kapitel 19

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»Die war schlecht, die auch und von der wollen wir erst gar nicht anfangen«, seufze ich und deute auf die aufgeschriebenen Namen. »Wen möchtest du im Team aufnehmen, wenn alle nicht mal Rhythmus im Blut haben?«

»Danke, das hilft mir jetzt so viel weiter, Es«, murmelt Brooke ironisch. »Was ist mit der da?«

Sie deutet auf den Namen Abigail Brown und ich runzle die Stirn: »Wer war das nochmal?«

»Die da hinten«, meint sie und zeigt auf eine, die kupferfarbenes Haar hat. 

Ich zucke mit den Schultern: »Keine Ahnung, sie war ... okay. Ganz okay.«

»Das sieht schlecht aus«, seufzt die Blondine neben mir. »Ich sehe es schon kommen, wir werden haushoch verlieren und wieder die Lachnummer der ganzen Competition sein. Dann hat sich das ganze Training überhaupt nicht gelohnt.«

»Schon mal dran gedacht, dass das Ganze Spaß machen soll?«, frage ich nach und Brooke zieht eine Augenbraue hoch. »Schau mich nicht so an, ich meine, so etwas soll wirklich Spaß machen.«

»Es würde Spaß machen, wenn wir gewinnen«, meint Brooke etwas... etwas... ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Sie ist so sehr auf das Gewinnen aus, da ist es kein Wunder, dass es nicht klappen würde. 

»Willst du wissen, was ich denke?«, frage ich und Brooke sieht mich erwartungsvoll an. »Du bist der Meinung, dass du gewinnen musst, aber gewinnen alleine reicht manchmal nicht aus. Krampfhaft irgendetwas zu suchen nimmt dir die Spaß an etwas, was du vielleicht über alles liebst.«

Sprachlos sieht sie mich an und versucht irgendetwas Sinnvolles, was sie mir sagen könnte, zustande zu bringen, doch wahrscheinlich wird das in die Hose gehen.

»Glaub mir, so etwas bemerkst du, wenn es dir genommen wird«, seufze ich und lege ihr einen Zettel hin. »Dort stehen die Mädchen drauf, die es versuchen und wirklich mitmachen wollen, nicht, weil sie einen Status als Cheerleader an der Schule haben wollen. Du wolltest meine Hilfe, hier hast du sie und ich bin jetzt fertig damit. Ich gehe jetzt zu Geschichte, wenn du noch überlegen willst, dann mach es. Aber du solltest die Mädchen zurückschicken.«

»Wie würdest du ihnen Bescheid sagen, dass sie im Team sind oder nicht?«, fragt mich Brooke und ich überlege kurz.

»Sage ihnen, bevor du sie entlässt, dass du am Ende des Tages eine Liste mit den Namen, die ins Team gekommen sind, ans schwarze Brett hängst. Sie sollen morgen dann bitte zum Training erscheinen, morgen wird ein harter Tag«, erkläre ich ihr kurz. »Tut mir leid, ich muss morgen zum Arzt, aber ich komme nach, ob ich mitmachen kann, weiß ich nicht, aber ich werde auf jeden Fall bei der Competition mit antreten.«

»Möchtest du mir vielleicht nicht verraten, was mit dir ist? Dein gesundheitliches Problem?«, fragt Brooke nach. Ich schüttle den Kopf. »Vertraust du mir nicht?«

»Das hat nichts mit Vertrauen zu tun, Brooke«, versuche ich mich herauszureden, doch sie schüttelt nur den Kopf. »Wirklich nicht, es ist nur, dass es Familienmitglieder wissen, nur Familienmitglieder, sprich Mom, Dad, meine Großeltern, Tanten und Onkeln, Cousinen und Cousins. Aber keine Freunde.«

»Da irrst du dich. Niall weiß Bescheid«, sagt sie, wobei sie etwas verbittert klingt. »Sag mir also nicht, dass es nichts mit Vertrauen zu tun hat.«

»Du redest gerne und viel, ist dir das mal aufgefallen?«, frage ich sie schroff. Brooke klappt empört der Mund auf. »Wir sehen uns morgen. Und wehe jemand erfährt, dass ich ein gesundheitliches Problem habe, weil dann hast du mein Vertrauen nicht. Nicht mehr.«

»Wie soll ich dein Vertrauen verlieren, wenn ich es sowieso nicht habe?«, ruft sie mir hinterher, doch ich gehe einfach weiter. Nicht umdrehen, ansonsten kann es noch eskalieren.

Es ist nicht nett von mir gewesen, dass ich meinte, sie gerne und viel redet, obwohl es der Wahrheit entspricht. Sie kann tratschen wie sonst was und nimmt kein Blatt vor den Mund. Durch sie werden Gerüchte erst richtig zum Leben erweckt, indem sie die Gerüchte weitererzählt. 

Ich mag Brooke, keine Frage, aber sie redet mir wirklich zu viel. Das macht sie sympathisch, aber man weiß nie, ob sie es wirklich für sich behält oder nicht. 

Schweigsam schleiche ich mich in die Klasse und setze mich auf meinen Platz. Louis ist gerade dabei, irgendetwas in seiner Tasche was zu suchen, während meine Klassenkameraden höchstwahrscheinlich eine Gruppenarbeit zu erledigen haben. 

Als er endlich das gefunden hat, wonach er suchte, schaut er auf und lässt sein Blick durch die Klasse gleiten, dabei übersieht er mich allerdings. 

Nachdem er es nochmal gemacht hat, bleibt sein Blick an mir hängen und sein Mundwinkel zuckt kurz nach oben. 

Etwas missmutig versuche ich mich an einem Lächeln, doch ich weiß, dass das gerade total in die Hose gegangen ist. 

»Esra«, erhebt Louis die Stimme und ich runzle die Stirn. Ein paar Schüler schauen zu mir oder zu Louis. »Bitte komm einmal mit mir raus.«

Mit gerunzelter Stirn stehe ich auf und gehe nach draußen. Louis folgt mir und schließt die Tür hinter sich. 

»Alles in Ordnung bei dir?«, fragt er nach und ich nicke. »Was ist passiert?«

»Ich hatte eine kleine Auseinandersetzung mit Brooke, nichts schlimmes«, seufze ich und lehne mich gegen die Wand. Der Flur ist während der Unterrichtszeit immer so menschenleer, dass man es kaum fassen kann. »Ich habe ihr gesagt, dass ich ein gesundheitliches Problem habe, aber ich rücke nicht mit der Sprache heraus, was wirklich mit mir los ist. Wenn man ihr Dinge erzählt, dann hat man automatisch irgendwie immer Angst, dass sie es weitererzählt, denn durch sie werden Gerüchte erst durch die Schule gehen. Sie redet viel und gern, wenn der Tag lang ist und ich möchte nicht, dass jemand von meinem gesundheitlichen Problem erfährt. Ich meinte zu ihr, dass es nur Familienmitglieder wissen und-«

»Und Niall weiß das, soweit ich mitbekommen habe«, unterbricht er mich in meinem Redeschwall und ich nicke kurz angebunden. »Würdest du mir bitte sagen, was das gesundheitliche Problem ist?«

»Nein«, sage ich leise und wende meinen Blick von seinem Gesicht ab. »Es steht zu viel auf den Spiel.«

»Was denn zum Beispiel?«, fragt er nach, doch ich schüttle abwehrend den Kopf. Wenn ich ihm erzähle, dass ich dann kein Sport mehr mitmachen dürfte, dann wäre es auffällig genug. 

Louis presst die Lippen aufeinander. »Es tut mir leid, ich kann es dir nicht sagen«, meine ich etwas verzweifelt. »Meine Schulkarriere wäre gelaufen.«

»Was für eine Schulkarriere?«, fragt er mich. Seine Stimme ist leiser geworden. »Esra, rede mit mir oder-«

»Oder was?«, unterbreche ich ihn dann harsch. »Willst du mich dann zum Nachsitzen verdonnern? Glaub mir, das ist schwachsinnig.«

»Ich verstehe Brooke«, meint er dann und ich schaue wieder in seine Augen. »Es fühlt sich so an, als würdest du weder mir noch ihr vertrauen.«

»Ich vertraue euch doch!«, maule ich und fahre mir durch die langen Haare. »Im Gegensatz zu ihr weißt du, dass ich Tabletten nehmen muss. Immerhin mehr als sie. Ich gehe nach Hause, mir geht es nicht sonderlich gut.«

Bevor er etwas erwidern kann, gehe ich in die Klasse und ignoriere die neugierigen Blicke meiner Mitschüler. Ohne ein Wort zu verlieren schnappe ich nach meiner Tasche und verlasse das Klassenzimmer wieder, um draußen nochmal Louis anzuziehen. 

»Esra, lauf jetzt nicht weg«, meint er und durchbohrt mich mit seinem Blick. »Es macht deine Probleme nicht besser.«

»Meine Probleme können nur schlimmer werden, wenn ich ehrlich bin. Denn diese Probleme sind im Vergleich zu meinem gesundheitlichen Problem einfach ein großes Nichts. Wenn Sie mich entschuldigen würden.«

»Fängst das schon wieder an?«, fragt er mich leise und ich zucke mit den Schultern, ehe ich mich an ihm vorbeidränge und den Gang entlang gehe. »Wenn du zurückkommst, dann sind deine Probleme immer noch da!«

BlackheartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt