Guk hängt ein bisschen in seinen Gedanken. Es fällt ihm schwer, zu begreifen, dass sein eigener Schmerz T genauso verletzt. Das findet er nicht schön, das möchte er nicht. Wenn er leidet, ist ihm das relativ egal, aber T mit reinziehen, nein, nein, das will er nicht, das ist er nicht wert.
Er muss daran denken, dass T ihn wiederholt gefragt hat, ob er überhaupt bereit für eine tiefer werdende Beziehung ist. Mittlerweile checkt er erst, was er damals gemeint hat und so abwegig kommt ihm die Frage nicht mehr vor. Aber er will unbedingt mit T zusammen sein. Er braucht jemanden zum Reden, zum Spaß Haben, jemanden, um den er sich kümmern kann. Wenn er an letzte Woche im Köö denkt, wie T gekotzt hat und so, da hatte Guks Leben auf einmal so viel Sinn. Da gab es mal einen Grund, warum er da ist, nämlich um T zu helfen. Vielleicht ist es das, was Guk in einer Beziehung sucht. Einen Grund.
Unnötig zu erwähnen, wie problematisch dieser Gedankengang ist. Eine Beziehung sollte vielmehr den vibe einer Bereicherung haben, eines cooles Zusatzes, so wie T es gesagt hat. Wenn man Selbstbestätigung und einen Grund darin sucht, kann das nicht nur enormen Druck auf eine*n Partner*in ausüben, sondern einen auch selbst zerstören, instabil machen. Abhängig auf gewissen Art, Beziehung kann man genauso als Sucht ausleben. Und leider ist Guk ziemlich anfällig für Süchte, wie man unschwer erkennen kann.
Doch so weit denkt er nicht, er ist eher auf den trip, okay, er muss einfach annehmen, dass T ihn mag, sonst verletzt er ihn noch mehr. Er muss das irgendwie in seinen Schädel reinhämmern, muss da einfach vertrauen können. Das letzte, was er will, ist, T zu enttäuschen und ihm weh zu tun. Deshalb entscheidet er sich dazu, ihm vom Spiegelvorfall letzte Woche zu erzählen.
"Ich hab ja geschrieben, dass ich letztens probiert hab, mein Selbstwertgefühl aufzubessern"
"Ja, I know. Wie bist du das angegangen?"
"In der Therapie hab ich früher manchmal so eine Übung gemacht. Man stellt sich vor den Spiegel und schaut sich einfach nur in die Augen, aber so richtig tief in die Augen. Da hab ich mich dann irgendwie oft besser gefühlt, dachte mir so, hey, ich bin auch nur da, ist schon okay, so einen auf den vibe. Aber wie ich's jetzt wieder gemacht hab, oh boy, das hat so gebackfired"
"Wieso, was war?"
"Also, ich hab halt wieder meine Präsenz so komplett wahrgenommen, meinen Platz im Raum gesehen. Aber diesmal war's so kacke, ich hab mich so gehasst für den Platz, den ich einnehme. Verschwendung, hab ich gedacht, als ich mich gesehen hab...ähm, tut mir leid, falls...dich das jetzt sad macht"
"Macht mich sad, aber ja, ist schon gut, dass du es aussprichst, danke", meint T ehrlich und legt sich dann hin.
Er legt sich am Rücken, so dass sein Kopf auf Guks Schoß chillt und er ihm von unten ins Gesicht schauen kann. Diesmal braucht T selbst irgendwie die Nähe, weil das ganze Thema sehr auf sein Herz geht. Guk hat sich schon so abgehärtet und taub gemacht, für den ist das selbstverständlich, sowas zu denken, aber T treffen diese harten Worte sehr. Eh klar, stellt euch mal vor, eine Person, die euch ur wichtig ist und bei der ihr so froh seid, dass sie in eurem Leben ist, sagt sowas zu euch. Belastend.
"Nächste Frage ist heavy, musst du wirklich nicht beantworten, wenn es dir unwohl ist", kündigt T vorsichtig an, während Guks Finger zärtlich sein Ohr streicheln.
"Frag einfach, ist egal"
"Denkst du manchmal an Suizid?"
"Hm...also, ein Nein ist es nicht. To be honest, ich denk schon dran, ja", bekennt Guk ganz ehrlich und massiert weiterhin Ts Ohr in der Hoffnung, dass seine Worte ihn nicht zu sehr verletzen, "Aber ich würd's nicht machen. Ich denk dran, aber das heißt nicht, dass ich sterben will. Vor allem, jetzt hab ich ja eine Verantwortung auch dir gegenüber, es würde nicht mehr nur mich betreffen. Ich...bleib schon da, du musst dir keine Sorgen machen"
"Was ist eigentlich mit deiner Familie? Seid ihr euch nah?"
"Puh, nein, überhaupt nicht"
"Wieso nicht?"
"Na ja, das ist alles ziemlich kacke. Meine Mutter ist Alkoholikerin, mein Vater hat uns verlassen, da war ich noch ganz klein. Meine Mutter wollte mich nie haben, glaub ich, für sie war ich nur ein Hindernis in ihrer Sucht"
"Hast du noch Kontakt mit ihnen jetzt?"
"Bisschen. Mein Vater überweist mit einmal im Monat Kohle, meine Mutter meldet sich manchmal random, wie die Pizzabestellung damals, weißt eh"
"Ah ja, true, die war ja von ihr"
"Ja. Jetzt kommen sie erst drauf, dass sie meine ganze scheiß Kindheit und Jugend verschissen haben. Aber danke, jetzt brauch ich's auch nimmer"
"Hm, das tut mir leid. Familie ist so wichtig, find ich"
Darauf zuckt Guk nur mit den Schultern. Auf so eine Familie wie seine kann er gern verzichten. Die hätten nie den Fehler machen sollen und ihn in die Welt setzen.
"Weißt du,...mein Vater ist vor einem halben Jahr gestorben", spricht T leise und schaut auf die Seite. Guk wird aufmerksam, mustert seinen Freund konzentriert.
"Wieso?"
"Autounfall. Ein Betrunkener ist ihm mit 'nem riesigen Benz reingefahren"
"F-fuck...das tut mir so leid, T", schenkt Guk aufrichtig sein Beileid, weiß aber sonst nicht, was er sagen soll, drum wartet er einfach ab.
"Weißt du, was er immer zu Pi und mir gesagt hat?"
"Hm?"
"Dass die Kinder sich nicht ausgesucht haben, dass sie auf die Welt kommen. Die Eltern entscheiden sich dafür, Kinder zu haben. Drum schulden die Kinder den Eltern gar nichts, aber die Eltern schulden ihnen alles"
"Das...das ist wirklich schön. Vielleicht hatte er Recht. Ich denk mir oft, dass ich mich nicht freiwillig für diese Welt entschieden hätte"
"Ja, und deine Eltern haben es wohl versäumt, dich mit ihr anzufreunden"
"Möglich...Vermisst du deinen Vater?"
"Ja..."
Guk merkt, wie T etwas feuchte Augen bekommt. Er weiß nicht ganz, was er machen soll, wie man jemanden tröstet, der seinen Vater verloren hat. Außerdem kann er sich nicht mal wirklich in Ts Lage hineinversetzen, da er nie so eine starke Bindung zu seinen Eltern gehabt hat. Aber er probiert's halt mal, entscheidet sich für die touch Variante und streicht T sanft über die Wangen.
"Bitte stirb nicht, okay?", bitte T ihn und das mag sich vielleicht random anhören, aber Guk begreift in diesem Moment, warum T so Angst hat, dass ihm irgendwas passiert. Er hat schon seinen Vater beerdigen müssen, er will das nicht auch noch mit seinem Freund tun müssen.
"Ja, ich pass auf mich auf. Versprochen"

DU LIEST GERADE
gottlose welt || tguk
FanfictionGuk vegetiert in seiner abgedunkelten Wohnung vor sich hin. Er tut wenig bis gar nichts, außer Selbsthass und anxiety hat sein Hirn nicht viel zu bieten. Jucken tut ihn das nicht wirklich, meist schaltet er sowieso seinen Kopf aus mit Gras, Alkohol...