gottlose welt || tguk

and i would have stayed up with you all night, had i known how to save a life

"Okay, das hab ich soweit", fasst Pi zusammen und geht die erste Hälfte der Liste durch, "Du fühlst dich akzeptiert von ihm, respektiert, er drängt dich zu nichts. Und er ist leidenschaftlich, was dich auch oft motiviert. Ihr habt denselben Humor"

"Ja, das sind key points, denke ich", bestätigt T und wechselt kurz Sitzposition am Klavierhocker, was ein starkes Indiz für seine gayness ist. 

"Gut, dann machen wir weiter mit Cons, ok?"

"Yes"

"Also, was fällt dir ein? Warum wäre es besser für dich, wenn du nicht mehr mit Guk zusammen bist?"

"Dann muss ich keine Angst mehr haben", kommt es dem Lockenboy wie aus der Pistole geschossen, sodass es ihn fast selber wundert, "Er hat so viele Drogen bei sich daheim, ein Fehlgriff und er ist hinig. Weißt du, es ist...ich hab so Angst, dass dasselbe wie mit Papa passiert. Das schaff ich nicht nochmal"

"Ich bin überzeugt, dass du es nochmal schaffen würdest. Du hast mich, Mama, Omi, Opa, wir sind alle da"

"Eh, aber...ich kann das doch so nicht. Ich kann doch nicht mit ihm zusammen sein und jeden Abend im Bett liegen und hoffen, dass er mir am nächsten Tag noch zurückschreibt. Er ist suizidal, und...es ist so kacke!"

"Das glaub ich dir"

"Vor allem der größte Scheiß ist, dass er mich indirekt verantwortlich für sein Leben macht. Er beruhigt mich quasi, so verdreht es auch klingt, indem er sagt, er begeht eh nicht Suizid, weil er ja mich hat und er mir das nicht antun kann. Bro, heißt das jetzt, wenn ich Schluss mach, tötet er sich oder wie? Das kann er mir doch nicht antun..."

Pi überlegt kurz. Dey hat bisschen mitgeschrieben, aber größtenteils hat dey ihm einfach zugehört, da es offensichtlich ist, wie sehr T dieses Problem belastet. Kein Wunder, es ist nicht leicht, Verantwortung für das Leben einer anderen Person zu tragen und in Ts Fall will er das ja nicht einmal. Das sollte 'ne fucking gechillte Beziehung sein, für den shit hat er sich nie angemeldet, but here we are. 

"Weißt du", meint Pi und spielt bisschen mit dem Kuli zwischen den Fingern herum, "Irgendwie kann ich mir gut vorstellen, dass es in Guks mind sogar was Schönes ist, wenn er dir quasi sagt, sein Leben hängt von dir ab"

"Wie kann das was Schönes sein?"

"Vielleicht stellt er sich Liebe so vor. Dass man so ultra verbunden ist und für den anderen sterben würde oder so. Ich weiß nicht, oder er ist sich einfach nicht bewusst darüber, was für eine Last er dir mit solchen Sätzen auflegt"

"Hm, weiß nicht"

"Oder was mir noch einfällt, vielleicht hält er so wenig von sich, dass es schlicht nicht in seinem Spektrum ist, dass dir sowas unangenehm ist. Vielleicht denkt er so, ja, solang ihr zusammen seid, hast du wohl irgendwie Spaß mit ihm, aber wenn es dann vorbei ist, dann ist er dir eh egal und somit kann er auch gleich Suizid begehen dann"

"Ich hoffe nicht, dass er das denkt. Er würde mir doch nie egal sein, nur weil wir uns trennen. Aber vielleicht hast du Recht, vielleicht ist das wirklich einfach nicht in seinem Spektrum. Ich muss es ihm sagen"

"Hast du sonst noch Cons?"

"Hm, ja, glaub schon. Dadurch, dass er so viel mit sich selbst beschäftigt ist, hab ich manchmal das Gefühl, er würde mich nicht richtig sehen. Also, meine Gefühle einfach nicht wahrnehmen. Er bildet sich irgendwas ein von mir und auch wenn ich was anderes ihm versichere, er wird seine Vorstellung nicht los"

"Wie meinst du? Hast du ein Beispiel? Ich kann mir darunter grad nicht wirklich was vorstellen"

"Okay, also...ähm, ja, letztens waren wir so in 'ner Bar bei der Votivkirche, haben bissl was getrunken und getanzt, und er hat mich dann halt unangenehm berührt. Ich hab gesagt, ja lol, lass das please, nur hat ihn das so getroffen, er hat sich so fertig gemacht dafür und ich war dann eh so, yo, passiert, ist ein Fehler, wir machen weiter. Aber er hat's halt null aufgenommen und war komplett in seinem Kopf"

"Ok, verstehe. Ja, das ist halt blöd, wenn seine Gedanken lauter sind als du"

"Ja, ur! Ich hab manchmal echt das Gefühl, er denkt gar nicht an mich, sondern nur an sich. Dabei tut er so, als würde er nur für mich handeln. Ergibt das Sinn? Es ist so komisch"

"Ich check's schon, keine Sorge. Er nimmt sich wohl sehr ernst. Er hat Angst, dass er irgendjemandem Probleme machen könnte und drum denkt er die ganze Zeit drüber nach, wie er das verhindern kann. Wenn ich das hier mal so beurteilen darf"

"Ja, ich nehm das genauso wahr. Es ist so zach...Ich will ihn ja auch nicht beschuldigen wegen irgendwas, dadurch wird sein Selbstwertgefühl auch nicht plötzlich erscheinen. Aber wie gesagt, alles durchgehen kann ich halt auch nicht lassen. Das macht mich fertig..."

"Okay...noch was?"

"Hm...nah, ich glaub, das war's soweit. Kann ich mal die Liste sehen?"

"Klar, hier"

Pi reicht ihm die Liste und auf den ersten Blick sieht man, wie unbalanced die ist. Wenige Pros und 'nen Haufen Cons. Aber egal, davon muss man sich nicht einschüchtern lassen, kommt ja auch auf die Qualität der Argumente an. T geht alles nochmal durch, bei + Guks Respekt, seine Kompromissfähigkeit Humor und die Energie, bei - die Drogen, Unsicherheit über Gesundheit, Suizidgedanken, egozentrische Denkweise, niedriges Selbstwertgefühl und dadurch Unfähigkeit zu erkennen, dass er seinem Freund wichtig ist. Das alles löst Ängste in T aus, er fühlt sich verantwortlich für Sachen, die nicht in seiner Reichweite sind und er fühlt sich manchmal vernachlässigt. Mentally draining ist das allemal, braucht man gar nicht zu diskutieren. 

T schaut sich das an und irgendwie werden die Rufe in seinem Inneren nach Trennung lauter. Wenn er das so Schwarz auf Weiß sieht, gibt es doch nur diese Option. Doch er ist unschlüssig, ein Teil von ihm möchte noch immer nicht aufgeben. Unteranderem auch, weil er Angst hat, wie Guk darauf reagieren würde. 

"Ich glaub", beginnt T zögerlich und sieht von der Liste zu Pi auf, "Ich muss mit ihm reden"

"Was willst du ihm sagen?"

"Ich glaub,...ich mein, ich will nicht Schluss machen irgendwie. Ich will nicht aufgeben, ich...bin wirklich bereit, Arbeit darein zu stecken"

"T", spricht Pi ihn ernst an und nimmt seine Hand, "Du bist nicht verantwortlich für ihn. Du bist kein Arzt und Guk kein Patient, den du wieder hinbiegen musst. Das ist unmöglich. Du bist nur eine Person in seinem Leben und wenn es zwischen euch nicht funktioniert, wenn du das Gefühl hast, etwas stimmt nicht, dann kannst du da wieder raus. Du musst auf dich schauen"

"Ich weiß, aber...es ist so schwer. Ich will ihn nicht verlieren...Kennst du dieses Lied, How to Save a Life von The Fray? Da singen sie auch I would have stayed up with you all night, had i known how to save a life. Das ist ziemlich mein Gedankengang. Er hat niemanden außer mich"

"Dann wird er selber Leute finden müssen. T du kannst ihn nicht retten. Und...ich sag dir das jetzt, weil du mein Bruder bist. Es macht mir Sorgen, was diese Beziehung mit dir gemacht hat. Du läufst so oft nachts im Haus herum, wirkst so müde und gestresst, und irgendwie auch sehr ängstlich. Es ist fast wie vor 'nem halben Jahr, als du komplett fertig vom Studium bei mir eingezogen bist. Im Sommer ging's dir wieder ganz gut, warst sehr ausgeglichen, aber ich seh, dass du zurückfällst. Und ich kann nicht anders, als Guk als Auslöser dafür zu sehen. Deswegen denk ich, es wär eine gute Idee, Abstand zu ihm zu halten. Wie das aussehen soll, will ich gar nicht sagen, ich will mich nicht zu sehr einmischen. Ich will nur, dass du weißt, wie ich das wahrnehme und dass es mir sehr wichtig ist, dass es dir gut geht. Ich bin für dich da"

"Danke Pi...", spricht T leise und schaut mit wackeligem, irgendwie traurigen Lächeln, "Ich werd mit ihm reden"

"Ja", stimmt dey langsam nickend zu, "Weißt du, ich glaub, es ist für dich besonders schwer, mit einem drug addict zusammen zu sein"

"Das ist doch für jeden schwer"

"Ja, schon, aber du bist so ein verzeihender Charakter. Du entschuldigst so viel für andere Leute, auch wenn du ihre wahren Motive gar nicht kennst. Das nutzt 'ne Sucht schonungslos aus"

"Hm, vielleicht..."