Stocksteif saß ich da.
Auf dem Boden.
Splitter Faser nackt.
Mit Blut das an der linken Seite meines Brustkorbes hinab, bis zu meiner Taille floß.
Warmes Blut.
Frisches Blut.
Was aus den Wunden drang die ich gerade geschnitten hatte, mit einer Rasierklinge die mir dann zu Boden gefallen war. Die ich jetzt suchte.
Auf dem Boden.Jetzt war ich mir ziemlich sicher das ich mir die Stimme nicht eingebildet hatte, und obwohl ich mich nur zu gerne umgedreht hätte, konnte ich es nicht. Gott ich wollte so gern wissen wer zum Teufel da war. Aber ich konnte nicht.
1. Ich hatte Angst
2. Mein Körper war so starr das ich das Gefühl hatte niemals mehr bewegen zu können
3. Ich saß hier verdammt nochmal nackt und blutbeschmirt da!!"schon gut, ich dreh mich um."
Sagte die Stimme.
Ich antwortete nicht, selbst wenn ich gewollt hätte, ich konnte nicht.
Ganz leise, hörte ich, wie sich Schuhe auf dem Boden bewegten, so als würde sich jemand umdrehen.Ich hatte immer noch unglaubliche Angst, aber den letzten Punkt meiner Liste konnte ich trotzdem eliminieren.
Langsam und mit so kleinen Bewegungen das sie garantiert keinen Laut machten, nahm ich mir den Mantel und stand auf.
Mit dem Rücken zur Stimme.
Ich streifte mir den Mantel über und zog ihn eng um mich. Auch wenn ich jetzt zumindest etwas an hatte, und man das Blut, welches immer noch warm und dickflüssig an meinem Körper hinunter floß, nicht mehr sehen konnte, war ich immer noch wie versteinert."kann ich mich wieder umdrehen?"
Fragte die Stimme.
Sie war tief, ein wenig rau.
Männlich.
Aber nicht auf eine Art die einem einen Schauer über den Rücken schickte, sondern so, daß ein kribbeln über meinen Körper ging.Das einzige was ich zustande brachte war ein leichtes zustimmendes Murmeln.
Ein kleines Lachen kam von hinter meinem Rücken nachdem sich die Person wohl umgedreht hatte.
"Hast du Angst?"
Fragte er anscheinend etwas belustigt.Ich wollte so etwas sagen wie "Ja offensichtlich du Honk, oder denkst du etwa sonst würde ich am ganzen Leib zittern."
Tatsächlich zitterte ich. Zumindest meine Hände zitterten als ich sie jetzt zu Fäusten ballte und versuchte so meine Angst zu übertönen."Hey, ist ok."
Die Stimme klang jetzt auf einmal liebevoll, so als könnte er mich verstehen, so als ob ihm es leid tat gelacht zu haben.
"Hey"
Sagte er noch einmal, liebevoll, tröstend und besorgt.Dieses "Hey" beruhigte mich tatsächlich, fast fühlte es sich so an als hätte er mich dabei am Arm berührt, ganz leicht, um mir zu zeigen das alles ok ist.
Langsam und mit meinem Blick auf den Boden gerichtet, drehte ich mich um. Jeden Zentimeter den ich hinter mich legte, fühlte sich wie eine Ewigkeit an.
Als ich mich umgedreht hatte, und der Person jetzt gegenüber stand, versteifte sich mein Körper nur noch mehr.
Meine Augen waren auf den Boden gerichtet, so als wären Stricke an ihnen befestigt die sie nach unten zogen."Kaylie, ist ok. Es ist ok das du Angst hast."
Kaylie, der Name kam mir so fremd vor. Wie ein Wort, das ich noch nie zuvor gehört hatte und von dem ich erst die Bedeutung lernen musste.
"Kaylie"
Er sagte den Namen erneut.Die Art wie er aus seinem Mund kam, ließ Gänsehaut über meinen Körper kriechen und löste ein prickelndes Gefühl in meinem Bauch aus.
Kaylie.
Mit dem Gefühl im Bauch und einer wohligen Wärmen meinen Körper hinauf kriechend je öfter ich seine Worte in meinem Kopf wiederholte, hob ich langsam meinen Kopf.Das erste was ich sah waren Füße Nackte Füße.
Er war barfuß.
Dann Jeans.
Dunkle Jeans.Als seine Hände in mein Blickfeld kamen, hielt ich kurz inne, betrachtete sie. Sie waren stark und sahen etwas rau aus, so als ob sie viel arbeiten würden.
Ich ließ meinen Blick weiter über seinen Körper schweifen. Er trug ein T-Shirt, grau.
Darunter konnte man einen gut gebauten Körper erahnen, fassrig, aber trotzdem muskulös.
Er musste Sport treiben.
Als ich fast an seinem Gesicht angekommen war, hielt ich erneut inne.
Ich hatte Angst.
Hatte Angst vor dem was ich sehen würde.
Hatte Angst wen ich sehen würde.
Was das Gesicht in mir auslösen würde.Langsam hob ich meinen Blick noch höher.
Zögernd.
Das erste was meine Augen suchten waren die seinen.Sie waren blau. Ein tiefes, dunkles blau. Fast so tief wie der Ozean.
Wunderschön, und doch so gefährlich.
Als ich ihm so in die Augen starrte, sah ich, wie sich sein Mund zu einem Grinsen verzog.
Es war ein warmes, glückliches Grinsen, fast schon ein Lächeln.
Wenn er lächelte, bildeten sich in seinen Mundwinkeln kleine Wirbel die wiederum mir ein Lächeln auf die Lippen zauberten.
Auf seinen Wangen, seiner Nase bis hinauf zu seinen Augenbrauen, saßen Sommersprossen. Ganz klein, und Wunderschön.
Ohne das ich etwas dagegen tun konnte, fragte ich mich wie es sich wohl anfühlen würde mit dem Finger darüber zu streichen.
Mein Lächeln wurde noch breiter.
Glück.
Das war es was ich spürte.
Glück.Mit einer kurzen, geschmeidigen Handbewegung, strich er sich die Haare aus der Stirn welche goldbraun geradeso über seine Ohren fielen. Sie waren zerzaust und gewellt, so als hätte er den ganzen Tag am Strand verbracht.
Er grinste.
Eine der Haarstrehnen fiel im wieder in die Stirn.
Das Bild seines Gesichts, das Bild von ihm allgemein, löste ein warmes Gefühl in mir aus.
Es durchflutete meinen Körper und ließ meine Wangen erröten.Leicht beschämt schaute ich zu Boden.
"Ich bin Nolan, erinnerst du dich?"
Ich schaute wieder auf.
Nolan
Der Name war in meinem Kopf aufgetaucht in der Sekunde in der er ihn gesagt hatte.
Nolan
Der Name war warm, weich und gleichzeitig rau. Verboten und gleichzeitig alles was ich hatte."Nolan"
Sagte ich und nickte.
"Schöner Na..."Name hatte ich sagen wollen, doch in dem Moment fiel mein Blick auf etwas, das meine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog.
Eine Kette, die halb unter seinem T-Shirt lag.
Ein dunkles Band, mehr konnte ich nicht erkennen.Als er bemerkte das ich auf seinen Hals starrte, griff er unter seinen Kragen und zog die Kette hervor.
An dem dunklen Lederband hing etwas.
Ein Anhänger?
Ein Ring?
Ich machte einen Schritt auf Nolan zu, wollte sehen was an der Kette hing.
Es war eine Muschel.
Sie schimmerte leicht blau und violet.
Fast sah sie es so aus als wäre sie magisch.Ich streckte meine Hand nach ihr aus. Wollte sie berühren, sie in meiner Hand hin und her drehen, so als wäre das, etwas was ich immer tun würde.
Nolan starrte auf meine Hand als sie jetzt immer näher kam.
Als meine Fingerspitzen die leichten Rillen der Muschel fast berührten, fiel ich.
Es war als wäre es eine unsichtbare Kraft, die meinen gesamten Körper nach vorne zog. Und als ich fast in Nolan hinein fiel, fiel ich durch ihn hindurch.
Ich fiel.
Und der Fall hörte erst auf, als mich die Dunkelheit einschloss, und das bedauernde Gesicht von Nolan hinter einem schwarzen Vorhang verschwand.
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24 Tage bis Morgen
RandomWas passiert wenn man die Tage nicht mehr auseinander halten kann? Wenn man nicht mehr weiß wann heute und wann morgen ist? Kaylie ist eingesperrt. Irgendwo. Keine Ahnung wo. 24 Tage verbringt sie dort, ohne Kontakt nach Draußen und ohne eine Ahnu...