20. /Frage stellen/

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›ᴀʟʟᴇꜱ ᴢᴇʀꜱᴛÖʀᴛ, ᴠᴏɴ ᴀɴꜰᴀɴɢ ᴀɴ ᴅᴇᴍ ᴠᴇʀꜰᴀʟʟ ᴀᴜꜱɢᴇꜱᴇᴛᴢᴛ. ɴɪᴇᴅᴇʀ ᴜɴᴅ ᴇɪɴᴇʀ ɴᴇᴜᴇɴ ᴍÖɢʟɪᴄʜᴋᴇɪᴛ ɴᴀʜ?.‹

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Seit gestern ist es komisch. Zwar hat Hongjoong eingewilligt, jedoch scheint ihre nun ausgelebte Distanz nicht wirklich von seinem Plan ausgehend.

Nein. Es ist so, als würde der Ältere sich tatsächlich von ihm abkapseln. Und während Wooyoung mal wieder an einem Tisch in der Bibliothek sitzt und lernt, spürt er, wie ihn diese Vorstellung zerfrisst. In seinem Inneren und nur sachte langsam fortschreitend.

Ihr letzter Wortwechsel war heute Morgen. Kurz bevor sie nach einander und mit minütigen Unterschied das Zimmer verlassen haben. Zwar könnte es auch ein perfektes Schauspiel von Hongjoong sein, wie er den ganzen Tag, in all den Unterrichtsstunden, den Jüngeren nicht einmal zart berührt oder angesehen hat. Jedoch erscheint es diesem unwahrscheinlich.

Hongjoong war alles außer begeistert. Von seiner Idee. Ob er überhaupt auch auf die abendlichen Stunden des Tages hinfiebert? Jene in denen sie miteinander sprechen können, ohne Probleme, Bruch oder jegliche Beobachtung.

Tut er es, oder ist er tatsächlich eingeschnappt? Von der Idee Wooyoungs so geringfügig begeistert, dass er mit seinem Gewissen kämpfend nur zugestimmt hat, um diesen nicht noch die letzte Möglichkeit einer gedanklichen Auslebung zu entrauben. Ist es so? Ist es anders? Ist es überhaupt einer weiteren Erwähnung in seinen Gedanken wert?

Er weiß es nicht.

Und tatsächlich fällt es dem Jungen auch erst sehr spät auf, wie tief er doch seinen Gedanken verfallen war. Hat nicht bemerkt, dass er seine Aufzeichnungen komplett ausblendet, mit seinem Blick festgesetzt an der gleichen Formel hängt, nicht mal zur Betrachtung oder zum analysierenden Verständnis der nächsten übergegangen ist.

Seinen Kopf schüttelnd, befreit er sich davon. Er muss es nachholen, war im Unterricht schon viel zu abwesend. Kann von Glück sprechen, wenn er es durch alleiniges Verständnis auch nur annähernd nachvollziehen kann.

Gerade will er seinen Fokus wieder festlegen, seine vollste Konzentration ausschöpfen, da spürt eine Präsenz. Welche sich mit einem niedersetzenden Windzug nie angekündigt oder vorgestellt hat, sondern sich gleich dazu entschied hier zu bleiben. Dem schon lange einsam sitzenden Jungen Gesellschaft zu leisten.

Mit einem Funken an Hoffnung hebt sich Wooyoungs Blick an. Wenn es Hongjoong ist, dann sollte er diesem eigentlich böse Miene schenken, zum guten Spiel der Realität, würde dieser jedoch all seine festsitzend bösen Gedanken zermalmen.

Was seine Augen jedoch auffangen, ist keine Aufhebung seiner Lasten. Nein. Es ist ihr Ursprung. Verkörpert und höchstpersönlich, begrüßt er ihn mit seiner Anwesenheit.

Sieht selbst jedoch nicht zu dem Jungen. Wie man erwartend denken könnte. Wenn man sich zu einer Person setzt, sollte man diese doch ansehen? Checken, wie diese mit der plötzlichen Anwesenheit umgeht. Oder wenigstens eine Begrüßung im Vorgang wagen, um sich anzukündigen.

Jedoch hat San nichts dergleichen getan. Scheint im Lesen vertieft dies auch nicht anzuzetteln.

Wooyoungs Blick setzt sich fest. Auf die Hände des Älteren. Wie sie den Buchrücken halten, eine nur zarte Ausübung an Druck vollziehen und diesem somit ohne Belastung, keiner Faltung aussetzen.
Sachte senkt sich sein Augenschein herab, kann den leichten Schein des Covers aufnehmen. Der Titel ist so kompliziert und verschnörkelt geschrieben. Er kann ihn nicht entziffern. Glaubt er jedenfalls.
'Save me'?
Steht das da? Ist es was anderes?

Seinen Blick weiter einer Erkundung aussetzend versucht er wenigstens das Genre auszumachen. Auch dies erkennt er nicht. Was hat der Ältere da nur für ein Buch mit kompliziertem Einband!

Dies stillt seine Neugier nicht. Jene, aufgrund derer Interesse er den Verlust von Hongjoong einstecken musste. Keinen Aufstand wagen wollte. Vorerst.

Immerhin leidet er mittlerweile schon zu sehr als, dass er es noch lange aushalten könnte, wenn überhaupt noch einer weiter verschlagenden Sekunde.
Am liebsten würde er aufspringen. Seinen besten Freund suchen, sich an diesen schmeißen und sich dann dafür entschuldigen, dass ihm diese Idee überhaupt erst kommen konnte.

Jedoch geht dies nicht. Und wenn das eine nicht geht, so sollte man das andere verfolgen. Und sich daranhalten?

Sein Blick setzt sich nieder. Überfliegt. Formeln. San hat sich bewegt. Jedoch im Nachhinein erkennend nur umgeblättert. Dennoch fühlt er sich unwohl. Verspürt kein Interesse daran, von ausgerechnet dieser Person beim Starren erwischt zu werden. Wobei er sagen muss, San empfindet doch auch keinerlei an Scheu?

Wie er Wooyoung den ganzen Unterricht anstarren kann. Seine panischen Blicke erwidert und auf eine verstörende Weise, dennoch erkennbar, die Nähe des Älteren sucht. Wie soll er es deuten? Ist es verwerflich, wenn er mehr über diese Person, ihr Verhalten und Absichten erfahren möchte? Wohl kaum. Das glaubt er nicht. Also warum zögern?

Sein Blick hebt sich erneut an. Gleitet diesmal höher. Fällt in die nicht erwidernden Augen des anderen. Wie sie zucken. Die Zeilen entlangfahren, die Worte in sich aufnehmen. Diese erkennen, deuten und in der niedergeschriebenen Welt einsickern.

Der Blick ist so faszinierend. Erinnert Wooyoung an sich selbst. Wie schnell er selbst der fremden Welt verfällt und diese erkunden möchte. Findet San in dieser Situation sogar interessant, fast schon so weit, dass er diesen kennenlernen möchte. Nie hätte er es sich vorstellen können, dass sein Mobber gleiche Faszination und Absicht verfolgt.

Immer sah er nur die brennenden Augen, hörte Worte und verspürte Handlungen. Die ihm unter die Haut gingen.

Jetzt hat er sie. Eine Frage, welche seinen ersten Schritt aus der unwissenden Dunkelheit beherbergen könnte. Langsam löst er seinen Blick aus den Augen heraus. Bewegt sich ungeduldig auf den Stuhl. Empfindet die Sitzfläche plötzlich als zu unbequem und bei Weitem zu klein. Bewegt seine Hüfte. Versucht sich auf seine Gedanken zu konzentrieren und Worte zurechtzulegen.

Räuspert sich dabei überlegend.

Und erst dann fällt es ihm auf. San hat das Buch so weit zugeklappt, dass ausschließlich sein Daumen die Spaltung der Seiten sichert und deren Verlust verhindert. Er hat sich auf seinem Handballen abgestützt, mustert den Jüngeren.

Mit rotem Kopf, fällt Wooyoung somit nicht nur auf, dass er keine Zeit für weitere Überlegung hat, sondern wohl auch mehr als nur komisch ausgesehen haben muss. Ob nun sein Auftreten oder seine Laute dem Älteren ein Abweichen der Seiten entlockte, will er anbei nicht genauer wissen.
Viel lieber im Erdboden versinken. Dezent unangenehm.

„Darf ich dir eine Frage stellen?"

„Nur zu. Ich will dich nicht für umsonst angesehen haben.", das zarte Schnalzen seiner Zunge und deutliche Anspannen der Hand zeigt anbei, dass er schnell sprechen sollte. San wollte wohl von seinem Plan ausgehend keine Pause beim Lesen einlegen.

„Ich hab dich vorher nie in der Bibliothek gesehen. Weswegen bist du hier plötzlich andauernd und setzt dich sogar zu mir?"
Den Jüngeren noch weitere Augenblicke musternd, saugt San die Unsicherheit dessen Stimme anscheinend liebend in sich auf. Hebt dann seine eine Augenbraue zart an, eh er klappend sein Buch wieder öffnet. Den Blick schon abwendet, aber noch nicht fertig zu sein scheint.

„Ich wusste einfach nicht, dass der Raum so cool ist und des Weiteren, dazu gibt es keine Antwort."
Das war es. Seine Stimme ist abweisend, abwesend und scheinend mehr an das Buch, als Wooyoung gerichtet.

Der Junge mustert ihn. Jedoch reicht es ihm aus, um es zu erkennen. Den Lichtstrahl einer minimalistischen Größe. Bisher mit noch unbekannten Ursprung und noch immer in dieser Unwissenheit, weiß Wooyoung nicht wo es ihn noch hinführen könnte.

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bad words. | woosan  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt