist die Musik auf voller Lautstärke, hätte er grad Gedanken, würde er selbst die nicht hören. Das Trommelfell vibriert hektisch, die drei Gehörknöchelchen leisten Höchstarbeit. Trotzdem nimmt Guk auch die Musik nicht wirklich wahr. Er ist so konzentriert auf seine Aufgabe, Hilda und Millie zu finden, dass er sich sonst nix erlauben darf. Er weiß ja, wie schnell er den Kontext vergisst, wenn er high ist, deshalb darf er sich nicht ablenken lassen. 

Schließlich stößt er dann doch zu den girls. Sie tanzen ausgelassen in der Menschenmenge eingezwickt, heben die Arme in die Höhe und feiern die Lieder. Neben ihnen stehen tatsächlich die drei Italiener und shaken genauso ab. By the way, wir haben natürlich im Vorhinein die drei gefragt, wie sie sich identifizieren. Da haben sie erstmal alle drei er/ihm Pronomen gedroppt und dann auch die italienische Heimat betont. Wüssten wir das nicht, würden wir sie ja anders nennen, just to be clear. 

"Millie! Hilda!", brüllt Guk die beiden an, damit sie ihn auch hören. Und tatsächlich, sie drehen sich zu ihm und bekommen gleich einen erstaunten Gesichtsausdruck aufs face geklatscht. 

"Hä, was machst du hier? Wo ist T?", schreit Millie zurück, woraufhin Guk ein bisschen zur Seite rückt, damit T auch in den circle kann, "Ahhh, hey T. Puh, der schaut ja fetzenhinig aus. Was habt's ihr bitte geraucht?"

"Ja, Gras, er hat eh nur einen Zug genommen. Was geht bei euch?"

"Wir tanzen mit den drei Typen von vorher, Hilda will sich den mit Undercut aufreißen"

Guk mustert kurz die drei, um herauszufinden, wer von denen jetzt einen Undercut hat. Erst jetzt bemerkt er, wie gleich die eigentlich ausschauen. Alle schwarze Jeans, dunkler Rollkragenpullover und drei Tage Bart. Frisur schaut gefühlt auch gleich aus, also kann Guk nicht erkennen, welchen Hilda sich jetzt schnappen will, aber ist ja auch egal, er wird ihm schon noch vorgestellt werden, wenn's ernst wird. 

Da wechselt der DJ dann den Song, und auf einmal hebt T sein hängendes Köpfchen. Er checkt die neuen Beats ab und kann sich schon nicht mehr aufhalten. Der spielt einfach Flume, Hyperreal, zu dem Lied ist T schon immer abgegangen. Er kriegt also seine Energie zurück, groovt sich ein, beginnt, sich zu bewegen und mitzusingen. Erstaunlicherweise kriegt Guk das mit und bekommt auch gleich Bock zu tanzen. 

"Magst das Lied?", fragt er den Lockenboy, wobei er sich ganz nah an Ts Ohr lehnt, damit er ihn auch versteht. 

"Hell yeah, das war mal mein Lieblingslied!"

"Ja, ist ein geiles Lied"

Und dann tanzen sie. T, der wirklich komplett verloren in der Musik ist, der hat gar kein Gespür mehr für die Welt um ihn herum. Der schließt einfach die Augen und lebt in diesem Track. Guk tanzt sich ähnlich in Ekstase. Der Schweiß rinnt ihm sowieso schon runter und er singt so laut mit, dass man meinen könnte, es handelt sich um einen Kampfschrei oder so. Dennoch hat er ein klein wenig Bewusstsein für die Situation, hält immer noch Ts Hand fest, denn er muss schon ein bisschen aufpassen, dass bei seinem Freund alles okay ist. T hat sich gestern um ihn gekümmert, also will er es heute umgekehrt bei ihm tun. Das denkt Guk zwar nicht, aber in sich drin fühlt er das. Und das ist ganz nice, denn es gibt ihm Halt und eine Aufgabe, einen Sinn. 

Hilda übrigens wirbelt genauso wie die zwei boys mit ihren Extremitäten herum. Die ist 'ne richtig ausgelassene Tänzerin, kennt legit gar keine Gnade. Den Italienern um sie herum hat sie sicher auch schon die ein oder anderen Faust unabsichtlich ins Gesicht geschlagen. Aber die sind ja auch bumm zu, kriegt keiner mehr was mit. Außer der eine, vielleicht der mit dem Undercut, der irgendwie besonders nah bei Hilda tanzt, sie eigentlich schon angrindet. Manchmal geht sie darauf ein, tanzt ihn ebenfalls an, aber manchmal lässt sie ihn auch einfach links liegen, was dann auch keinen juckt. 

Millie mittlerweile, die ist eher auf der chilligen wave. Natürlich genauso besoffen wie die anderen, Augen ganz gerötet ähnlich wie bei Guk und Lippen durchblutet wie Guks alte, schon ausgetauschte Bettwäsche. Sie steht die meiste Zeit recht relaxed da, schwingt ein bisschen hin und her, tanzt nicht viel. Aber manchmal, da bekommt sie einen Flash oder so und hält irgendeiner random Person ihre Hand hin, damit die dann eine Drehung unter ihrem Arm macht, wie so 'ne Ballerina. Millie findet das ganz lustig, den Leuten beim Drehen zuzusehen, drum macht sie das vielleicht. Vielleicht aber auch einfach nur komplett random, who knows. Aber Spaß hat sie, das ist alles, was zählt. 

Wie besessen tanzen die vier also, genauso wie jeder andere im Club. Jeder hat sich irgendwie zugedröhnt, gesoffen, geschnupft, geraucht oder gespritzt, whatever. Man tut ja alles, nur um für ein paar Stunden dem Alltagsleben zu entfliehen. Ob das dann damit endet, dass man ins Gebüsch kotzt, oder am nächsten Tag mit 'ner fremden Person im Bett aufwacht, ist dann auch eher wurscht. Hauptsache man lasst es krachen in der Nacht. 

Und krachen lässt es unsere vierer Gang ganz ordentlich. Hilda geht komplett auf in der Musik, lässt sich fallen und twerkt ein bisschen den Italiener an. Millie schwebt in ganz anderen Spähren, ähnlich wie in Trance schwingt sie herum. T hingegen ist completely lost, existiert nur für die Lieder und hat Null Bewusstsein mehr für irgendwas anderes. Der würde es ja nicht mal merken, wenn man jetzt einen Finger in seinen Arsch stecken würde. Aber das macht ja keiner, da passt Guk schon drauf auf. Der hat nämlich überraschenderweise plötzlich Multitasking Fähigkeiten entwickelt, schafft es, sich die Seele aus dem Leib zu tanzen und gleichzeitig ein Auge auf T zu haben. Das ist wirklich bewunderswert, das managt manch einer nicht mal nüchtern. Aber Guk hat's drauf und so kann auch er unbeschwert abshaken bis die Morgensonne kommt. Die sind mehr im Delirium als im Köö.

gottlose welt || tgukWo Geschichten leben. Entdecke jetzt