kapitel 04

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»Nochmal von vorne!«, ruft Brooke und rauft sich durch die Haare, als die vereinzelten Cheerleader die Choreografie nicht auf die Reihe bekommen — ich somit ausgeschlossen, da ich Brooke heute vor der Schule noch ein paar Tipps gegeben habe. »Fünf, vier, drei, zwei-«

»Brooke?«, rufe ich und sie wendet ihren Blick zu mir. Ich muss lächerlich aussehen, so wie ich außer Atem in der Reihe stehe und vergeblich versuche, normal auszusehen, aber die Schmerzen in meiner Brust bringen mich fast um. »Ka-Kann ich kurz eine Pause machen? Bitte?«

Die Blondine sieht mich nachdenklich an, ehe sie seufzt und schließlich nickt: »In Ordnung, du bist schließlich eine der Besten, die gerade in der Reihe stehen.«

»Danke«, sage ich und atme erleichtert aus, während ich zu den Bänken gehe und mich mit meiner Wasserflasche in der Hand auf diese fallen lasse.

Allerdings stelle ich meine Flasche nochmal beiseite, um meine Haare zu einem Dutt zusammen knoten zu können, dann schnappe ich mir wieder meine Flasche und trinke mehrere, große Schlücke. Die Ruhe, die sich gerade in mir ausbreitet, wirkt sich auch langsam auf meiner Brust aus und ich merke, dass sich mein Herz wieder beruhigt. Nach dem Training muss ich unbedingt meine Tablette nehmen, ansonsten kann das böse enden und das wollen wir ja nicht.

»Na sieh mal einer an«, höre ich die grandiose Stimme meines Lehrers und ich blicke hinauf. Die pralle Sonne scheint heute mal besonders stark, um mich fertig zu machen. »Noch nicht fit genug, Esra?«

»Fitter als was du denkst«, zische ich genervt und trinke noch einen Schluck. »Was willst du von mir?«

»Ich bin dein Lehrer, Esra, du solltest mich lieber Siezen«, zischt Louis und kneift die Augen ein wenig zusammen.

»Willst du einem Chinesen Konkurrenz machen? Wenn ja, dann solltest du wissen, dass das leider nicht klappt. Du siehst nicht asiatisch genug aus und ich finde Asiaten cool«, bemerke ich grinsend und stehe auf. »Außerdem habe ich bei dir so ein kleines Problem mit dem Siezen. Du hast doch gestern mitbekommen, dass es gewaltig in die Hose gegangen ist. Wenn du mich entschuldigen würdest, ich möchte weiter beim Cheerleadertraining teilnehmen und du stehst mir gerade nur im Weg. Nicht zu vergessen, dass meine Laune dank dir tiefer als die Titanic sinkt. Vielen Dank auch, Louis.«

Bevor mein Lehrer (ich kann ihn als Lehrer dummerweise nicht mehr ernst nehmen) etwas sagen kann, laufe ich schnellen Schrittes zu den restlichen Cheerleadern und stelle mich in die Reihe, um dann inmitten der Choreografie einfach einzusteigen und weiterzutanzen.

»Nein, nein, nein!«, meint Brooke genervt und fährt sich durch die Haare. Sie erinnert mich etwas an Brooke von One Tree Hill, denn diese Brooke war auch Cheerleaderkapitänin. »Wir müssen nächste Woche bei der Challenge antreten und ich will diesmal gewinnen! Mir reicht es, dass ich mir immerzu anhören muss, dass wir verloren haben!«

Seufzend gehe ich wieder aus der Reihe, gehe auf Brooke zu und stelle mich direkt vor sie hin. Dann lege ich meine Hände auf ihren Schultern und schaue ihr tief in die Augen: »Es ist egal, was passiert, Brooke. Die Hauptsache ist, dass man Spaß hat. Man ist nur einmal jung und man sollte in der Jugend so viel Spaß haben, wie es nun mal geht. Wenn jemand auf den Arsch fällt, dann lach gefälligst darüber oder blamiere dich selbst. Das hilft wirklich. Ich muss mir eingestehen, dass ich dich ein wenig mit der Brooke aus One Tree Hill vergleiche, nur sie ist braunhaarig, was aber nichts zur Sache tut. Sie hatten einen Wettkampf und irgendwie flogen ein paar Mädels auf den Arsch. Brooke hat sich dann ganz nach vorne hingestellt und einen auf Roboter gemacht, irgendeine Andere fing zu shufflen an und sie hatten im Endeffekt ziemlichen Spaß gehabt. Denk darüber nach. Nimm es locker und dann klappt es auch.«

»Aber-«, versucht Brooke mir irgendetwas zu sagen, doch ich unterbreche sie nur, indem ich den Kopf schüttle. »Na gut. Dann lasst uns einfach weiter trainieren.«

~*~


Erschöpft lasse ich mich nach dem Training auf die Bank fallen und atme tief durch.

Ich merke, wie mein Herz rast und wie schnell das Blut durch meine Adern pumpt, was in meinem Falle überhaupt nicht gut ist.

Meine Hände haben zu zittern angefangen und ich versuche sie ruhig zu halten, während ich meine Tasche nach meinen Tabletten durchwühle. Als ich die Packung finde, entgleitet sie mir auch schon wieder aus den Händen, als ich sie aus der Tasche genommen habe.

Sofort schnappe ich nach der am Boden liegenden Packung und versuche mit meinen zitternden Händen den Inhalt herauszuholen. Nach ein paar Anläufen gelingt mir das auch und ich schlucke mit Wasser eine Tablette runter.

Mein Puls senkt sich ein bisschen und ich merke, wie das Medikament langsam aber sicher anschlägt. Ich lehne mich ein bisschen zurück und atme tief durch. Immer wieder tief ein- und ausatmen.

Als ich mich einigermaßen beruhigt und genug Kraft gesammelt habe, stehe ich auf und packe all meine Sachen in meine Tasche, um dann langsam aus der stickigen Sporthalle zu gehen. Allerdings sehe ich zuvor eine dunkle Gestalt weglaufen und weiß sofort, dass mich die Person beobachtet hat. Hoffentlich ignoriert er die Tatsache, dass er mich beim Tabletteneinnehmen erwischt hat und vergisst das Gesehene schnell wieder. Was ich jetzt am wenigsten gebrauchen kann, sind Gerüchte über mich.

Schnellstens verlasse ich das Schulgebäude und beeile mich, um zur Bushaltestelle zu kommen, doch dummerweise fährt mein Bus vor meiner Nase weg.

Seufzend mache ich mich dann auf den Weg nach Hause und krame meine Kopfhörer raus, um ein bisschen Musik zu hören, allerdings werde ich von einem Auto abgelenkt, was neben mir ganz langsam fährt.

Verwirrt blicke ich auf und sehe in die Augen von Louis. Augenverdrehend senke ich den Blick wieder und gehe zügig weiter, doch Louis fährt weiterhin langsam neben mich her.

»Soll ich dich nach Hause bringen?«, fragt er mich schließlich, als ich drauf und dran war, mir die Kopfhörer in die Ohren zu stecken.

»Wenn ich bei dir mitfahren würde, dann wäre es fast wie Selbstmord«, sage ich und grinse mein süßeste Grinsen, was ich zustande bringe. »Verpiss dich und lass mich in Ruhe.«

Louis schüttelt den Kopf und murmelt ein »dann will man ja nett sein«, ehe er seinen Blick nach vorne richtet und aufs Gas tritt, um dann schnell abzuhauen.

Wenn mich das beeindrucken sollte, dann hat er es ganz und gar nicht geschafft, da ich nämlich beeindruckendere Dinge kenne, als ein ziemlich geil aussehender Wagen.

Doch im Endeffekt verdrehe ich über mich selbst die Augen, stecke die Kopfhörer in meine Ohren und laufe weiter meinen Weg nach Hause.

BlackheartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt