abschotten

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Als Guk keinen Bock mehr auf mental breakdown hat, dröhnt er sich mit Gras zu. Der halbe Joint von vorhin und noch ein neuer, ganzer hinterher. Dann fühlt er sich wieder gesettlet, beziehungsweise er fühlt sich gar nicht, aber das ist ihm am liebsten. Er verflucht den Spiegel und hängt ein dreckiges Leiberl darüber. Dann schaut er auf sein Handy, da er vor einer Stunde eine Nachricht von T bekommen hat. 

bin jz daheim, war ncoh schön spaziern, pi war heut im dorf, heut gibts fisch,,,was geht bei dirso?

Irgendwo freut Guk sich, dass T ihm dieses kleine Lebensupdate schickt. Banale Informationen, aber er teilt sie mit ihm, das ist doch schön. Guks head ist zwar weitestgehend ausgeschaltet, aber appreciaten kann er das entfernt. Ohne viel nachzudenken schreibt er gleich zurück und bleibt on. 

ich chill... und hab drüber nachgedacht wie ich mich mehr akzeptieren kann

Er tippt das ganz ehrlich, es flutscht ihm halt so aus der mind. T kommt sogleich online, der hat wohl auf die Nachricht gewartet und antwortet auch sogleich. 

ich bin stolz auf dich, <3 , bist du auf iwas gekommen? wie gings dir mit dem thema?

hat nicht wirklich funktioniert...

möchtest du dass ich vorbeikomm? wir haben schon gegessen, ich hab zeit

eher nicht, bin ziemlich ko noch von gestern x.x 

okay, kannst dich jederzeit melden, wenn du was brauchst

danke

Nein, Ts Gesellschaft will er jetzt nicht. Die mentalen Probleme hat er zwar elegant zur Seite gepusht, jedoch ist er grad komplett high, die geröteten Augen fallen ihm schon halb beim Schreiben. Da ist so eine Leichtigkeit in ihm, als könnte er jede Sekunde aus seinem Körper slippen. In dem Zustand will er aber echt nicht, dass T ihn sieht. 

T schreibt gerade noch etwas, da bekommt Guk plötzlich einen Anruf aufs Handy. Sein Vater, Siwoo. Nicht erfreut zieht er die Augenbrauen etwas zusammen, hebt dann aber doch ab, da er ja weiß, um was es bei diesem monatlichen Anruf geht. 

"Guk?", hört er die Stimme seines Vater durch das auf Lautsprecher gestellte Handy. 

"Hallo, Papa", antwortet der Schwarzhaarige und konzentriert sich darauf, nüchtern rüberzukommen. 

"Grüß dich, hallo. Wie geht's dir?"

"Gut. Ist ein recht angenehmer, normaler Sonntag"

"Freut mich. Ich hab dir das Geld schon überwiesen, ist es angekommen?"

"Ja, passt alles. Danke"

"Bitte. Und was tut sich in deinem Leben? Was hast du erlebt diesen Monat?"

Guk überlegt kurz, was er erzählen soll. Irgendwie fühlt er sich nämlich verpflichtet, seinen Vater wenigstens etwas Info über sein Leben mitzuteilen, da er ihm immerhin jeden Monat freshe 200 Euro überweist. Also fackelt er nicht lang rum und labert einfach drauf los. 

"Ich hab jemanden kennengelernt", beginnt er, weil dieses Thema in gefühlt jedem Film mit diesen Worten angeschnitten wird. 

"Oh, wirklich? Super, Guk, das freut mich. Erzähl, wer ist das?"

"Er heißt T. Er ist Pianist und studiert an der MUK. Außerdem hat er einen Selbstversorger Bauernhof, baut dort alles selber an. Er ist unglaublich lieb, kreativ, klug und ehrlich. Wir sind seit Kurzem zusammen und wir sind beide sehr glücklich"

Ha, da schwindelt Guk aber ordentlich, hört sich ja gleich viel besser an, als es eigentlich ist. Studium hat T abgebrochen, Selbstversorger Hof hat Pi aufgebaut, da hilft er nur bisschen mit und dass beide glücklich sind, na ja, da lässt sich auch drüber diskutieren. Die Charaktereigenschaften, die Guk seinem Freund zuordnet, wählt er sogar ernst, so sieht er T. Aber sonst übertreibt er dezent, nur damit sein Vater das Gefühl hat, in Guks Leben läuft endlich mal was richtig. Da bleibt vielleicht auch der Geldfluss eher erhalten. 

"Das hört sich toll an Guk, ich freu mich für dich!", behauptet Siwoo und man kann legit die happiness aus seiner Stimme hören, "Wohnt er auch in Wien?"

"Ja, an der Donau. Wirklich schönes, großes, altes Holzhaus"

Hm, groß ist wohl auch eher nicht der Fall, aber egal, klingt halt besser. Big dick verkündet man auch lieber als small dick, leider. 

"Toll, wirklich toll. Pass gut auf ihn auf. Wenn du ihn magst, sei an seiner Seite und zeig's ihm. Aber noch wichtiger, pass auf dich selbst auf. Schau, dass du glücklich bleibst"

"Natürlich"

HAHA, peak comedy hier, oida. Was für glücklich bleiben, der Bre kann sich noch nicht mal im Spiegel anschauen, ohne sich 'ne Kugel durchs Hirn ballern zu wollen. 

"Wir könnten gemeinsam essen gehen. Ich würd gern deinen Freund kennenlernen. Was hat er denn gern?", schlägt Siwoo vor in der Hoffnung, seinen Sohn endlich mal wieder sehen zu können und an seinem Leben teilzuhaben. Doch Guk stößt ihn weg. 

"Nein, dafür ist es doch noch zu früh, Papa. Später vielleicht mal"

Ja ja, das glaubt er doch selbst nicht. Nie würde Guk seinen Freund und seinen Vater zusammenführen wollen, da klatschen ja zwei Welten aufeinander. 

"Okay, ich verstehe. Kein Problem, das machen wir wann anders. Und, anderes Thema, hast du in letzte Zeit mit deiner Mutter Kontakt gehabt?"

"Sie hat mir einmal Pizza bestellt. Danach war sie bei mir, da haben wir kurz geredet. Wieso?"

"Sie hat mich gebeten, dir zu sagen, dass es ihr noch immer leid tut. Sie will sich entschuldigen, aber sie meint, du schreibst ihr nicht zurück"

"Sie hat sich schon hundertmal entschuldigt. Es wird sich nichts ändern, ich...es ist mir egal"

"Denk bitte wenigstens drüber nach"

"Ja. Sonst noch was? Sonst geh ich jetzt wieder zu T, wir kochen gerade"

"Oh, ja, lasst euch nicht stören. Schöne Grüße an ihn"

"Ja ja. Tschüss"

"Tschüss, Guk. Hab dich li-"

Dann hat Guk auch schon aufgelegt. Es fuckt ihn so ab. Wieso kommen seine Eltern die letzten Jahre erst mit der ganzen Scheiße um die Ecke? Pizza bestellen, Geld überweisen, sich nach seinem Leben erkundigen und sich entschuldigen. Was bringt es ihm jetzt noch? Das hätte er mit sieben gebraucht, da hätte er Mutter und Vater gebraucht, die sich um ihn kümmern. Nun ist es einfach zu spät, das Vertrauen wurde nie aufgebaut. Das kommt Guk vor, als würde man ihm einen Grashalm zum Festhalten reichen, wenn er im fucking Ozean bei Seegang 9 untergeht. 

Es ist ihm schon irgendwie bewusst, dass seine Familie vor allem durch die Alkoholkrankheit seiner Mutter zerstört worden ist und er die Schuld nicht so auf seine Eltern schieben kann. Siwoo hat nicht gern seinen kleinen Sohn zurückgelassen, Minji wäre auch lieber nicht süchtig, wenn sie es sich aussuchen könnte. Aber so Kacke passiert eben und Guk hat es am stärksten spüren müssen. Und jetzt, Jahre später, kommen sie mit der lieben Tour daher, sorgsame Eltern und der type of shit, da Guk hat legit keinen Nerv mehr. Der will einfach nichts mehr mit ihnen zu tun haben, er kann das nicht. Allein wenn er den Whatsapp Chat seiner Mutter und ihm öffnet, kommen ihm die ganzen scheiß Erinnerungen hoch. Und das will er nicht, also schottet er sich ab. 

gottlose welt || tgukWo Geschichten leben. Entdecke jetzt